Nerd forever
Hosentasche.
»Wie kommst du an das Handy?«, fragt mich plötzlich Nerdine. »Ich habe ja gewusst, dass du mit ihr geredet hast. Aber woher hast du das …« Ich habe Nerdine nicht kommen sehen. Sie ist sauer – extrem sauer.
»Ich will doch gar nicht Patrizia«, sage ich. »Das musst du mir glauben.«
Dann sehe ich Ricks Blick. Auch er ist geschockt.
»Oh, Mann. Es ist doch egal, warum ich es habe. Wichtig ist nur, dass du es jetzt nimmst, Rick.« Ich gebe es ihm und sage: »Patrizia wird dich gleich anrufen, sie will mit dir Eis essen gehen.«
»Echt?«
»Ganz echt.«
Er umarmt mich wieder. Über seine Schulter hinweg sehe ich Sarah, die mich anlächelt. Aber hinter ihr kommen Alex, Tom und Darwin. Gerade noch standen sie mit ihren Eltern am Eingang zur Turnhalle, und jetzt spricht mich Alex schon an: »Hey, hey, hey. Da ist er ja, der Klub der Weicheier. Wer hätte das von dir gedacht, Nerd.«
»Was meinst du damit?«
»Wie konntest du nur diesem Versager Rick helfen? Wie doof musst du sein?« Er redet über Rick, aber er würdigt ihn keines Blickes. Tom und Darwin schauen mich abfällig an.
»Was soll das? Mach meinen Freund nicht an«, stellt sich Rick zwischen uns.
»Lass gut sein«, sage ich. »Unser Alex will der neue Boss sein. Stimmt’s Alex?«
Doch der macht nur noch eine abfällige Handbewegung. »Lasst uns gehen, Jungs. Die Nerds sind es nicht wert.«
Die drei ziehen ab. Endlich! Und eigentlich möchte ich denen nie mehr begegnen, jedenfalls nicht mehr in diesem Leben. Aber
das hier ist eine Schule und wir stehen mitten auf dem Schulhof. Und in einer Schule läufst du den Leuten immer über den Weg, ob du willst oder nicht! Denn im nächsten Jahr sind wieder alle am Start.
Aber jetzt klingelt erstmal Patrizias rosa Handy, und Rick starrt darauf, als würde es gleich explodieren.
»Geh ran, Rick – und viel Spaß mit ihr«, sage ich.
»Und du?«, fragt er noch.
»Ich suche meine Eltern.«
Kurz darauf gehen Nerdine und ich durch die Menge, aber von meinen Eltern fehlt jede Spur. Es ist, als wären sie vom Erdboden verschluckt.
»Wo sind eigentlich deine Eltern?«, möchte ich von Nerdine wissen. Doch die gibt mir keine Antwort, sondern fragt: »Woher hattest du nun wirklich Patrizias Handy?«
»Sie hat es mir einfach gegeben, weil …«
»… sie dich gut findet?«
»Weiß ich nicht. Aber sie passt nicht zu mir. Das kannst du mir glauben.«
Nerdine schaut mich mit großen Augen an und legt sich wieder ihr kurzes Haar hinters Ohr. »Wie meinst du das, Nerd?«
Ich weiß nicht genau, wie ich das meine. Und ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn nun nicht Otto auf uns zugeschossen wäre. »Hey, Otto. Wo ist Sarah?«
»Habt ihr einen Mops? Der ist ja süß«, sagt Nerdine und streichelt ihm sofort über den Kopf.
»Du kannst ihn sehen?«
»Warum sollte ich ihn nicht sehen können?« Otto wirft sich auf den Rücken.
»Er liebt es, am Bauch gekrault zu werden«, sagt Sarah, die mit meinen Eltern auftaucht.
»Könnt ihr ihn auch sehen?«, frage ich Mama und Papa.
»Was soll die Frage?«, will Mama wissen. Sie schauen auf Otto runter und lachen.
Sarah meint: »Den kann doch keiner übersehen, so süß ist er. Was sucht er denn in deiner Tasche?«
Tatsächlich springt Otto nun an Nerdine hoch und schnuppert an ihrer Hosentasche. Sie holt daraus ein Tütchen mit Kapseln.
»Wo hast du die denn her?«, fragt Papa. »Die waren doch vergangenes Jahr im Superman-Heft Nr. 27. Die sind eine absolute Rarität.«
»Ich weiß«, sagt Nerdine und schaut mich dabei schelmisch an. »Dabei bestehen sie nur aus Liebesperlen, versammelt in einer Kapsel.« Und dann bietet sie mir eine an.
Ich weiß, dass es für einen Jungen in meinem Alter nicht gerade cool ist, wenn er noch Liebesperlen isst, aber zumindest sind sie in einer kryptonischen Super-Gegenteil-Kapsel versteckt. Und ich nehme gleich zwei, denn ich brauche Mut und Kraft für mein nächstes Abenteuer. Ach ja, Otto! Warum er jetzt bei uns
lebt und selbst Mama und Papa ihn sehen können? Die Lösung heißt Liebe! Denn Otto hat in Supernerv-Extreme-Sarah endlich eine treue Seele gefunden, die ihn wirklich mag. Und selbst der schlimmste Piranhavater hat ja am Ende ein weiches Herz, wenn er Liebe findet. Warum sollte es also bei einem kleinen Mobber-Mops anders sein?
1. Auflage
Erstmals als cbj Taschenbuch Mai 2013
Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform
© 2013 cbj Verlag in der Verlagsgruppe
Random House GmbH,
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