Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
Vom Netzwerk:
die den Hochsitz des Imperators im Cirkus nachahmte, reihten sich in stattlichen Halbkreisen die polsterbedeckten Sitze für die übrigen Zuschauer. Aber auch jenseits dieser beinah geschlossenen Rotunde, mehr nach dem Mittelwege des Gartens hin, fanden sich Plätze für etwaige unruhige Geister, die das Wandeln durch die frühlingsduftigen Parkanlagen vorziehen und nur für Augenblicke bei einer besonders glänzenden Nummer sich ansiedeln möchten, – zierliche Bronzestühle mit brandroten Lederkissen, sigma-gestaltete Sofas und wohlige Ottomanen.
    Vor jedem Sitze trug ein kostbares Monopodium mit elfenbeinernem Untergestell die goldgeränderten Trinkschalen, frische Kränze, und je ein Körbchen voll picentinischen Kuchens, sowie eine zierliche Spartgrasdecke mit ionischen Feigen und campanischen Mandeln.
    Farbig gekleidete Sklaven huschten geräuschlos einher, um die Becher zu füllen oder sonstigen Wünschen der Eingeladenen mit unterwürfiger Hast zu entsprechen.
    Eine Abteilung Prätorianer stand als Ehrenwache zu beiden Seiten der kaiserlichen Tribüne; darunter auch Pharax, dessen kluges Gesicht von den Alltagsköpfen seiner Genossen vorteilhaft abstach. Die übrigen Soldaten der Leibwache hatten sich scheinbar ohne Berechnung da und dort bescheidentlich aufgestellt, oder hielten sich noch im großen Triclinium des Hauses auf, wo ihnen Milichus, der Obersklave des Flavius Scevinus, nomentanischen Landwein kredenzte.
    Es währte fünf oder sechs Minuten, bis die schöne Kitharaspielerin Chloris aus dem Zelt in der Nähe des Posticums heraus in den Kreis trat und mit vollem Griff in ihr Saitenspiel einen hellenischen Hymnus anstimmte.
    Noch lauschten die Gäste mit halbem Ohre; der kleinste Teil erst des Publikums hatte sich niedergelassen; darunter freilich die Kaiserin-Mutter und die ernste Octavia.
    Aber auch diese schienen zerstreut.
    Die junge Kaiserin schaute forschend nach ihrem Gemahl aus, der mit dem Agrigentiner weit abseits am Stamm einer Pinie lehnte und nicht die mindeste Lust zeigte, den ihm gebührenden Platz zwischen Mutter und Gattin so frühe schon einzunehmen.
    Auch der armen Octavia war aufgefallen, daß Nero seit einigen Tagen doppelt verstimmt, ja geradezu trübsinnig und von Kämpfen durchtobt schien . . .
    Hätte er doch sein Herz ihr, die sie ihn liebte, rückhaltslos offenbart!
    Aber er gönnte ihr nie auch nur den leisesten Einblick in seine Kümmernis, – und wenn sie ihn, ganz ohne Ahnung von dem, was ihn bewegte, fromm auf die Götter verwies, dann krauste sich die Stirne des Imperators in verdoppelter Schwermut, und die Lippen umzuckte es heimlich wie verzehrender Hohn, ja wie Haß und Vernichtungsgier.
    War er denn wirklich ein Feind der Götter? Oder hatte nur sie das Unglück, mit jeder noch so gütig gemeinten Silbe sein Mißfallen zu wecken? War sie im Ernste das Bleigewicht, das den jugendkräftigen Adler am Aufschwung in die reine Höhe des Selbstgenügens verhinderte?
    Die Thränen traten ihr in die Augen. Mit dem eigenen Verhängnis beschäftigt, nahm sie nicht wahr, daß Agrippina noch immer totenbleich das Haupt in die Hand stützte und leise die Lippen bewegte. Der Trinkspruch des Flavius Scevinus wühlte in diesem ehrgeizerfüllten Gemüt wie ein rasendgewordener Skorpion. Aber schon hatte die tödlich beleidigte Fürstin auf Rache gesonnen. Das Lächeln, das von Zeit zu Zeit ihre Nasenflügel vibrieren machte, trug halb schon den Stempel eines widerlichen Triumphgefühls.
    Jetzt trat Burrus zu ihr heran und die Züge der Kaiserin-Mutter hellten sich plötzlich auf. Sie war eine Meisterin der Komödie. Burrus, der Oberst der Prätorianer, durfte nicht ahnen, was sie beschäftigte.
    »Du hast recht, Burrus,« sagte sie huldvoll. »Dieses Mädchen ist ein starkes Talent. Ich war ganz versunken in die Flut ihrer Töne . . . Da – nun ist der Hymnus zu Ende.«
    Man klatschte der schönen Kitharaspielerin Beifall. Sie verneigte sich artig, ohne indes nach dem Zelte zurückzukehren.
    Die Sitzreihen füllten sich jetzt; nur noch einige vierzig Personen schritten allein oder paarweise durch die Laubgänge, oder verharrten abseits von dem festlichen Zirkel aus den Bronzestühlen und Sigmas, eifrig in ihre Gespräche vertieft.
    Zu diesen letzteren gehörte auch Otho, der seine Gattin Poppäa halb zärtlich, halb eifersüchtig bei den Händen gefaßt hielt und ihr Vorwürfe machte, daß sie dem übelberufenen Sophonius Tigellinus gar zu huldvoll entgegenkomme.
    »Du

Weitere Kostenlose Bücher