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Nero

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Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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diesen Armen gehalten –
ohne
umständliche Zeremonie –, und du weigerst dich, als rechtmäßige Gemahlin mein Leben und meine Stellung zu teilen? Du bist ebenso wahnwitzig mit deinem kindischen Zögern, wie ich mit meinem unerhörten Entschluß dich zu heiraten. Aber ich kann's nicht ändern: ich war wie besessen bei deinem Anblick, und jetzt, da du mir weigerst, was du mit Dankesthränen mir in den Schoß werfen solltest, – jetzt fühle ich um so klarer, daß ich nicht von dir lassen kann. Ueberlege dir's, Acte! Der Vertraute der Kaiserin ist nicht der erste Beliebige, und wer nicht sein Glück frohmutig beim Schopfe ergreift, der jammert nachher vielleicht ein ganzes Dasein hindurch nach dem einen thöricht vergeudeten Augenblick. So: nun gehab dich wohl! Drüben am Reitweg wartet meine Gefolgschaft.«
    Er nickte ihr bedeutungsvoll zu. Dann verschwand er zwischen den Myrtenhecken.
    Der Tag hatte sich inzwischen geneigt. Die Stunde der Coena war längst vorüber. Die Scharen der Sänften und Fußgänger, die so lebensvoll durch die breiten Alleen gewogt, hatten einer gewissen Oedigkeit Platz gemacht, deren Wirkung durch das glutvolle Rotgold der Abendbeleuchtung erhöht wurde.
    Acte gewahrte jetzt, daß sie im Weiterschreiten die älische Brücke erreicht hatte. Unwillkürlich betrat sie den marmorgepflasterten Seitenstieg, wandelte bis zur Mitte, und blieb dann, über den Rand der Brüstung gebeugt, stehen. Hier, von der Höhe des Hauptbogens, stürzten sich alljährlich Hunderte hinab in die Tiefe, – Lebenskranke, denen der Inhalt des Daseins verloren gegangen, Elende, die des unablässigen Ringens mit den Gewalten des Schicksals müde geworden . . . Drunten rauschte und wogte die gelbliche Flut, wie eine unheimlich flüsternde Lockung. Die schaumigen Wirbel drehten sich, bald schwellend, bald nachlassend, mit der Regelmäßigkeit gewaltiger Atemzüge. Welle auf Welle quoll zwischen den quadergetürmten Pfeilern hervor, und Welle auf Welle glitt, allmählich ebbend, ins Weite, bis sie im gleichförmigen Einerlei des breitrollenden Stromes verloren ging.
    »Wie wohl das thut!« flüsterte Acte, die Stirn auf die Handfläche stützend. »Das kommt und schwindet, – und so stürmisch es toben mag, es glättet sich dennoch, und beruhigt fließt es dem Meere zu.«
    Nun starrte sie lange nachdenklich auf die eine Stelle am Mauerwerk, wo die Strudel am höchsten emporschäumten, bis ihr zu Mute ward, als ob die Brücke mit ihr und allem, was sich darauf befand, glatt und geräuschlos nach rückwärts dahinschwimme. Es war ein unbeschreiblich süßes Gefühl, eine Schlaffheit, die ihrer Seele nach so vielen Erregungen die gleiche Erquickung gewährte, wie ein tiefer Schlummer dem Leibe.
    Die Sonne war untergegangen, als Acte sich endlich, ihrer Verpflichtungen eingedenk, auf den Heimweg begab.
    Mit hastigen Schritten wandte sie sich in südöstlicher Richtung und erreichte nach vierzig Minuten den Vicus Longus, die ›Lange Straße‹, die den viminalischen Hügel vom qnirinalischen trennte.
    An die kaum bemerkliche Böschung des ersteren angelehnt, stand hier das wohlgebaute, stattliche Haus des Lucius Nicodemus, der, in der vierten Generation von Lacedämoniern abstammend, nach Sitte und Lebensgewohnheit durch und durch Römer war.
    Acte fürchtete schon, ihr heißblütiger Patronus würde sie ungnädig empfangen, denn sie war über Gebühr ausgeblieben, und Nikodemus, getreu der frommen Strenge der Nazarener, hatte ihr noch jüngsthin gegrollt, da sie mit einer der Dienerinnen um die Stunde des Dämmerns am Ostium gestanden. Auch die Ungeduld konnte ihn peinlich erregt haben.
    Nicodemus jedoch, weit entfernt, ihr ein tadelndes Wort zu sagen, strahlte bei ihrem Anblick. Er hatte im Atrium auf sie gewartet. Dicht am Thürweg nahm er sie in Empfang und führte sie am Tablinum vorüber ins Peristyl. Aus dem Speisezimmer glänzten die Lampen. Die Familie hatte vor zwei Stunden bereits das Mahl genommen: der Hausherr, die Hausfrau, eine Tochter und sieben ehemalige Sklaven und Sklavinnen, die von ihrem Gebieter sämtlich mit der Freiheit beschenkt worden waren; denn die Lehre des Heilandes widersprach der persönlichen Knechtschaft zu schroff, als daß selbst ein Mann von dem starren Charakter des Nicodemus das staatliche Institut der Unfreiheit hätte verteidigen mögen. Zudem waren sämtliche Hausgenossen von ihm selber bekehrt und getauft worden: er konnte also nicht thatsächlich die Ketten bestehen lassen,

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