Neonträume: Roman (German Edition)
Bedingungen, andere Frauen, letztendlich. Ich glaube, alle sind es leid. Mich wundert nicht einmal, dass Rita sich bisher noch nie danach erkundigt hat, in welchem Stadtteil von Moskau sich mein Klub befindet. Natürlich gibt es in Wirklichkeit gar keinen Klub… Und auch kein Interesse…
» Du bist und bleibst ein Kind. Wie ein Kind glaubst du, alles dreht sich nur um dich. Für dich ist alles nur Spiel…« Solche oder ähnliche Vorwürfe muss ich mir immer wieder anhören, von wechselnden Partnerinnen respektive Frauen, die in mich verliebt sind oder auch nicht, jedenfalls an mir interessiert. Irgendwann habe ich begriffen, dass das Etikett des » ewigen Kindes«, das unfähig ist, eine dauerhafte Beziehung einzugehen und Verantwortung zu übernehmen, eigentlich eine ganz bequeme Sache ist. Diese Rolle hat einige Vorteile zu bieten. Zum Beispiel, wenn man eine Beziehung beendet, kann man immer bedauernd mit den Schultern zucken und traurig den Kopf schütteln und sagen: Ja, scheiße gelaufen, kann man nichts machen. You knew, I was a snake.
» Come, my lady, come, come, my lady. You’re my butterfly, sugar baby«, dudelt mein Handy. Die Melodie von Linkin Park schiebt sich dezent, wie aus dem Nirgendwo, in mein Bewusstsein. Wer ist das jetzt schon wieder? Verasekretariat, leuchtet auf dem Display. Heute ist Sonntag, ich muss die Fotos für die Livestyle-News abgeben!, schießt mir durch den leeren Kopf. Und was hat Vera damit zu tun?
» Hallo«, antworte ich.
» Hallo, Andrej, ich bin’s, Vera.«
» Das wusste ich.«
» Wirklich?«, lacht sie glockenhell.
» Logisch.«
Was für ein Schaf! Hat die noch nie was von Nummernanzeige gehört?
» Andrej, die neue Ausgabe geht heute in den Satz«, berichtet sie mir mit Anrufbeantworterstimme.
» Ich bin im Bilde, na und?« Soll das ein Scherzanruf sein, will die mich auf den Arm nehmen, oder wie? » Wenn du wegen der Fotos anrufst, die hole ich heute noch bei Marina ab.« (Verdammt, die habe ich vergessen anzurufen, ich Blödmann!)
» Andrej, vergiss es, du brauchst nichts mehr abzuholen«, sagt Vera ernst.
» Äh… was meinst du jetzt? Hab ich irgendwas verpasst? Ist die Rubrik gecancelt?«
» Nein, das nicht, bloß… ich hab mich gestern mit Marina getroffen… Sie hat hier angerufen und…« Vera verstummt.
» Und? Was ist los mit Marina? Hat sie wieder Horrorstorys über mich verbreitet?«
» Wieso Horrorstorys? Sie hat nur gesagt, dass du ihr das Geld für die Aufnahmen nicht gegeben hast, deshalb hat sie die Fotos nicht abgeliefert.«
» Dieses hinterhältige Biest!«, brause ich auf. » Was hast du ihr geantwortet?«
» Ich habe mir gedacht, dass du wahrscheinlich in Schwierigkeiten steckst.«
» Das ist wohl wahr«, schnaube ich.
» Deshalb hab ich mich eben selbst mit ihr getroffen, sie aus meiner Tasche bezahlt und die Fotos mitgenommen.«
Welche überraschende Wendung! Ich muss zugeben, ausgerechnet von Vera hätte ich das nicht erwartet.
» Hör mal, Häschen, Respekt! Du hast mir echt aus der Patsche geholfen. Ich stehe in deiner Schuld und so…«
» Jetzt fehlen nur noch die Bildunterzeilen. Wann kommst du vorbei?«
Scheiße, die nächste Falle! In die Redaktion schaffe ich es heute beim besten Willen nicht mehr.
» Hör mal, könntest du mir die Bilder nicht per Internet rüberschicken?«
» Nein.« Anscheinend hat sie auf diese Frage gewartet. » Ich bin jetzt zu Hause, hier habe ich kein Internet, und in die Redaktion fahre ich erst wieder in zwei Stunden.«
» Was soll das denn? Haben sie dir das Internet gesperrt? Wie in China?«
» Bei mir zu Hause hatte ich noch nie Internet, hier brauche ich keins.«
» Verstehe. Und in der Redaktion bist du erst in zwei Stunden. Dann habe ich keine Zeit. Mist, was machen wir?«
» Kannst du nicht jetzt bei mir vorbeikommen?«, schlägt sie zaghaft vor.
» Bei dir?« Jetzt verstehe ich, warum sie die Fotos bei Marina abgeholt hat. Nein, meine Liebe, noch eine Braut verkrafte ich heute nicht mehr. » Vera, prinzipiell sehr gerne, bloß habe ich dummerweise einen Termin in einer Stunde. Ich schaffe es einfach nicht. Bei mir ist grad alles furchtbar eng, verstehst du?«
» Ja, klar. Hast du einen Gegenvorschlag?«
» Also, warte mal…« Hektisch suche ich in meinem Hirn nach einer Lösung und lande, wie üblich, bei der verrücktesten. » Vera, könntest du die Unterzeilen nicht selber schreiben? Das ist doch nicht weiter kompliziert, oder?«
» Ich?« Sie lacht. » Aber ich kenne
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