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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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Bube mich an, da ich eh'vorgestern zu Anfang der zweiten Vigilie von Didius heimkehrte. Ich erkannte ihn trotz der Kapuze; ebenso den räudigen Hund Tigellinus. Sie waren fünf, wir drei: aber wir hieben sie! Da pfiff der Erlauchte, und plötzlich hörten wir Waffengerassel. Von der curischen Gasse her kamen die Prätorianer. Ich versetzte dem Tigellinus noch einen saftigen Bauchschlag. Dann rasten wir um die Ecke.«
    »Freue dich, daß du noch fremd bist,« sagte Menenius der Jüngere. »Wüßte der Agrigentiner, wer ihm so mitgespielt, er machte dir augenblicklich den Majestätsprozeß. – Aber die Zeit rückt vor: wir dürfen nicht weiter abschweifen. Julius Vindex, berichte uns, was du neues gehört!«
    Julius Vindex erhob sich. Die Linke am vergoldeten Schwertknauf, begann er wie folgt: »Ich war also vor einigen Tagen in Luna am Flüßchen Macra. Dort traf ich, wie lange vereinbart, mit Giso, dem Sohn des Lollarius, zusammen. Es reiste als Bauunternehmer; wenige Meilen von dem Städtchen entfernt liegen ja die gewaltigen Marmorbrüche. Wir verstanden uns rasch. Salvius Otho konnte uns keinen gewandteren Botschafter senden, als diesen blondhaarigen Chatten. Was Otho uns mitteilen läßt, klingt erfreulicher, als die Stimmungsberichte aus dem Lager der Prätorianer. Zahlreiche Centurionen und Militärtribunen hat er bereits gewonnen. Giso meinte, in Lusitanien würde der Aufstand heute schon möglich sein.«
    »Lusitanien, wenn es allein steht, ist nur ein Piedestal ohne Bildsäule,« meinte Scevinus.
    »Das denke ich auch,« bestätigte Vindex. »Also, um ganz und gar bei der Sache zu bleiben, noch eins: Otho erklärt sich mit aller Entschiedenheit
gegen
die Absicht der Truppen, die ihn zum Kaiser ausrufen wollen. Er fürchtet, die Rebellion, die doch lediglich eine Handlung strengster Gerechtigkeit sei, möchte sonst aussehen wie die That eines verwerflichen Ehrgeizes. Ich muß ihm vollständig beistimmen. Soll nicht die Lauterkeit unsrer Beweggründe schmählich verkannt werden, so darf keiner von uns nach der Herrschaft trachten.«
    »Keiner!« klang es im Kreise. Nur Pharax schwieg. Er mochte so seine eigenen Gedanken haben. Ihm hatte ja auch kein Wahrsager prophezeit, daß er einst von der hoheitsstrahlenden Agrippina ›mein süßer Junge‹ und ›ach, du wonniger Liebling‹ genannt werden sollte! Wer durfte sich da erdreisten, dem Aufschwung dieses begnadeten Adlers eine Grenze zu stecken? Pharax Cäsar – das klang gar nicht so unwahrscheinlich; und wenn er's erreicht hatte, wenn er alltäglich Tausende unter die Prätorianer verteilen und sämtliche Eselshufe Italias vergülden konnte: dann wollte er auch die rotgelockte Pantherin züchtigen und sie gerade so in die Enge treiben, wie Nero seine Gemahlin Octavia. Die reizende Hasdra, die er so voreilig aufgegeben, war dann sicher nicht abgeneigt, bei Pharax dem Weltbeherrscher die Rolle der schönen Poppäa Sabina zu spielen . . .
    Sein Auge strahlte bei diesem Zukunftstraum: man konnte ihm die gaukelnden Hirngespinste fast vom Gesicht lesen.
    »Genossen,« fuhr Vindex fort, »ich werde also dem Giso vermelden, daß ihr die Anschauung Othos teilt. Das wird ausreichen, die Halsstarrigkeit der Offiziere zu brechen. Eine Persönlichkeit, die dem Thron des Augustus zur Zierde gereichen würde, besitzt Roma in Cnejus Calpurnius Piso . . .«
    »Oder in Galba,« sagte Lucanus.
    »Wie ihr beschließt! Beide sind Ehrenmänner und heimliche Todfeinde dieser unglaublichen Schandregierung. Auch zweifle ich keine Sekunde an Pisos Bereitwilligkeit, falls wir erklären können: die Bahn ist geebnet. Hierzu ist nötig, daß wir wenigstens eine Kohorte der Leibwache . . .«
    Das Wort erstarb ihm plötzlich zwischen den Lippen. Die Verschworenen fuhren von ihren Sitzen empor, als hätte ein Erdstoß das Haus erschüttert. Todbleichen Angesichts lauschten sie in der Richtung des Atriums.
     

Vierzehntes Kapitel
     
    Was die Genossen des Lucius Menenius so mit Schrecken erfüllte, war eine Reihe sonderbarer Geräusche; vor allem ein heftiger Wortwechsel, der mit unheilverkündender Klarheit durch die schweigsame Nacht scholl.
    Der Thürhüter Romäus, der seit kurzem mit einer der niedlichsten Sklavinnen des Nachbarhauses zärtliche Beziehungen unterhielt, hatte auf das bekannte schüchterne Pochen seiner Geliebten hin vorschriftswidrigerweise geöffnet, so energisch man ihm die äußerste Sorgsamkeit gerade für diese Nacht auf die Seele gebunden.
    Das

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