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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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eiligst empor und legten sich die Tragriemen über die Schultern.
    Nero schmiegte sich in die Polster.
    Phaon stand am Seitenrande des Tragbetts; auch die Obersklaven des Atriums und einige Sklavinnen drängten sich dienstbeflissen heran.
    Der Kaiser warf eine Handvoll Goldstücke unter die Leute, nickte den üblichen Abschiedsgruß der römischen Großen, und befahl dann mit energischer Stimme: »Nach dem Palatium!«
     

Dreizehntes Kapitel
     
    Die vier Lusitanier hatten im Ostium ihre Hornlaternen entzündet. Einige Sklaven folgten mit schmalen, hochaufragenden Fackeln.
    Die endlose Via Appia, die nach einigen hundert Schritten erreicht war, lag schweigend in ihrer magischen Dämmerung. Milchweiß geballte Wolken, vom Schimmer des Mondes nur an ihren dünneren Schichten durchdrungen, überschwemmten das Himmelsgewölbe. Rechts und links ragten die Grabmäler vor den Landhäusern auf, – düstere Mahnungen an die Vergänglichkeit alles Schönen, an das Recht des Genusses, an die unveräußerlichen Rechte der Leidenschaft. – In der Ferne, jenseits des Tibers, stieg, wie ein seltsames Wrack in dem versteinerten Meere, das den Cäsar auf seiner nächtlichen Fahrt hier umflimmerte, der Berg Janiculus auf, der Stolze, Trotzige, der allein erhaben schien über den elegischen Schauern dieser dämmernden Mondnacht.
    Rechts am Eingang der Via Sacra traf man die Leibwache, die der Cäsar zum Beginn der ersten Vigilie dorthinbestellt hatte.
    Die Prätorianer schlossen sich lautlos der Sänfte an.
    Zehn Minuten später hielt das fürstliche Tragbett vor dem fackelerhellten Vestibulum des Kaiserpalastes.
    Seneca, der den Herrscher für heute abend zu einer wichtigen Besprechung erwartet hatte, eilte mit großer Hast auf ihn zu.
    Nero wies ihn ungeduldig zurück.
    »Alles Ernste auf morgen! Ich habe noch einige spaßhafte Privatangelegenheiten zu ordnen. Wo ist Octavia? Und wo die Kaiserin-Mutter?«
    Seneca drapierte sich vornehm in seine Toga.
    »Die Gattin des Imperators,« sagte er starr und förmlich, »verweilt, wie ich annehmen darf, noch im Oecus bei der Kaiserin-Mutter. Wünscht mein Kaiser die beiden erlauchten Frauen zu sprechen? Es ist schon spät, – und ich fürchte, Agrippina ist sehr ermüdet. Nur der Wunsch der Octavia, die heute eigentümlich erregt schien, ließ sie einige Stunden länger wach bleiben, als gewöhnlich.«
    »Verehrungswürdiger Meister,« murmelte Nero, von Groll erfüllt, »sei so gut und präge dir die Thatsache ein, daß es niemals ein Ungewöhnliches ist, wenn der Kaiser gelegentlich auf sich warten läßt. Bis heute geschah es zwei oder dreimal; es wird sich noch oft ereignen, ohne daß mir's genehm wäre, selbst von dir, den ich so hoch schätze, heimliche Andeutungen der Mißbilligung zu erfahren. Beim Herkules, ich staune, wie weit es mit mir gekommen ist! Darf sich Claudius Nero etwa geringere Freiheit verstatten, als der Sohn eines Emporkömmlings, dem das leidige Gold in den Senat verhalf?«
    Diese etwas ungestüme Erwiderung war aus Rücksicht auf den verdienten Lehrer und Staatsminister in griechischer Sprache erteilt worden.
    »Herr und Cäsar,« stammelte Seneca in demselben Idiom, »du verzeihst . . .«
    »Laß jetzt die Redensarten, würdiger Seneca! Soll ich dir Dank wissen, so sorge für meine alsbaldige Anmeldung! Beide Frauen wünsch' ich zu sprechen, und zwar beide gleichzeitig. Octavia möge daher geruhen, auf keinen Fall, wie dies neuerdings ihre Art ist, durch eine Seitenthür zu verschwinden, sobald ihr Gemahl durch die Hauptthüre eintritt.«
    Der Staatsminister senkte das Haupt und schritt eilig durch das halberleuchtete Atrium, – die Linke unter den Falten der Toga, in der Rechten die fest aufeinander gepreßten Schriftstücke.
    »Ich erwarte dich später in meinem Studiergemach,« sagte der Kaiser zu Seneca, als dieser – geradezu außer sich über die Rolle, die man ihm zugeteilt – nach Erledigung seines Auftrages wieder zurückkam. »Ich bin aufgeregt, teurer Meister, namenlos aufgeregt. Vergib mir, wenn ich dir schroffer begegnet bin, als meine Ehrfurcht vor deinem lorbeergekrönten Haupt dies erheischt hätte. Weißt du, was vorgegangen?«
    Seneca zuckte die Achseln.
    »Ich ahne es, aber ich darf dich versichern:
meine
Hände sind nicht im Spiel gewesen. Ich weiß, mit der Leidenschaft ist nicht zu rechten: nur einige Rücksichten darf man ihr zumuten. Daß du nun heute, an eurem Verlobungstage, so lange von Hause wegbliebst, das überschreitet,

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