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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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lenken, derartige Drohbriefe in die Welt setzen könnten. Auch senatorische Damen gibt's, die mit Unlust bemerken, daß ich seit jenem vielversprechenden Anlauf bei Flavius Scevinus mich von jeder Festlichkeit fern halte. Aber all diese Variationen sind Hirngespinste. Ich bin meiner Sache gewiß. Auch an verschiedenen Wortwendungen erkenn' ich die trotzige Weise der Herrscherin, die noch nie einen Wunsch geäußert, ohne im nämlichen Augenblick die Erfüllung zu sehen.«
    »Welch ein Unglück!« stöhnte das junge Mädchen.
    »Unglück? Wieso? Wer ist Herr und Gebieter in Rom: ich oder Agrippina?«
    »Sie ist deine Mutter!«
    »Du willst sagen, sie knechtet mich, weil ich bis dahin ihre thätige Mitwirkung bei den Staatsgeschäften geduldet habe? Du irrst, Acte! Was bis heute geschah, das geschah nur um deswillen, weil es meinem Verlangen entsprach. Ich bin kein asiatischer König, dem es Vergnügen macht, bis in die fernsten Provinzen seine unbegrenzte Gewalt fühlen zu lassen. Ich begeistere mich nicht für die umständliche Maschinerie des Beamtentums, für die Rechtsstreitigkeiten der Bürger und den kleinlichen Ehrgeiz der Offiziere. Was ich in dieser Beziehung geleistet habe, das geschah nur aus Pflicht. Zwischen Seneca und den geheimnisvollen Lucius Nicodemus eingeklemmt, schritt ich vorwärts auf dem einmal betretenen Pfade: aber je mehr die andern von dem lästigen Reisegepäck mir abnahmen, um so frischer ward mir zu Mute. Ich bin ein Mensch, Acte, ein Freund des Schönen und Edlen, ein Künstler, ein Dichter. Ach, und vor allem ein zärtlich liebender Tollkopf, dem eine Stunde in deinen wonnigen Armen lieber ist, als hundert Triumphzüge über die Parther. Seitdem du mein bist, hab' ich die andern gewähren lassen. Agrippina und Seneca führten das Scepter; kaum noch, daß ich mit Burrus halb im Verkehre blieb und mit dem eifrigen Tigellinus, der mich bei den Soldaten der Leibwache gelegentlich mich tüchtigen Goldspenden in gutes Gedenken bringt. Jetzt aber, da sie das eine mir rauben wollen, was ich mir vorbehielt, jetzt sollen sie fühlen, daß nur meine Gnade zu dem sie erhoben hat, was sie bedeuten; daß ich der Herr bin über sie alle, und daß ich mein Glück verteidigen werde bis auf den letzten Blutstropfen.«
    »Du wirst dich zu Grunde richten,« jammerte Acte. »Steure nicht wider den Strom! Kämpfe nicht thöricht gegen die wildanstürmende Uebermacht! Nero, mein Liebling, du täuschest dich! Glaube mir doch, die Zügel, die du beinahe schon aus der Hand gegeben, sind nicht im Augenblicke wieder erfaßt, – und eh' sie erfaßt sind, liegt deine Acte zermalmt und zertreten unter den Hufen!«
    Er riß sie stürmisch empor. Mit der Linken ihre Hüfte umklammernd, hob er die Rechte und that einen furchtbaren Schwur, daß er sie schützen und schirmen werde bis zum letzten verröchelnden Atemzug.
    Nun hing sie wieder selig an seinem Hals und küßte ihn – so süß und so schmeichlerisch, wie nur sie es verstand in ihrer kindlichholden Vermischung von Jungfräulichkeit und leidenschaftlicher Frauenart.
    »Nero, was soll ich thun?« hauchte sie zärtlich. »Sprich nur! Ich gehorche dir blindlings, und wüßte ich, daß es mein Tod wäre!«
    »Du bleibst ruhig zu Hause,« lächelte Nero, ihre Küsse erwidernd. »Laß durch unsern getreuen Phaon das Ostium und das Posticum doppelt verriegeln! Ich schicke dir unverweilt ein Dutzend meiner Gefolgsleute. Sollte der Unbekannte, wenn du die Antwort verweigerst, zudringlich werden, so befiehlst du ihm: ›Packe dich!‹ Wenn er sich dann nicht ohne Zögern zurückzieht, läßt du ihn festnehmen. Noch einen Kuß, Acte! Welch ein himmlischer Frühlingshauch entströmt deinem Haargelock! Narzissen und Rosen! Ach, und ach! diese Lippen! So, nun sei gutes Muts, mein angebetetes Mädchen, mein wonniger Herzensschatz!«
    »Leb wohl!« stammelte Acte. »Leb wohl zu tausendmal!«
    »Diese Wachstafel hier stecke ich zu mir,« sagte Nero geschäftsmäßig. »Heute noch red' ich mit Agrippina. Sie wird ihre Urheberschaft nicht ableugnen. Auf alle Fälle soll das Palatium erfahren, wie Nero es aufnimmt, wenn irgend eine sterbliche Hand sich an Acte versündigt.«
    Er schwang die Toga über die Schulter und schritt, einen Blick der unendlichsten Zärtlichkeit auf die Geliebte heftend, dem Ausgange zu.
    »Flink, Leute!« herrschte er seine muskelkräftigen Lusitanier an, die auf den Marmorfliesen zwischen den schlanken korinthischen Säulen kauerten.
    Sie sprangen

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