Neptuns Tochter (Gesamtausgabe)
schob sie das Bankexemplar des Vertrages zu Herrn Neubert.
»Dann gratuliere ich, Frau Illay«, sagte Dennis Neubert wieder vollkommen Herr der Lage. »Damit wäre der Großteil des Kredites getilgt.« Er beugte sich zu Timea. »Darf ich denn fragen, was sie mit der Restsumme vorhaben?«
»Tut mir leid, Herr Neubert.« Timea packte die Tasche. »Das ist Privatsache. Und solange ich die Raten rechtzeitig bediene, dürfte es für Sie auch nicht von Interesse sein.«
»Selbstverständlich.«
In sich hineingrinsend erhob sich Timea. Dennis Neubert war beleidigt. Unbefriedigte Neugierde war anscheinend frustrierend.
Als Timea schwungvoll aus Herrn Neuberts Büro trat, lief sie Adam David in die Arme – im wahrsten Sinne des Wortes.
»Hoppla, junge Frau«, feixte er. »Ach, Frau Illay. Das ist eine Überraschung.« Er musterte Timea von oben bis unten. »Eine sehr angenehme Überraschung.«
Dieses dreiste Begaffen scheint wohl in der Familie zu liegen , dachte Timea mürrisch. Kaum hatte das Töchterchen damit aufgehört, fing der Vater an. »Ach, Herr David. Da kann ich Ihnen nur zustimmen«, begrüßte Timea ihn im selben überfreundlichen Tonfall.
Mikas Vater kniff kurz die Augen zusammen, setzte aber prompt wieder ein freundliches Gesicht auf. »Wie ich sehe, kommen Sie von Dennis Neubert.«
»Und das interessiert Sie, weil …?«
»Nun, Frau Illay«, tat Adam David, als würde er über die Antwort nachdenken. »Ich interessiere mich eben für die Menschen, die meiner Tochter so etwas wie wichtig sind«, teilte er Timea das Ergebnis seiner Überlegungen mit.
»Wie es sich für einen besorgten Vater gehört.« Timea zog ihr Jackett in Form und nickte Adam David freundlich zu. »Ich würde ja noch gern mit Ihnen etwas länger plaudern, Herr David. Aber ich habe noch Termine.«
Völlig überraschend lachte Mikas Vater donnernd los. »Wissen Sie, Frau Illay. Wenn da nicht Ihre seltsame Verbindung zu meiner Tochter wäre, könnten wir beide uns vielleicht richtig gut verstehen.«
Timea schüttelte den Kopf. »Dem würde ich jetzt nicht uneingeschränkt zustimmen, Herr David. Unabhängig davon, ob es eine seltsame Verbindung, wie Sie es nennen, gibt.«
Eigentlich hatte Timea erwartet, beziehungsweise gehofft, dass Adam David sie nach dieser Abfuhr links liegen lassen würde. Das tat er aber nicht. Er begleitete sie ungefragt zum Ausgang der Bank. Vor dem Gebäude hielt er Timea zurück.
Mit hochgezogener Braue schaute Timea auf die Hand, die ihren Arm festhielt.
Schmunzelnd streckte Adam David die Finger aus und zog die Hand – aufreizend langsam – zurück. »Ich habe wirklich nichts gegen Sie, Frau Illay. Und wer weiß … wenn Sie ein Mann wären …«
Timea wischte sich über den Arm. »Herr David«, begann sie. Unbeeindruckt von seiner imposanten Statur und seiner einflussreichen Position schaute sie ihm fest in die Augen. »Warum erzählen Sie mir das alles?«
»Damit Sie wissen, dass Sie sich keine Hoffnungen machen sollen«, antwortete Mikas Vater. »Auch wenn meine Tochter letzte Nacht bei Ihnen war – das bedeutet gar nichts.«
»Da meine Hoffnungen nicht Ihr Problem sind, würde ich das Gespräch jetzt lieber beenden«, erwiderte Timea. »Ich darf also?« Sie deutete auf den Gehweg hinter Adam David.
»Mikaela ist eben als Ehefrau von Frank Schöffen besser aufgehoben«, erklärte Herr David, ohne sich einen Zentimeter zu bewegen.
Jemand rührte mit einem spitzen Messer in Timeas Brust. So fühlte es sich jedenfalls an. Dennoch schaffte sie es, nach außen gelassen zu bleiben. »Soweit ich weiß, habe ich nie das Gegenteil behauptet.« Nur diese verdammte Stimme wollte nicht mitspielen. Zitterte einfach, klang ungefragt heiser.
Adam David schaute versonnen auf Timea hinunter. »Dann wäre ja alles geklärt«, bekräftigte er. »Und noch einmal, Frau Illay. Es geht nicht gegen Sie als Person«, entschuldigte er sich.
Timea schaute an ihrem Gesprächspartner vorbei auf ein Plakat. Darauf warb ein Finanzberater um Kunden. Der Slogan: »Geben Sie dem Geld eine Chance. Das Glück wird es Ihnen danken.« Realität.
»Es ist mir durchaus bewusst, worum es Ihnen geht, Herr David«, meinte Timea nun auch innerlich ruhig. »Und außerdem: Niemand zwingt Mika zu dieser Hochzeit. Daher müssen Sie sich keine Sorgen machen. Ihre Tochter weiß, wohin sie gehört.«
»Genau«, murmelte Adam David.
Es war ein seltsamer Anblick. Mikas Vater stand tatsächlich mit leicht hängenden Schultern
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