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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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Acte, da sie nun mit Octavia allein war, »schwöre mir, daß du die Wahl meiner Todesart mir freigeben wirst!«
    »Wie verstehe ich das? Willst du, kaum erst dem Tode entronnen, Hand an dich selbst legen?«
    »Nicht ich!« rief Acte verzweiflungsvoll. »Du aber, Kaiserin, wirft mich töten wollen, wenn du erfahren hast, wer ich bin. Wie? Acht Tage ist's her? Ganz Rom also weiß darum! Wahrlich, da wundert's mich über die Maßen, daß du keinen Verdacht geschöpft! – Ach, ich ersticke fast! – Höre denn: ich bin Acte, die Freigelassene des Nicodemus . . .«
    »Die Geliebte des Imperators,« ergänzte Octavia mit einem traurigen Lächeln. »Ich wußte das, obgleich ich niemals zuvor dein Antlitz gesehen hatte.«
    »Du wußtest das? Und hast mich im Schlaf nicht erdolcht? Haft mir nicht Gift in die Ohren geträufelt? Mir nicht die Augen mit glühendem Stahl versehrt?«
    »Nein, du armes, irres Geschöpf! So beruhige dich doch! Du wirst ja bleich, als ob du erlöschen wolltest.«
    »Ewige Allmacht!« schluchzte das Mädchen, die Hände ringend. »Welchen Frevel hab' ich begangen! Ist's denn möglich, daß ich jemals Verzeihung finde? Herrin, wenn ich dir sagen könnte . . . Du, du hast mich gehegt und gepflegt . . .? Ach, daß ich doch gleich in den Boden versänke, um diese zermalmende Scham zu begraben!«
    »Halte mich nicht für gütiger als ich bin!« wehrte Octavia. »Als ich zuerst an dein Lager trat. wo du im Taumel deiner Delirien den Namen riefst, den ich nicht nennen mag, – als ich den Ring erkannte, den du am Finger trägst: wohl, da war mir's zu Mute, als müßte ich über dich her stürzen, wie ein reißendes Tier . . . Dann aber, wie du zu klagen anhubst und ihm nachweintest, wie ein Kind seiner Mutter nachweint, da verspürte ich eine seltsame Wandlung. Ich brauchte dich nur deinem Schicksal zu überlassen: die Krankheit hätte ihr Werk vollendet, auch ohne mein Zuthun. Im Herzen regte sich eine Stimme, die mir Besseres gebot. Es erbarmte mich deiner, und so folgte ich denn der Mahnung der Gottheit. Abyssus, mein ägyptischer Arzt, hat ganze Nächte an deinem Lager gesessen, und siehe, seiner Gewissenhaftigkeit ist es gelungen, was wir gehofft haben.«
    »Gehofft? Wie konntest du hoffen, da ich doch deine Feindin bin, und ein Abscheu für alle Guten?«
    »Ja, du bist Acte, und wohl ist es möglich, daß ich mit dir mein Unheil gerettet habe. Ach, ich weiß es ja nun, ihr habt euch geliebt – tief und wahrhaft und mit aller Kraft des Gemüts. Gleichviel: ich konnte nicht anders. Gern will ich sogar den Vorwurf der Thorheit und der Lächerlichkeit ertragen, wenn das Gewissen mich freispricht von dem der Selbstsucht und der herzlosen Missethat.«
    »Du rasest, Octavia!« rief Acte, geisterhaft zu ihr aufschauend. »So was vermag kein sterbliches Weib. Nein, niemals, – dafern sie wirkliche Liebe fühlt.«
    Octavia errötete über und über.
    »Ob ich ihn liebe!« hauchte sie schmerzlich, die Blicke nach oben richtend. »All mein Dasein wollt' ich dahingeben, wenn ich nur eine flüchtige Stunde lang so völlig sein Herz besäße, wie du.«
    Der weibliche Stolz, der sie bis dahin aufrecht erhalten, war mit einemmal gebrochen. Die Thränen rannen ihr über das Antlitz. Sie wandte sich ab.
    »Du bist niederen Standes,« fuhr sie nach einer Weile fort, – »aber ich schäme mich keineswegs, dich beneidet zu haben. In der Liebe gilt ja nicht Rang, noch Vornehmheit der Familie, – ja vielleicht nicht einmal das Gesetz: denn dies alles hattest du gegen dich. Wahrlich, die Ehren des Herrschertums, die ich sonst hochgeschätzt als ein himmlisches Gnadengeschenk, – ich verachte sie jetzt wie zerstiebende Spreu! Die niedrigste Sklavin wollte ich sein, wenn ich's erlangen könnte, daß er mir nur ein einziges Mal so in die Augen schaute, wie er in deine geblickt hat. Ja, ich beneide dich, – aber ich hasse dich nicht. Eine grausame Qual ist's gewesen, so die Nachklänge deines unsäglichen Glücks aus den Reden der Fieberkranken herauszuhören . . . Fast bin ich gestorben vor Weh. Und dennoch hab' ich's verwunden. Meine Liebe zu ihm ist so tief und so heilig, daß sie auf dich selbst ihren versöhnenden Abglanz wirft.«
    Die Freigelassene war wie versteinert.
    »Zweifelst du immer noch?« sagte Octavia, durch Thränen lächelnd. »Da – gib mir die Hand! Ich verzeihe dir. Wenn du genesen bist, sollst du frei deines Wegs ziehen, gleichviel wohin. Was auch frommte es mir, wenn ich, wie

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