Neptuns Tochter 1
kündige.«
Auch wenn ihr Spiegelbild sie davon überzeugen wollte zu bleiben. Gebettelt hatte, doch nicht einfach das Handtuch zu werfen. Die rehbraunen Augen aus dem Spiegel sahen Mika flehend an. Ihre grünen blickten unerbittlich zurück. Sie blieb hart.
Mit diesem gestählten Selbstbewusstsein hatte Mika vorhin geläutet.
Jetzt saß sie hier und begann damit, das bisher Geschriebene zu überarbeiten. Wie Adrienn gebeten hatte. Kein einziges Wort hatte Mika zustande gebracht. Wie auch? Sie hat mich gar nicht zu Wort kommen lassen, stellte sie fest. Dann würde sie eben am Abend kündigen. Vor dem Feierabend.
Soweit der Plan. Aber wie das so war mit Mikas Plänen. Immer waren ihr Sprinkleranlagen im Weg, die alles wegschwemmten und sie in eine andere Richtung führten. Heute war es das Läuten an der Haustür, das sie aufhielt.
Da Petra Lorentz nicht da war, war sich Mika nicht sicher, ob nun sie als die einzige Angestellte hier im Haus für das Öffnen der Tür zuständig war. Es wäre nett gewesen, wenn ihr das jemand gesagt hätte. Dann würde sie jetzt nicht hier stehen, ein Bein im Kaminzimmer, das andere im Flur; unschlüssig, was sie tun sollte. Bevor sie zu einem Ergebnis kam, hatte Timea Illay den Besucher schon in Empfang genommen.
Die Stimme hätte Mika unter Tausenden herausgekannt. Gernot Hampf!
Was machte ihr Ex-Chef hier? Ob es unhöflich ist zu lauschen?
»Quatsch«, schimpfte Mika leise. Was sollte sie schon mitbekommen? Zwei Menschen, Mann und Frau, die irgendetwas zusammen machten. Dieses etwas wollte sie sich nicht einmal vorstellen, geschweige denn am anderen Ende einer Tür dabei sein.
Wie hatte sich Mika in den letzten Wochen einbilden können, dass sie Timea Illay näherkommen könnte? Dass sie Mika verwirrt angeschaut hatte – nichts als Wunschdenken.
Die Anwesenheit ihres Ex-Chefs holte Mika aus dem Wolkenkuckucksheim zurück. Sie hatte völlig vergessen, wer Timea Illay war. Eine 35-jährige Frau, die in Kreisen verkehrte, die Mika verhasst waren. Dass nun auch noch Gernot Hampf bei ihr zu Hause erschien, ließ tief blicken. Da gab es wohl mehr zwischen den beiden als eine normale Geschäftsbeziehung. Das hatte Mika jedenfalls gehofft; dass Timea nur irgendwie mit Gernot Hampf zusammenarbeitete. Und sonst nichts. Dass sie vielleicht doch etwas für Mika empfinden könnte. Sogar mehr als Freundschaft. Wobei sie noch nicht einmal bei einer Freundschaft angelangt waren. Jeder Versuch Mikas wurde von Timea eiskalt abgeblockt.
Ich muss hier raus, sonst geh ich noch zugrunde . Ohne ihr zweites Bein wieder in das Kaminzimmer zu ziehen, griff Mika nach ihrer Jacke, die an der Garderobe hing. Dass der Computer noch an war und sie die Datei nicht gespeichert hatte, war ihr egal. Sie wollte einfach nur weg.
Da merkte sie, dass Timea und Gernot Hampf immer noch im Foyer standen und sich unterhielten. Mika drückte ihre Jacke fest an die Brust und wartete. Die beiden mussten doch irgendwann verschwinden, damit sie gehen konnte. Endlich machten sie sich Richtung Timeas Büro auf. Mika könnte jetzt los, nur spielten ihre Beine nicht mit. Sie machten keine Anstalten, sich nur einen Millimeter zu bewegen.
Zum Glück, denn Timea und Gernot Hampf blieben plötzlich stehen. Irgendetwas war hier im Busch, das spürte Mika. Die Stimmen klangen auch nicht nach einem Liebespaar, bildete sie sich ein.
Ihr Ex-Chef klang wie immer arrogant, mit einem drohenden Unterton, und Timea klang nach Donnergrollen. Mikas verliebtes Herz hüpfte voller Hoffnung, als es die Gewitterwolken erkannte, die sich über diesem seltsamen Pärchen bildeten. Vielleicht , dachte Mika . . . Nein , erinnerte sie sich. Egal, was das hier war, sie hatte keine Chance bei Timea. Wenn es nicht Gernot Hampf war, dann war es jemand anderes.
»Mein Angebot gilt nicht ewig«, drang Gernot Hampfs Stimme zu Mika durch. Dann fiel die Haustür laut ins Schloss.
Immer noch konnte Mika sich nicht bewegen. Ihre Jacke war nur noch ein dickes Knäuel in ihren Händen. Sie lauschte. War die Luft rein? Konnte sie endlich gehen?
Wie ein Storch machte sie einen Schritt nach dem anderen, Richtung Ausgang. Und traf auf Timea, die wie eine Statue im Flur stand.
»Ist . . . ist mit Ihnen alles in Ordnung?«, lispelte Mika.
Timea Illay wischte sich über die Augen. Am Hals war deutlich zu erkennen, wie schwer ihr das Schlucken fiel. »Ja . . .«, antwortete sie abwesend. »Es könnte nicht besser sein.«
Mika war sich sicher, dass
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