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Neptuns Tochter (Gesamtausgabe)

Neptuns Tochter (Gesamtausgabe)

Titel: Neptuns Tochter (Gesamtausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Waiden
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war sie für dich so etwas wie ein Mutterersatz, nachdem deine Eltern einfach die Flucht ergriffen und dich mit den Problemen hier zurückgelassen hatten.«
    »Auch das weiß ich«, sagte Timea. Sie schmunzelte leicht. »Wobei es bei einer Frau von dreiundzwanzig nicht mehr unbedingt einen Mutterersatz gebraucht hätte.«
    »Dafür bist du auch mit deinen fünfunddreißig nicht zu alt«, schimpfte die Großmutter leise.
    »Auf keinen Fall. Ich werde dafür auch nie zu alt sein.« Um das Gesagte noch zu verstärken, legte Timea ihre Hand auf die ihrer Großmutter. Strich leicht über die Haut, die sich fast wie Seidenpapier anfühlte.
    »Solange du das nur nicht vergisst, mein Kind.«
    Timea lehnte sich wieder zurück und hing ihren Gedanken nach. Sie genoss diese Augenblicke, die sie schweigsam mit ihrer Großmutter teilte. Obwohl sie mitunter nervenaufreibend sein konnte, tat ihre Fürsorge gut; die einzige Fürsorge, die Timea zuließ. Heute mehr als sonst. Denn ob sie es wollte oder nicht, sie bekam Mika nicht aus dem Kopf.
    »Mit den Verträgen gestern ist alles glattgegangen?«, lenkte die Großmutter Timeas Gedanken in die Gegenwart.
    Timea gab sich einen Ruck. Das mit Mika, das war nicht real. Das war eher das genaue Gegenteil. Träumereien, die in ihrem Alltag keinen Platz hatten. Und Mika hatte das verstanden, wenn Timea den Brief richtig interpretierte.
    Sie betrachtete ihre Großmutter. »Ja«, sagte Timea mit gefestigter Stimme. »Wir haben jetzt sechs Wochen Zeit, um alles auszuräumen und das, was wir noch brauchen, in unsere neue Wohnung zu bringen.«
    »Gut. Dann werde ich zusammen mit Petra eine Liste erstellen.«
    »Macht das. Ich treffe mich heute noch mit Herrn Neubert.«
    »Bist du dann schuldenfrei?«, fragte Timeas Großmutter hoffnungsvoll.
    »Nicht ganz. Da gibt es immer noch den Schuldschein, den Großvater unterschrieben hat«, erinnerte Timea die alte Dame.
    Ein Schatten legte sich auf deren Gesicht. »Dafür soll er in der Hölle schmoren«, entfuhr es ihr.
    »Großmutter«, rief Timea gespielt schockiert. »So rachsüchtig kenne ich dich gar nicht.«
    »Ist doch wahr«, echauffierte sich die Gräfin immer noch. »Du hast all die Probleme, nur weil er sich nie beherrschen konnte.«
    Timea stand auf und gab ihrer Großmutter einen Kuss auf die Wange. »Du musst genauso darunter leiden, Nagyi. Aber jetzt geht es ja bergauf. Du wirst sehen.«
    »Dann bleibt nur zu hoffen, dass du dann endlich wieder so wirst wie früher, Kleines.«
    »Erstens, Großmutter, wenn du mich Kleines nennst, klingt das bei einer Frau meiner Größe etwas seltsam.« Timea verknotete die Finger ineinander.
    »Und zweitens?«, fragte ihre Großmutter nach Sekunden des Schweigens.
    »Zweitens weiß ich nicht, was du damit meinst: wie früher.«
    »Nun, soweit ich mit erinnere, ging damals eine junge Dame hier im Haus ein und aus. Und diese – wie hieß sie noch gleich?«
    »Karina«, kam die Erinnerung wie aus der Pistole geschossen aus Timea heraus.
    »Karina, genau. Sie ist mehr gewesen als nur eine Studienkollegin. Nicht wahr?«
    »Ja. Sie war die erste Frau, die mir gezeigt hat, dass Gefühle nur etwas für Träumerinnen sind. Und aus Träumen erwacht jede früher oder später.«
    »Nun, Kleines «, meinte die Großmutter liebevoll, »mit Träumen ist das so eine Sache. Sie haben die Angewohnheit, einfach anzufangen. Und du kannst gar nichts dagegen tun. Vor allem nicht nachts.«
    »Da jetzt helllichter Tag ist, besteht diesbezüglich keine Gefahr, Großmutter .« Timea klatschte in die Hände. »Und daher kümmere ich mich besser um die Realität.« Sie legte ihrer Großmutter die Hände auf die Schultern und drückte leicht zu. »Wir sehen uns heute Abend.«

~*~*~*~
    G edankenverloren drehte Timea den Stift in den Händen, betrachtete, wie sich die Farben bei jeder Drehung veränderten, beinahe ineinanderflossen. Wie in einem Kaleidoskop.
    »Sind Sie mit den Konditionen nicht einverstanden?«, fragte Dennis Neubert in ihre Gedanken hinein.
    »Doch, doch«, beruhigte Timea den Bankangestellten. »Es ist nur seltsam«, sagte sie mehr zu sich selbst. »Wenn man über seine Finanzen so gut wie selbst bestimmen kann.«
    »Ich verstehe nicht«, erwiderte Dennis Neubert. Sein Stirnrunzeln wirkte irgendwie drollig.
    »Das müssen Sie auch nicht.« Lächelnd schrieb Timea erst das Tagesdatum und danach ihren Namen auf die dafür vorgesehene gestrichelte Linie. Sie betrachtete das Geschriebene noch eine zeitlang, dann

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