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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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– und Ruderobmann auf dem Lustschiffe unsrer Gebieterin.«
    »Und der hat mich gerettet?«
    »Ja, mein Kind.«
    »Aber wie war das möglich? Rings in der weiten Unendlichkeit hob sich kein Segel – nein, nicht ein einziges! Und ich hatte so gläubig gebetet . . .! Ach, es faßt mich von neuem . . .! Ich sinke . . . Helft! Helft mir um Christi willen!«
    Sie schloß die Augen. Zwei Minuten lang schien sie besinnungslos. Dann schaute sie klarer auf, als zuvor.
    »Nein, es ist nichts,« gab sie dankbar lächelnd zur Antwort, da sich die Alte mit einer besorgten Frage über sie her beugte. »Sagt mir nur, wie alles gekommen ist.
    Die Pflegerin warf einen forschenden Blick auf die hohe Frauengestalt, die immer noch unbeweglich am Ende des Bettes stand und sich heimlich zu sammeln schien.
    Da ihr die Herrin nicht wehrte, gab die ehrliche Dienerin kurz und bündig die von Acte erbetene Auskunft.
    »Früh in der Dämmerung sind wir hinausgerudert, weit von der Küste hinweg. Unsre Herrin konnte nicht schlafen; die erfrischende Luft sollte ihr wohlthun. Als die Sonne nun stieg, da erhob sich der Wind, der sich kaum erst gelegt hatte, mit verdreifachter Heftigkeit. Schleunigst machten wir kehrt, geradeswegs nach dem Hafen. Nun, und so kam's. Mitten auf offener See fanden wir die zierliche Puppe, die nun hier in den Kissen liegt. Krampfhaft hieltest du ein zersplittertes Holz umklammert. Unser Abyssus sieht dich und besinnt sich nicht lange. Wie ein Pfeil saust er vom Bord, faßt dich just in dem Augenblick, da deine Finger sich lösen, und schleppt dich bei den triefenden Haaren heran. Das Schifflein tanzt wie besessen; die Ruderknechte wissen nicht aus noch ein; ich bete verzweiflungsvoll zum Vater Neptunus; vom Steuersitze ruft's schon zum zweitenmal: ›Rette dich selbst, Abyssus, und laß die Verunglückte fahren!‹ Aber die Herrin befiehlt's und Abyssus ist hartnäckig, – und so hilft kein Gewinsel . . . Endlich packt er den Strick. Er umschnürt dir den Leib. So wirst du emporgezogen. Dann folgt er selbst, der todesmutige Schwimmer, halb schon betäubt, aber strahlend, daß er den Sieg gewann. Die Herrin hat ihm schweigend die Hand gedrückt; keine Silbe hat sie gesprochen: aber wir sahen, wie's dem braven Abyssus weich durch die Seele ging. Ich glaube, er hat sich die Augen gewischt – und seitdem pflegt er dich, als wärst du sein eigenes Kind.«
    »O, ich danke euch!« stammelte Acte. »Sprich, wie heißest du?«
    »Ich heiße Rabonia,« sagte die Alte.
    »Gute Rabonia! Womit hab' ich's verdient, daß ihr euch meines armen Lebens so annehmt? Mich dünkt's, als hätte ich lange, lange geträumt, recht beklemmend und herzzermalmend. Nun, da ich aufwache, ist's eine Wohlthat, ein so treues Antlitz zu schauen . . .«
    »Acht Tage hindurch lagst du im Fieber,« nickte Rabonia. »Seit gestern erst hat seine Wut sich gelegt. Jetzt aber wird uns Abyssus wohl endlich versichern können, daß die Genesung kömmt.«
    »Abyssus? Der mich gerettet hat?«
    »Der nämliche. Er ist nicht nur der Seefahrt kundig, sondern auch Arzt; und, wie ich glaube, so trefflich in diesem Fache, wie kaum der Leibarzt des Imperators.«
    Acte zuckte zusammen. Das Wort Imperator überströmte ihr Herz mit allen Schauern der Hoffnung und Sehnsucht.
    Dann plötzlich erhob sie sich in den Kissen. Ihr starrer Blick haftete wie gebannt auf den lieblich-edlen Zügen der jungen Frau, die noch immer schweigend auf sie herniedersah.
    »Foltert mich Satanas?« ächzte die Freigelassene, mit zitternder Hand auf die regungslose Gestalt deutend, »Octavia, die Gemahlin des Kaisers!«
    »Ich bin's,« versetzte Octavia gleichmütig. »Fürchte nichts! Unter dem Dach dieses Hauses findest du Schutz gegen alle Unbill der Welt.«
    »Aber kennst du mich denn?« rief Acte in trostloser Herzensangst. »Nein, du ahnst nicht . . . Wehe mir, dreimal wehe! Mußtet ihr mich dem Wasser entreißen, um die Gerettete langsam zu Tode zu martern?«
    »Beruhige dich!« sagte die Kaiserin. »Du verfällst wieder in die schrecklichen Phantasien des Fiebers.«
    »Nein, o nein!« rief Acte bewegt. »Ich bin klarer als je.« – Wie zur Bekräftigung riß sie das kühlende Tuch von der Stirne. – »Schicke die Frauen hinaus! Bei allem, was heilig ist, fleh' ich dich an, Herrin: schick sie hinaus! Wahrlich, du kennst mich nicht! Sonst würdest du nicht so gütig und so mitleidsvoll dreinschauen.«
    Rabonia und ihre Gehilfin entfernten sich.
    »Kaiserin,« stöhnte

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