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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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mit Unehrbarkeit und Leichtsinn. Viele, sehr viele würden sich glücklich schätzen, ihre Sünden mit dir zu teilen; denn du bist mächtig und reich, und etwas vom Glanze der weltbeherrschenden Hofburg fällt auch auf die Geliebte des Pallas. Ich aber verachte solche Erhebung, die in Wahrheit doch nur Erniedrigung ist. Ich verachte sie: einmal weil mir der Abscheu vor solcher Verirrung unüberwindlich im Blute liegt; dann aber, weil Jesus Christus von Nazareth, dem ich von Herzen anhange, die Tugend lehrt und die Reinheit im Sinn und im Wandel.«
    Pallas schwieg eine Weile. Dann versetzte er zögernd: »Du sagst mir nichts Neues, Acte. Gleich von Anbeginn war zu vermuten, das junge Mädchen, das für den Nazarener um Gnade flehte, sei Nazarenerin. Dann aber erfuhr ich's von Nicodemus. Ich hatte bemerkt, daß ihr beide in Beziehungen steht; ihn kannte ich, da ich ihn mehrmals bei Seneca traf . . . Wisse also, daß deine hochgemute Erwiderung mich keineswegs überrascht. Dennoch war sie verfehlt.«
    »Wieso?«
    »Weil du zurückweisest, ohne geprüft zu haben. Acte! Ich sehe dich jetzt zum drittenmal. Vorgestern im Hause des Nicodemus hatte ich vollauf Gelegenheit, dich zu beobachten . . . Ich stand, ohne daß du es ahntest, mit dem graulockigen Sonderling im Tablinum. Wie ein junges Reh huschtest du über die Fliesen; du sprachst mit den Sklaven, und jedem gönntest du ein freundliches Wort; du besprengtest die Spätrosen am Rand des Impluviums; du streutest den Tauben Körner und Brosamen; du gossest sogar von dem Lichte, das dich umfließt, einen Strahl in die Seele des alten Hundes, der halbgelähmt vor dem Bassin lag, und schweifwedelnd zu dir aufschaute. Nun war's beschlossen: bei nächster Gelegenheit wollt' ich dir sagen, wie sehr ich das Tier beneide, das deine beglückende Nähe genießt; ich wollte dir sagen . . . Aber was hast du?«
    »Nichts, nichts!« stammelte Acte. »Ein dummer Gedanke . . . eine Erinnerung . . .«
    Sie hatte die Hand wie eine Taumelnde vor die Augen gepreßt. Jetzt, da sie merkte, daß Pallas ihr von echter und wahrhaftiger Liebe sprach, stellte sich ihrer Phantasie plötzlich ein Bild, so greifbar, so deutlich, daß sie laut hätte aufschreien mögen: das Bild des Cäsars, wie er zum erstenmal sagte, daß er sie reizend finde. Und mit diesem Bilde kam ein beklemmender Krampf, ein süßbetäubender Schmerz, der sie beinah zu Boden geworfen hätte.
    Als sie sich wieder gefaßt hatte, fuhr Pallas mit wachsender Inbrunst fort: »Ich will nicht hoffen, daß meine Worte es waren, die dich erschreckt haben. Bin ich zu stürmisch gewesen? Aber in meinem Alter hat man nicht Zeit, wochen- und monatelang zu werben. Gerade heraus: Pallas der Vertraute der Kaiserin, der Furchtbare, wie du ihn selber genannt hast, – er begehrt dich zum Weibe. Hörst du, Acte? Zur gesetzlichen Ehefrau, nicht zur Geliebten! Was gibst du zur Antwort?«
    »Daß ich ihm danke,« flüsterte Acte, zur Erde schauend, »und daß ich ihn bitte, mir zu verzeihen, wenn ich trotz alledem Nein sage.«
    »Sprichst du im Fieber?«
    »Keineswegs, Herr! Eben weil ich so klar überlege, find' ich den Mut, diese Ehre zurückzuweisen. Ein Mädchen, wie ich, paßt nicht zu dem vornehmen Kavalier . . .«
    Er legte ihr kopfschüttelnd die rechte Hand auf die Schulter. Funkelnden Blickes maß er die schlanke Gestalt, die vor Aufregung bebte.
    »Muß ich dir sagen, daß du nur allzugut zu mir passest? Muß ich mich demütigen? Weißt du nicht, daß ich selber von unfreier Geburt bin? Antonia, die Mutter des Kaisers Claudius, schenkte mir vor Jahren die Freiheit, – und durch eigene Kraft bin ich geworden, was mir ganz Rom jetzt beneidet: der Vertraute der göttlichen Agrippina.«
    »Ja, ich weiß,« versetzte das Mädchen. »Trotzdem – die Kluft ist unübersteiglich. Welch traurige Rolle würde ich spielen in dem glänzenden Kreis des Palatiums! Mir schwindelt, wenn ich nur daran denke.«
    »Mit niemand hättest du den Vergleich zu scheuen.«
    »Nein, nein, – der Gedanke ist mir entsetzlich. Und dann, Herr: ich sagte dir schon, daß ich nur eine Seele, aber kein Herz besitze. Ich liebe dich nicht, und ohne Liebe dein Weib zu werden, das wäre doch ein Verrat an dir selbst.«
    Pallas krauste die Stirn. Auf diese unzweideutige Ablehnung war er denn doch nicht gefaßt gewesen. Seine Eitelkeit blutete.
    »Mädchen,« sprach er nach einer Weile, »du gebärdest dich wie von Sinnen. Töchter von Senatoren hab' ich in

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