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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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Mädchen aber, das scheinbar so gluterfüllt zu ihrem Anbeter in die Zelle schlüpfte, war von den Spähern der Kaiserin-Mutter erkauft.
    Eh' der Ostiarius begriff, daß die reizende Schlange ihn überlistet hatte, drängte sich Pallas, der Vertraute der Agrippina, mit fünfzehn Bewaffneten in den Thürgang.
    Verzweifelt stemmte sich nun Romäus, von den Sklaven des Atriums unterstützt, den Bedrängern entgegen.
    Er rief mit Donnerstimme das jüngst noch erneute Gesetz an, demzufolge es streng untersagt war, einen römischen Bürger, selbst wenn er der schwersten Unthat verdächtig war, zur Nachtzeit in seinem Daheim zu belästigen.
    Umsonst.
    »Gib Raum,« erwiderte Pallas, »oder ich spieße dich auf!«
    »Vorwärts!« schrieen die Prätorianer.
    Dazwischen tönte ein heiseres Gebell, dem plötzlich ein Wutgekläffe und gleich danach ein fürchterliches Geheul folgte.
    Der große Molosserhund, der links an der dritten Kolonne lag, hatte sich losgerissen und einen der Prätorianer scharf bei der Gurgel gepackt. Ein Schwertstoß in die zornerzuckende Weiche streckte das schäumende Tier auf die Steinfliesen. In das Wimmern des verendenden Hundes mischten sich das Dröhnen der Rundschilde, der zehnmal erneute Mahnruf der Sklaven, die wilde Beteuerung, Menenius sei nicht zu Hause, die barschen Befehle des Anführers.
    Unterdes hatten sich die Verschworenen doch nicht völlig verblüffen lassen.
    »Verrat!« schrie Lucius Menenius, nachdem die Lähmung der ersten Sekunden vorüber war. »Das Schicksal hat es beschlossen! Rette sich, wer da kann! Ich werfe mich den Schurken entgegen, sie aufzuhalten!«
    Da die Genossen sich unschlüssig zeigten, rief er noch einmal gebieterisch: »Flieht – um der Sache willen! Ihr seid Rom: wenn ihr jetzt dahinsinkt, stirbt die Freiheit des Vaterlandes für allezeit. Mir aber ist nicht zu helfen. In meiner Wohnung hat der Tyrann uns entdeckt; ich bin gezeichnet; er würde mich dingfest machen, und fände ich Zuflucht bei den Sarmaten.«
    »Ich kämpfe an deiner Seite,« sagte der ältere Menenius. »Ich, als dein Bruder, wäre verdächtig wie du.«
    »Fort, fort!« drängte Julius Vindex die Zögernden. »Wollt ihr ein Volk befreien, so müßt ihr auch lernen, euren Mannesstolz und das leicht bewegte Herz zu bezwingen. Dieses herrliche Brüderpaar ist beneidenswert. Vielteurer Lucius, und du, hochsinniger Didius, wir werden eurer gedenken, solange wir atmen. Bezeug es mir, allmächtiger Jupiter: an ihrer Stelle würd' ich das Gleiche wagen!«
    Gezückten Schwertes eilten nun die Verschworenen dem Posticum zu, während Pallas mit seinen Trabanten vom Atrium her in das Peristyl eindrang.
    »Verwünscht!« murmelte Flavius Scevinus. »Hier flüchten zu müssen, anstatt loszuschlagen wie der gätulische Leu, den die Meute hetzt! Ha, das kömmt wie gerufen!«
    Der letzte Ausruf klang wild-überrascht. Er bezog sich auf den urplötzlichen Anblick einiger Prätorianer, die Pallas an der Rückwand des Hauses, dicht neben dem Posticum, aufgestellt hatte.
    »Zurück!« brüllte der vorderste, und streckte den Verschworenen das Schwert entgegen.
    Ein furchtbarer Hieb des greisen Flavius Scevinus war die Antwort auf dieses ›Zurück!‹ Der Helm des Getroffenen barst entzwei, wie eine wurmstichige Walnuß. Die Klinge senkte sich ihm zwei Zoll tief in das Gehirn. Lautlos brach er zusammen.
    Auch dem zweiten der Prätorianer machte die Riesenkraft des erbitterten Flavius den Garaus.
    Die beiden übrigen fielen unter den Schwertern des Pharax, des Julius Vindex und des Dichters Lucanus, während der kurze, etwas unbehilfliche Osker Velinus trotz aller Tapferkeit nicht zur Entwickelung gelangte.
    Das ganze Gefecht hatte kaum zwei Minuten gedauert. Die Verschworenen entkamen. Nicht einer hatte eine Verwundung empfangen, bis auf den hoffnungsfreudigen Pharax, dem die feindliche Klinge den Hals beinah vom Rumpf trennte. Als Julius Vindex sich zu ihm niederbeugte, war das Leben bereits erloschen. Ein jähes Ende für die weltbewegenden Hochgedanken des Pharax-Cäsar! Man mußte ihn, allen Geboten der Pietät zuwider, bei den Leichen der Prätorianer zurücklassen, wollte man nicht das Schicksal der ganzen Verschwörung aufs Spiel setzen.
    Lucius und Didius Menenius hatten indes am Ausgang des Korridors, der vom Atrium nach dem Peristyl führte, Stellung genommen.
    »Wenn es ein Jenseits gibt, so bewahre mir auch dort deine Liebe!« murmelte Lucius, dem Bruder die Linke reichend.
    »Und du mir die deine!

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