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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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Da kommen Sie. Mir graust nicht vor der schweigsamen Totenurne. – Im Reiche des Nero ist dies Leben kaum eine Thräne wert.«
    Die tapferen Menenier wichen und wankten nicht. Bis an die Augen deckten sie sich mit den wuchtigen Schildern, die noch soeben als harmloser Schmuck an den Wänden geprangt. Nicht umsonst hatten die beiden Brüder im Feldzug wider die Parther gekämpft. Ihre machtvoll geschwungenen Schwerter säten Verderben.
    Endlich jedoch ward der Ansturm zu heftig. Die Prätorianer, müde, sich einzeln abschlachten zu lassen, drängten mit unwiderstehlicher Macht vor. Sie warfen die beiden Brüder zurück in den Säulenhof, und hatten nun freie Hand.
    In der nächsten Sekunde fiel Didius, von zwei Klingen auf einmal durchbohrt.
    »Es lebe das Vaterland! Nieder mit den Tyrannen!«
    Das waren die letzten Worte des Sterbenden.
    »Halt!« rief Pallas, der die Ausbeute seiner Entdeckung gefährdet sah, wenn auch Lucius getötet wurde. »Schont ihn! Lucius Menenius, ergib dich!«
    »Niemals!«
    »Tausend Denare demjenigen, der ihn entwaffnet!« schrie der geängstigte Pallas noch lauter.
    Es entstand eine Pause. Mit keuchender Brust stand Lucius Menenius drei Schritte weit von den Angreifern, den Schild auf die Marmorfliesen gestemmt, den blutigen Stahl in der Rechten, jede Bewegung der Prätorianer beobachtend, und gewillt, den ersten, der sich ihm nähern würde, über den Haufen zu stoßen.
    Plötzlich, das Verzweifelte seiner Lage erkennend, warf er den Schild weg und hielt sich das Schwert vor die Brust, um sich, wie weiland Quintilius Varus, hineinzustürzen.
    In demselben Moment jedoch hatte einer der Prätorianer mit tollkühnem Sprunge sich über ihn her geworfen.
    Lucius Menenius taumelte rückwärts. Die Klinge, die den Soldaten rechts an der Weiche schwer verwundet hatte, brach in zwei Stücke.
    Eine Minute später war der Verschworene gefesselt.
    »Pallas,« rief Lucius Menenius, »handle vernünftig und töte mich!«
    »Werde mich hüten! Erst auf die Folter mit dir, und dann magst du abwarten! Die Gnade der Agrippina stellt dir vielleicht anheim, die Art des Todes dir selbst zu wählen.«
    »Was ihr erfahren sollt, das kann ich hier gleich bekennen. Mehr aber wird auch die grausamste Folter mir nicht erpressen.«
    »Wohl, so rede!« schmunzelte Pallas, höchlich erfreut über die Aussicht, seiner Gebieterin etwas Genaueres vermelden zu dürfen.
    »Ich werde sprechen, dafern du mir eine Gunst gewährst. Sie ist arm und gering. Willst du?«
    »Laß hören!«
    »Gib mir die Hände frei! Diese Ketten zerfleischen mich. Du siehst ja wohl, daß ich ganz ohne Waffen bin. Mit diesem Strick um die Kniee werd' ich euch niemals entweichen können.«
    Pallas willfahrte ihm, nachdem ihn die Prätorianer durchsucht hatten, ob er nicht doch einen Dolch unter den Kleidern trage.
    »Vernimm denn,« sagte Lucius Menenius, »und berichte es deiner allmächtigen Auftraggeberin Wort für Wort! Ich erkläre mich schuldig, zu den Häuptern einer Verschwörung zu zählen, die sich tausendfältig bis in die äußersten Winkel Italiens verzweigt, und die das glorreiche Ziel verfolgt, den bübischen Imperator, seine schurkische Mutter und die ehrsuchtgeile Poppäa Sabina aus dem Wege zu räumen.«
    »Dafür haben wir die Beweise in Händen.«
    »Das habt ihr nicht, hochmögender Pallas. Ihr kennt keinen der Mitverschworenen: sonst hättet ihr sie in aller Gemütlichkeit bei Tage verhaften lassen. Das Geständnis, das ich dir ablege, soll die Verbrecher der Hofburg mit fröstelnder Angst erfüllen: denn sie lieben dies vergängliche Leben, das ich und meine Gefährten geringschätzen. – Auch weiß ich ja nur zu genau, daß im Reiche des Bluthunds schon der bloße Verdacht zu meiner Verurteilung ausreicht. Deshalb leugne ich nicht. Einige Kampfgenossen sind hier bei mir gewesen, wohl vermummt, von keinem unsrer Sklaven erkannt. Du begehrst ihre Namen? Das wäre so was! Vielleicht entspreche ich deinem Wunsche, vielleicht auch nicht. Wo gedenkst du mich hinzubringen?«
    »Ins Staatsgefängnis,« erwiderte Pallas, verblüfft durch den unerwarteten Ton seines Gefangenen.
    »Gut. So befiehl nur dem Kerkermeister, daß er mir eine würdige Bettstatt bereitet, und mir ausnahmsweise die Toga beläßt. Kommst du dann morgen und fragst mit gebührender Höflichkeit, so will ich schon zusehen, was ich erwidere.«
    Pallas verbarg nur mit Anstrengung seine Triumphgefühle. Er hätte laut aufjubeln mögen inmitten seiner Bewaffneten.

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