Nerd forever
Würgezöpfe hin und her wiegt.
Es ist fast dunkel im Zimmer, nur Oshikantus Schwert leuchtet.
»Vernichte ihn!«, befiehlt Sarah Pinki.
Die stampft auf Ken zu. Der bleibt jedoch ungerührt stehen. Seine Wimpern glänzen im Schein der Kugel, die er Pinki entgegen streckt. Hübsch ist er, sehr hübsch. Und was macht eine hässliche Robota mit Würgezöpfen, wenn ein hübscher Roboter wie Ken ihr eine leuchtende Kugel hinhält? Sie breitet ihre Arme aus und nimmt die Kugel an.
Meine Schwester ist baff. »Was soll das? Töte ihn! Dafür habe ich dich erschaffen. Mach ihn fertig!!!!«
Stattdessen streichelt Pinki Ken nun liebevoll über den Kopf. Und der gibt ihr einen feurigen Kuss. Und die Kugel zwischen ihnen beginnt zu glühen. Gleichzeitig stinkt es wie in einer chemischen Fabrik. Die Stromkreise von Pinki und Ken fließen durch die Kugel ineinander. Platinen glühen, Kunststoffe, Drähte,
Hände, die Zöpfe. Sarah will Pinki Panza vor dem Glühtod retten. Zu spät. Sie verbrennt sich nur die Finger. Es zischt und funkt. Und dann liegt dort auf dem Teppich nur noch ein glühender Klumpen Metall und Plastik. Die Liebenden sind wie Romeo und Julia miteinander verschmolzen zu einem einzigen Bündel Energie.
»Was hast du gemacht?«, schreit mich Sarah an.
»Gewonnen.«
»Das macht doch keinen Sinn. Dein Ken ist auch kaputt.«
»Wenn das Nichts am Ende alles ist, hat die dunkle Seite gesiegt.«
Sarah schaut auf das noch glühende Häufchen Roboterreste, während Otto das Bein hebt und darauf Pssssssst macht. Ein letztes Zischen, dann ist das Feuer zwischen Pinki und Ken erloschen. Aus und vorbei!
Kapitel 36
Schluss mit dem Horror!
Der nächste Morgen ist perfekt. Vor der Schule klaue ich einem Mitschüler aus der 5a den Rucksack und verstaue den Karton mit dem Goethe-Barometer in meinem Spind. Dann klatsche ich mich mit Rick und Alex ab. »Hey, hey, hey, Alter.« Rick und Alex klatschen ebenfalls ab und sagen die gleichen Worte. Calvin schaut neidisch zu uns rüber, er würde jetzt auch gerne mit Rick und Alex Hey, hey, hey, Alter sagen, aber für ihn ist die Welt noch die gleiche wie gestern. Für mich hingegen ist sie neu und gut und richtig rund.
THE DARK NERD startet in Tag Zwei und es riecht hinter meinem Rücken wieder mal nach diesem genialen Mix aus Platinenduft und frisch gebrannter Festplatte.
Ich drehe mich um: »Nerdine?«
Sie schaut mich an, aber ihr Lächeln scheint auf Urlaub.
»Hallo Nerd.«
»Wie geht’s? Wie steht’s?«, sage ich möglichst locker.
»Dir scheinbar gut«, sagt sie kühl.
Wie meint sie das? Ich bin irritiert und laufe hinter ihr her. »Warte, Nerdine. Ich würde gerne mit dir reden und dir das Mäppchen zurückgeben, das dir Alex geklaut hat.«
»Hast du es von deinen neuen Freunden?« Sie schaut dabei über meine Schulter hinweg zu Rick und Alex.
»Das ist doch dein Mäppchen?«
»Ja, und?«
Ich halte ihr das Mäppchen hin. »Damit ist jetzt Schluss.«
»Womit ist jetzt Schluss, Nerd?«
»Na, mit dem ganzen Mist, den sie dir angetan haben. Wie viele Radiergummis haben dir Rick und Alex schon zerbröselt? Wie oft haben sie über dich gelacht? Hier ist dein Mäppchen. Du musst keine Angst mehr vor ihnen haben – und ich, ich hole mir meine Würde zurück. Darauf kannst du dich verlassen.«
»Ich weiß ja nicht, was du unter Würde verstehst, aber…« Sie stockt und öffnet das Mäppchen, zieht Stifte, Radiergummi, Spitzer und Lineal heraus. Dann nimmt sie alles, wirft es in den Mülleimer und will weggehen.
Ich halte sie am Arm fest. »Warum tust du das?«
»Lass mich«, sagt sie.
»Wir können mal Elbenscrabble spielen. Bilbo Beutlin fände es bestimmt auch gut, wenn wir zu dritt…«
Sie befreit ihren Arm aus meinem Griff und geht. Ich schaue ihr noch einen Moment lang nach, wie sie zu den anderen vor die Klassentür geht. Dann ruft Alex: »Hey, Nerd, komm. Das lohnt sich nicht. Mädchen wie Nerdine sind halt manchmal zickig. Vergiss es.«
Kapitel 37
»Höhöhö« soll Buchstabierkönig werden!
Die ersten beiden Stunden Politik und Sozialkunde perlen an mir ab. Ich schaue immer wieder zu Nerdine rüber. Es ist mir egal, was Benjamin Teilhaber da vorn erzählt, und es kümmert mich und meine Kumpel nicht, was er von der Klimaerwärmung faselt. Aus unseren Arbeitsblättern und denen unserer Nachbarn machen wir Papierflieger. Ich werfe einen nach vorne in die erste Reihe. Er landet genau vor Marlene, die sich zu mir umschaut. Ich lächele, sie
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