Neonträume: Roman (German Edition)
e richtig e Technik
Ich schlafe schlecht, träume grotesken Blödsinn.
Der erste Anruf an diesem frühen Sonntagmorgen kommt von Lena, wir verabreden uns für vier Uhr im Pavillon. Kein Wort über gestern Abend. Dann kommen mehrere SMS von irgendeiner Oxana, die sich unbedingt mit mir treffen will, und eine von Katja: bin heute ab vier frei rufe an. Ich rauche noch eine, bin zu faul, aus dem Bett zu steigen, liege mit geschlossenen Augen und grübele, wer diese Oxana ist. Döse wieder ein. Diesmal träume ich, ich hätte fünf Handys, die alle plötzlich gleichzeitig anfangen zu klingeln, und ich kann mich einfach nicht entscheiden, welches ich zuerst nehmen soll. Schließlich und endlich kapiere ich, dass nur ein einziges Telefon klingelt, und zwar in Wirklichkeit.
» Ja«, antworte ich, noch halb schlafend, aber am anderen Ende wird aufgelegt. Auf dem Display elf unbeantwortete Anrufe– alle von Rita. Zuzüglich fünf SMS , ebenfalls von Rita. Die erste: Ruf an, sobald du wach bist. Die letzte: Wo bist du, du mieses Stück, ich will dich nicht mehr sehen! Aha, dann hat sie wahrscheinlich elfmal hintereinander angerufen, um mir zu sagen, dass sie mich nicht mehr sehen will. Vielleicht sollte ich bei ihr vorbeifahren, mich entschuldigen oder sowas in der Art? Es ist jetzt halb zwölf. Sonntag. Mittags steht mir noch ein Essen mit Lena bevor, abends mit Katja zu Ljochas Geburtstag… Fazit: Rita wird wohl auf der Strecke bleiben.
Ich denke an die gestrige Eskapade im Shanty und schließe wieder die Augen. Herrgott, warum muss man sich eigentlich permanent verrenken und verdrehen, um nur ja niemanden zu beleidigen? Wo ist die Leichtigkeit in den zwischenmenschlichen Beziehungen hin? Und warum bin ich gestern überhaupt in dieses beschissene Shanty gegangen? Ich wollte einen Streit vermeiden. Dafür hätte es dann um ein Haar den Super- GAU gegeben. Eigentlich hätte ich mir das ja gleich ausrechnen können, so wie der Abend angefangen hatte. Ich hätte mich halt rechtzeitig verdünnisieren sollen.
Egal, ist nicht mehr zu ändern. Jedenfalls muss ich Rita jetzt wohl doch anrufen. Am besten erzähle ich ihr, ich sei schon den ganzen Tag auf der Baustelle in meinem Klub. Und warum gehst du nicht ans Telefon? Nicht dazu gekommen? Konntest du mir nicht wenigstens eine SMS schicken? Ich hab’s nicht gehört, der Lärm von den Handwerkern und so… Nicht besonders glaubwürdig, oder?
Ich krame in meinen Küchenschränken und bringe nacheinander meinen alten Mixer ans Tageslicht, einen elektrischen Fleischwolf, den ich meiner Meinung nach noch nie benutzt habe, und schließlich einen längst vergessenen Blender mit zerbrochenem Glasbehälter. Ich postiere die drei Schmuckstücke in einer ordentlichen Reihe auf dem Küchentisch und probiere aus, welches sich am ehesten nach einer von diesen beschissenen Baumaschinen oder weiß der Teufel wie die Dinger heißen anhört. Am besten klingt noch der Blender-Krüppel. Bloß noch nicht laut genug. Schließlich setze ich alle drei Apparaturen gleichzeitig in Gang und erzeuge damit eine wahrlich baustellenwürdige Kakophonie. Wie in dem Clip » Satisfaction« von Benassi. Fehlen bloß die Frauen.
Ich stecke mir eine Zigarette an, mache das Küchenfenster auf, um meinen Baustellensong mit ein wenig Straßenlärm zu würzen, und wähle Ritas Nummer. Nach dem zehnten Klingeln nimmt sie ab.
» Scher dich zum Teufel, ich hasse dich!« Und legt auf.
Hallo! Was war das denn? Das war aber nicht besonders nett, immerhin hatte ich gestern Abend gefährliches Nasenbluten! Ich könnte ja auch im Krankenhaus liegen! Ich wähle noch mal, und bevor sie etwas sagen kann, brülle ich ins Mikro:
» Rita! Was soll das? Ich bin seit acht Uhr morgens auf der Baustelle, ich hab das Telefon nicht gehört! Was ist los?«
» Was los ist? Bist du jetzt völlig verblödet? Gestern Abend verschwindest du sang und klanglos, schickst mir eine SMS , du hättest Nasenbluten, und heute bist du den ganzen Tag nicht zu erreichen! Ich bin schon halb verrückt vor Angst, ich dachte, dir ist etwas passiert! Und jetzt rufst du mich an und fragst ganz fröhlich, was denn überhaupt los sei!«
» Ich… äh… ich überwache schon den ganzen Tag die Verputzarbeiten in meinem Klub, diese Presslufthämmer machen einen solchen Radau, dass man einfach nichts hört. Ich bin jetzt extra nach draußen auf die Straße gegangen, um zu telefonieren!«
» Seit wann machen denn Verputzarbeiten so einen Lärm?« Rita ist ein
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