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Neongrüne Angst (German Edition)

Neongrüne Angst (German Edition)

Titel: Neongrüne Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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mutig, dass du den Volker in seine Schranken gewiesen hast. Das musste mal einer tun. Der kennt sonst gar keine Grenzen.«
    Leon konnte das Lob gar nicht nehmen. Es kam von der falschen Frau. Solche Worte hätte er sich von Johanna gewünscht. Aber das merkte er erst jetzt.
    »Falls du gerade versuchst, mich anzugraben, lass es lieber«, antwortete er. »Heute ist nicht mein bester Tag, und ich hau jetzt auch ab.«
    »Ich auch.«
    »Du auch? Warum?«
    »Das ist noch nichts für mich. Ich dachte, ich könnte es schon, aber«, sie schüttelte sich, »nee, ich schaff’s noch gar nicht.«
    »Was schaffst du nicht?«
    »Mich so unter Leute zu mischen … Auf der Arbeit halte ich es aus. Ich arbeite an der Kasse. Ich starre die ganze Zeit auf das Fließband und scanne die Waren. Ich versuche, den Strom der Menschen, die an mir vorbeiziehen, gar nicht zur Kenntnis zu nehmen. Ich guck nur manchmal hin. Ich hab schon Angst, richtig menschenscheu zu werden. Am Anfang konnte ich überhaupt nicht mehr zur Arbeit gehen, war wochenlang krankgeschrieben.«
    Es interessierte Leon eigentlich nicht, aber so, wie sie jetzt redete, fühlte er sich fast verpflichtet zu fragen: »Warum denn?«
    Sie winkte ab und setzte sich auf Johannas Bett. Sie bemerkte nicht, dass Leon auf die Uhr schaute und seine Chancen abwog, ob er es noch schaffen könnte, wenigstens zum Ende von Lars Schaffts Veranstaltung in Delmenhorst zu sein.
    Als sie sprach, trat sofort Wasser in ihre Augen, und sie liefen schon nach dem zweiten Satz über.
    »Ach, es ist wegen meiner Schwester. Bonnie. Die hatte ständig so einen verrückten Typen am Handy. Ich glaube, sie hat ihn beim Chatten kennengelernt. Jedenfalls hat er von ihr jede Menge Mist verlangt und behauptet, wenn sie das nicht tue, mache er etwas ganz Schreckliches.«
    Leon wurde schwindlig. Er griff nach hinten, wo er einen Sessel vermutete, fasste aber ins Leere und machte einen Ausfallschritt rückwärts, um nicht umzufallen. Dann setzte er sich auf Johannas Schreibtischstuhl. Der rollte ein Stückchen mit ihm rückwärts, bis er gegen die Wand stieß.
    »Ja, erzähl weiter. Ich hör dir zu.«
    Ben öffnete die Tür.
    Leon brüllte: »Raus hier!«
    Ben schloss sie sofort wieder, klopfte dann aber an und sagte: »Äi, jetzt kommt doch wieder raus! Jetzt vertragen wir uns alle, und dann ist gut. Es soll doch ’ne schöne Fete werden und nicht in so ’nem Chaos enden. Wir haben doch noch gar nicht angefangen. Johanna hat ein Super-Büfett besorgt.«
    »Ja, wir kommen gleich!«, rief Leon, nur um Ben loszuwerden.
    »Das war völlig irre«, fuhr Tanja fort. »Der hat behauptet, er habe den Schulbus verunglücken lassen. Weißt du noch, als …«
    »Ja, ja, ich weiß.«
    »Meine Schwester hat den ganzen Mist geglaubt, und er hat sie an der Angel gehabt und tanzen lassen wie eine Marionette. Die war überhaupt nicht mehr sie selbst. Sie hat nur noch an den Typen gedacht und das getan, was er wollte. Und dann hatte sie einen Nervenzusammenbruch und …«
    Tanja zitterte. Schnodder lief ihr aus der Nase. Leon reichte ihr ein Taschentuch. Am liebsten hätte er sich neben sie gesetzt und sie in den Arm genommen. Jetzt sah sie für ihn noch viel mehr aus wie Johanna, obwohl die beiden überhaupt keine Ähnlichkeit miteinander hatten.
    »Sie hat Tabletten genommen, ist in Therapie gegangen und – ach«, sie winkte ab. »Dann hat er gedroht, mir was anzutun, falls sie mit der Scheiß-Therapie nicht aufhört.«
    »Wie«, fragte Leon, um die Sache abzukürzen, »ist es ausgegangen?«
    »Meine Schwester hat sich umgebracht«, sagte Tanja und wirkte fast erleichtert, weil es raus war. »Vor einem halben Jahr. Seitdem …«, sie rieb sich mit den Händen die Oberarme, als ob sie frieren würde, »kann ich mich auf keinen Typen mehr einlassen. Es fällt mir sogar schwer, unter Menschen zu gehen, und ich …«
    »Weißt du«, fragte Leon, »wer es war?«
    »Nein. Keine Ahnung. Seit meine Schwester tot ist, warte ich im Grunde jeden Tag darauf, dass er bei mir anruft.«
    »Hat er es getan?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich fühle mich sogar als Versagerin deswegen. Ich dachte, warum meine Schwester, warum nicht ich? Bin ich ihm zu dick?«
    »Er hat es also schon einmal getan«, sagte Leon mehr zu sich selbst als zu Tanja. »Hast du irgendwem davon erzählt?«
    Sie brauste auf: »Ja, wem denn, verdammt nochmal? Das war doch genau das Schlimme! Sie durfte nicht darüber reden, nicht mal ich durfte es wissen. Wenn man den

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