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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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Pan . . .«
    »Die Geburtsstunde der götterverschlingenden Welt-Nacht,« – seufzte Poppäa. »Menschenlos, wie bist du klein und erbärmlich! Eine Ewigkeit lang waren wir nicht, – und wenn die kurze Zeit dieses Daseins vorüber ist, werden wir eine Ewigkeit lang nicht mehr sein. Was bedeutet also die Sorge, der Gram, der Jammer in dieser Zeitspanne, die uns geschenkt ist? Acte ist tot, weil das Schicksal es so gewollt hat. Eh' ein Jahrhundert verstreicht, wäre sie tot, auch wenn ihr die Götter das Leben bis an die äußersten Grenzen gnädig beschirmt hätten. Ach, und das gilt auch von uns! Der Sand im Zeitenglas des Saturn kann für uns heut noch zu Ende gehen. Wirst du dann sterblich nicht jede Minute verwünschen, die du glücklos vertrauert hast? Heute leben wir! Heute laß uns genießen!«
    Nero atmete tief.
    »Beim Styx, du hast recht!« sagte er plötzlich emporgerichtet. »Alles ist eitel, am meisten aber die Klage ums Einst.«
    Thränenfeuchten Auges sah sie zu ihm herauf.
    »Du weinst, Poppäa?«
    »Vor Freude, vor Seligkeit . . .«
    Nero umschlang sie zärtlich.
    »Heute leben wir!« seufzte er, halb schon betäubt von ihrem unwiderstehlichen Zauber. »Weib, wie du schön bist!«
    Mit gut erkünstelter Bangigkeit suchte Poppäa sich ihm zu entwinden.
    »Heute trägst du noch Rosen im Haar, – und Rosen, Rosen auf den blühenden Lippen.«
    »Laß mich, Cäsar!« flehte sie schmeichlerisch. »Denke an Otho!«
    »Soll Otho allein sich als Zeus fühlen? Dafür blüht diese unvergleichliche Io zu wonniglich.«
    Die faltige Stola war ihr von der Schulter geglitten. Mit wütenden Küssen durchflammte er den üppigen Arm, die zarte, sammetweiche Kehle, den herrlich geformten Nacken.
    »Heute leben wir!« wiederholte er, nachdem er sich endlich ersättigt hatte. »Droben die frostigen Sterne mit ihrer menschenverhöhnenden Ewigkeit, – was gehen sie uns an, wenn wir selig dahinschmelzen im Genusse des Augenblicks? Wahrlich, Poppäa, du scheinst mir Thales, Herakleitos und Plato in einer Person! Du verdunkelst den Seneca, wie die Sonne das Mondlicht. Süße Trösterin, dir folg' ich mein Leben lang!«
    Nun warf sich Poppäa, wie vom Ueberschwang ihres Glückes bewältigt, an seine Brust.
    »Nero,« hauchte sie schmachtend, »ich bete dich an!«
    Er umschlang sie von neuem. Ihre Lippen saugten sich an den seinigen fest, als wollte sie ihm das Herz aus der Tiefe der Brust holen.
    »Und Otho?« fragte er plötzlich, da der bezaubernde Mund ihn freigab. »Otho, an den mich Poppäa so strafend erinnert hat?«
    »Was frag' ich nach Otho, – nun, da ich weiß, daß Claudius Nero mich
liebt?
Einer fürstlichen Laune hätte ich mutvoll die Pflicht entgegengesetzt: deine Liebe jedoch wirft das alles über den Haufen. Ich fühle jetzt, was ich zuvor nur geahnt habe: daß Otho mir gleichgültig ist, wie ein Fremdling.«
    »Ach, und dennoch wirst du bei diesem Fremdling rasten, sein Lager, sein Leben teilen . . .«
    »Kann ich's ändern? Bin ich nicht seine Gattin?«
    Es entstand eine Pause.
    »Wann und wo sehen wir uns wieder?« fragte dann plötzlich der Imperator. »Ich meine natürlich: unter vier Augen . . .?«
    »Wann und wo du befiehlst. Aber hüte dich! Otho ist eifersüchtig, als wär er ein Greis . . .«
    Nero zuckte die Achseln.
    »Wem sagst du das, schöne Poppäa?«
    »Verstehe nicht falsch! Ich betone das nicht um deinetwillen, sondern um meinetwillen.«
    »Pah, was kann er dir anhaben? Uebrigens braucht er ja vorläufig nichts zu wissen. Ich rede mit Tigellinus. Der soll ihn schon anderweitig beschäftigen. Wahrlich, Poppäa, du entweihst mir im voraus das unerwartete Glück, wenn du so kleinliche Furcht bekundest.«
    »Ja, du hast recht,« sagte sie frohmütig. »Mag da kommen, was will: ich bin deine Sklavin . . .«
    »Meine Führerin,« verbesserte Nero, »meine reizende Lehrmeisterin im Vollgenusse des Daseins.«
    »So sei es! Und ich hoffe bestimmt, der jugendstrahlende Schüler soll morgen bereits vergessen, daß er jemals getrauert hat. Früh nach dem ersten Imbiß findest du mich dort drüben im Gartenhaus . . .«
    »Ich komme, du himmlische Aphrodite! Ach, ich vergehe vor Sehnsucht! Einmal noch laß dich hier an das Herz drücken!«
    »Horch! Schritte!« sagte Poppäa.
    »Fernab! Einen Kuß noch, Geliebte! So! Und nun brechen wir auf! Der zweite Teil des Gelages muß jeden Augenblick seinen Anfang nehmen.«
    Ein lauter Drommetenstoß klang, jede Stimmung verscheuchend,

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