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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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grell durch die bläuliche Sommernacht.
    Poppäa und Nero traten Hand in Hand von der epheuumrankten Mauer zurück und schlugen schweigsam den Rückweg nach der Festtafel ein.
    Im Busen des jungen Weibes jauchzte es wie von Triumphgesängen.
    Otho, der nüchterne, öde, abgeschmackte Geselle, er sollte nun fühlen, was eine Poppäa vermag, die sich von Claudius Nero geliebt weiß!
    Nero selber – das stand ihr so fest, wie der Glaube ans ewige Nichts – würde dereinst sie zur Lösung ihres verhaßten Ehebunds hindrängen. O, sie wollte ihm, wenn er vom Glück ihrer Liebe erst gründlich berauscht war, schon ausmalen, wie sinnlos glühend ihr Gemahl sie begehrte . . . Die Eifersucht und der fürstliche Stolz des Kaisers mußten geweckt, sein Herz mußte zermartert werden, bis er aus eigenstem Antriebe ihre Scheidung verlangte. War sie erst frei, dann würde sie zusehen, wie ihre Stellung sich weiter befestigen ließ, und ob sie – der Gedanke kam ihr erst heute – den Kaiser bewegen könnte, im Widerstreit gegen die allgefürchtete Agrippina, die glühend gehaßte Octavia aus dem Wege zu räumen.
    Poppäa Sabina konnte nicht sprechen: so tobte das Hochgefühl des erwarteten Sieges in ihrer ehrsuchterfüllten Brust, die weder Liebe empfand, noch selbst die naiv-brutale Sinnlichkeit einer Septimia. Poppäa liebte nur sich, und dieser Eigenliebe hätte sie alles, auch das Heiligste, blindlings zum Opfer gebracht.
    Nero indes bemerkte kaum, daß sie schwieg. Seine Gedanken jagten sich, wie die Wolken in jener stürmischen Nacht, da man die unvergeßliche Acte aus ihrer Villa entführte. Er kam sich vor wie ein Verräter an der Vergangenheit.
    Wer Acte besessen, konnte der noch ein Glück von Poppäa hoffen?
    Ferner: war nicht Otho – nächst dem Agrigentiner – sein bester Freund? Und diesen Freund betrog er nun um das Liebste. Dem arglos Vertrauenden grub er den Boden unter den Füßen weg; er bewies ihm punische Treue, während Otho ihm voll Zärtlichkeit anhing . . .
    Bald jedoch überkam ihn wieder die alte Bitternis, der unversöhnliche Groll wider das Fatum.
    Wenn er dem Freund die Gemahlin entfremdete, wohl, so that er genau das gleiche, was die unsterblichen Götter an ihm gesündigt. Dieser sogenannte allgütige Jupiter hatte ihm Acte geraubt, ohne zu fragen, ob ihm das Herz bei diesem Eingriff in Stücke brach. Jetzt spielte Nero selber den Jupiter. Diese Vertauschung der Rollen schien ihm nur billig. Auch war es ja, bei Lichte betrachtet, Poppäa selber gewesen, die sich ihm angetragen. So machte er nur von dem selbstverständlichen Rechte Gebrauch, das zu ernten, was ihm gesät wurde.
    Und vor allem: ›Heute nur leben wir!‹ Ihre eigene Sirenenstimme hatte das Wort ihm ins Ohr geflüstert. Her mit dem schäumenden Becher! Schlürfe ihn aus bis zur Trunkenheit! Frage nicht, ob ein andrer verdurstet, während du schwelgen darfst! Schämt sich etwa Fortuna? Weshalb, zum Henker, hat sie so wenige auserwählt? Otho, wenn er Poppäa verlor, hatte nichts Besseres verdient. Hohn und Spott nur blieben sein Erbteil. Ach, der Erbärmliche! Menelaos, der Fürst der Achäer, konnte doch Krieg führen wider den Räuber seiner Gemahlin. Otho aber, der Tropf, – was vermochte er gegen die Allgewalt seines Kaisers? Die Prätorianer waren ein besseres Bollwerk, als die Mauern von Ilion. Der arme Betrogene mußte sich fügen, wenn's ihn nicht etwa gelüstete, blindlings, wie ein rasend gewordener Stier, in die Speere zu rennen.
    Nero seufzte.
    Die Prätorianer! Mit dem ersten Verstoße wider sein Rechtsbewußtsein fühlte er auch die Notwendigkeit dieses ehernen Schutzwalls. Bis dahin hatte er niemals darüber nachgedacht.
    Die Giftblume der Tyrannei war im Wachsen.
     

Zwölftes Kapitel
     
    Der Sommer zu Bajä schloß in der nämlichen Tonart, in der er begonnen hatte.
    Ein Fest jagte das andre, dank den wohlerwogenen Plänen des Tigellinus und der Poppäa, die sich's zum Ziele gesetzt, den Imperator nicht zur Besinnung kommen zu lassen. Dabei wußten sie die Sache doch so einzurichten, daß keinerlei Uebersättigung eintrat.
    Nervenerquickende Lustfahrten über den nächtlichen Golf, wo außer dem Klang der Ruder kein Laut ans Ohr schlug, unterbrachen häufig genug die lange Reihe der prunkvollen Schaustellungen, Spiele und Wettkämpfe.
    Auch hatte Poppäa jetzt, nachdem sie den Kaiser völlig ins Garn gelockt, wohl dafür Sorge getragen, daß ihm nicht übermäßig der Schlaf gekürzt wurde. Ohne weniger

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