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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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der Thronfolge auszuschließen, und nicht eher hab' ich geruht, bis der halsstarrige Imperator einwilligte und mit Umgehung seines leiblichen Sohnes dich, seinen Stiefsohn, zum Kronprinzen proklamierte!«
    »Ich bitte dich, Mutter, wozu das alles?«
    »Dabei war nur eine Bedingung: die Heirat mit Octavia, der Tochter des Claudius. Wir gingen sie ein, – denn niemals war eine Tochter ihren Eltern so unähnlich wie Octavia. Höchstens die Schönheit hatte sie von der unseligen Messalina. Sonst aber: beim Jupiter, in ganz Rom gibt es kein Weib, das deiner Octavia an Tugend, Edelsinn und züchtigem Wesen gliche, – und die Hirnlosigkeit des Claudius ist spurlos an ihr vorüber gegangen. Nach dem Tode des Claudius konntest du, wenn es dir absolut unerträglich schien, die feierlich begangene Verlobung lösen. Jetzt ist Octavia dein Weib. Sie liebt dich; sie entstammt einem der ersten Geschlechter des Hochadels; – und kurz und gut: du entehrst dich, wenn du sie in so frecher Weise verletzest und Liebschaften anknüpfst mit einer hergelaufenen schamlosen Dirne.«
    »Deine Rede ist herb!« rief Nero, sich mit einem kräftigen Rucke losreißend. »Dank es den Göttern, daß du die Mutter des Mannes bist, dessen Liebstes du so maßlos beschimpfst!«
    »Ich habe ein Recht dazu. Oder bist du im stande, dich rein zu waschen?«
    »Ja, Mutter. Mit einem einzigen Worte. Ich kann ohne Acte nicht leben.«
    »Ein Narr bist du und ein Taugenichts. Ich wiederhole dir: hast du denn alles vergessen, – meine Opfer und Anstrengungen, meine unablässige Fürsorge . . .?«
    »Ich weiß seit einiger Zeit, daß der Eifer, mit dem du gestrebt hast, vor allem dir selber galt. Die Mutter eines Imperators zu heißen, in seinem Namen zu herrschen, ihn stets zu gängeln wie ein unmündiges Kind, das war der Traum, der dir vorschwebte!«
    »Wer sagt das?« rief sie empört.
    »Das haben mir Männer gesagt, die jeder Lüge unfähig sind. Ich selber verspüre ja die Wirkungen dieses Traumes. Gleichviel: du bist meine Mutter, und so hab' ich denn, oft gegen meine bessere Ueberzeugung, alles ertragen. Jeden harmlosen Anlauf zur Selbständigkeit hab' ich sofort unterdrückt, wenn ich gewahrte, daß ich dir Schmerz bereitete. Jetzt aber drängst du dich mit deiner Gewalttätigkeit in Bereiche, wo kein andrer gebietet, als Nero allein, wo kein Vorwurf ihn hemmen, keine Rücksicht ihn aufhalten wird.«
    »Du sprichst wie ein Sinnloser.«
    »Es scheint so, aber ich weiß genau, was ich will. Zerreißen will ich den Strick, den du mir um den Hals geworfen, – ein für allemal! Auch die arme Octavia leidet unter der furchtbaren Obmacht deiner eisernen Willenskraft. Diese Obmacht hat uns zur Heirat veranlaßt, – aber sie kann uns nicht zwingen, Liebe für einander zu fühlen, oder nur zu erheucheln . . .«
    »Knabe, was soll das?«
    »Du hast zu wählen, Mutter! Entweder schwörst du mir bei Jupiter, dem Rächer der Meineide, daß du mein teures Kleinod – die ehemalige Sklavin, wie du sie nennst – fürder in Frieden lässest, oder noch heute ist es zu Ende mit deinem rechtswidrigen Einfluß auf die Regierungsgeschäfte. Ich werde dann nicht fernerhin dulden, daß du mit Seneca über die Zukunft der Rheinprovinzen oder mit Burrus über die Vorkommnisse in der Kaserne der Prätorianer verhandelst. Ich habe Männer zur Hand, die mir droben im Senate ihr Wort, auf der Straße ihr gutes Schwert zur Verfügung stellen, wenn es zur Fehde kommt.«
    »Thorheit!« lächelte Agrippina mit erkünsteltem Gleichmut.
    Sie war blaß geworden bei dieser ungewohnten Sprache des Sohnes; aller Selbstbeherrschung bedurfte sie, um ihre tiefe Erregung nicht merken zu lassen.
    »Ich bitte dich nochmals: wähle!« heischte Nero voll Ungeduld.
    Agrippina, wieder gefaßt, trat auf ihn zu, fuhr ihm wie beschwichtigend über die glühende Wange, und sagte dann mit dem sanftstrafenden Blick einer betrübten Mutter: »Wie du dich aufregst, und da Worte redest so ganz ohne Sinn! Was ist Nero denn ohne die Mutter, die ihn zur Herrschaft emporgeleitet? Sieh mal: Burrus mit seinen Prätorianern ist mir geradezu blindlings ergeben . . .«
    »Was?« fuhr Nero empor.
    »Geradezu blindlings!« wiederholte sie mit ruhiger Bestimmtheit.
    Nero zuckte die Achseln.
    »Wie verkennst du das römische Volk und die Krieger der Leibwache! Solange Nero als dein gefügiger Sohn galt, – wohl! Ganz Rom wußte ja, wie treu ich dir anhing; also hieß
dir
gehorchen auch
mir
gehorchen. Sollte

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