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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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gezweifelt habe, nur um deswillen liegt es bei aller Wonne wie Blei auf diesem selig schauernden Herzen . . .!‹ Vielleicht, wenn ich damals verwunden hätte, was mir die Brust durchtobte . . . Fürchterlicher Gedanke! . . .«
    Sie senkte das Haupt. Voll und prächtig wallte ihr lichtbraunes Haar über die schneeige Stirne, über Antlitz und Busen.
    »Frauenbeschützende Juno,« hauchte sie, »Gnadenreiche, vergib mir, wenn ich in thörichtem Ungeschick etwas versäumt habe! Erbarme dich meiner! Heile dies zu Tod verwundete Herz von seiner verzehrenden Liebe, laß sie verlöschen wie eine Kerze im Luftzug, oder verleih mir die Zauberkraft, meinen Claudius Nero zurückzugewinnen! Denn lange ertrag' ich's nicht. Allnächtlich betaue ich mein verödetes Lager mit Thränen, – und graut dann der Morgen, so frage ich: ›Was soll mir der neuerstandene Tag, da er alles beim alten läßt?‹ Erbarme dich meiner, errette mich von diesem nagenden Elend –: so will ich dich preisen, hochherrliche Matronalis, mein ganzes Leben hindurch!«
    Ein wenig getröstet, erhob sie sich.
    »Die Macht der Natur!« murmelte sie im Ton einer Nachtwandlerin. »Was war es doch, was er mir damals von der Macht der Natur und ihren geheimnisvollen Zwecken erzählte? Jupiter donnere nicht und Amor schieße nicht Pfeile; dennoch walte ein Göttliches hinter dem Schein aller Dinge, und dennoch sei die Liebe die wirksamste und gewaltigste aller Gottheiten. Wenn zwei – ein Mann und ein Weib – für einander entbrannt seien, so geschehe dies im Namen jener verborgenen Allmacht und zur Erfüllung ihrer unendlichen Zwecke . . .«
    Sie strich sich, diesem Gedanken nachhängend, langsam über die haarumflutete Stirn.
    »Ja, ja, so war's – oder doch ähnlich . . . Der Mann liebt in dem Weibe, das er vergöttert, schon das zukünftige Kind, und deshalb – obschon er's nicht klar begreift, sondern nur leise im Inneren fühlt – hängt seine Liebe auch mit so stürmischem Eigensinn just an der einen, die ihm das schönste und vollendetste Kind verheißt . . .«
    Mit beiden Händen überdeckte sie ihr hocherglühendes Antlitz.
    »Wehe mir,« stöhnte sie tonlos, »wehe mir! Hätt' ich ihm jetzt die freudige Hoffnung zu bieten, daß er durch mich Vater werden, daß er ein Kind besitzen solle, ihm ähnlich – ja, dann . . .«
    Nach kurzer Pause gell aufschreiend:
    »Thorheit!
Mein
Kind würde ihm niemals die Sehnsucht stillen. Es wäre nicht das Kind seiner Träume. Ja, wenn Acte . . . O, ich bin die unglückseligste aller Frauen!«
    Völlig erlahmt setzte sie sich in den Lehnstuhl.
    Nach einer Weile pochte man zweimal an die Thür des Cubiculums.
    Octavia hieß ihre Getreuen – Phyllis und die Freigelassene Rabonia – eintreten.
    Die nicht mehr jugendliche Rabonia erlaubte sich einen fragenden Blick, den Octavia mit einem flüchtigen Nicken beantwortete.
    Rabonia entkleidete nun die Fürstin sanft und geräuschlos ihrer Gewandung, während Phyllis ihr die Sandalen löste, die Spangen vom Arme nahm und die letzten Goldnadeln aus dem üppigen Haar zog, das nun mantelähnlich über die Schultern Octavias herniederwallte.
    Rabonia schlang es in einen Knoten, und mochte sich nicht enthalten, die unvergleichliche Schönheit dieses duftigen Lichtbrauns zu loben. –
    »Du Gute,« sagte die junge Kaiserin, »glaubst du mir Freude zu machen mit dieser harmlosen Schmeichelei? Ich danke dir um der freundlichen Absicht willen.«
    Nachdem Octavia im Seitengemach das übliche Bad genommen, entfernte sich Phyllis mit einem formvollen Gruße. Rabonia half ihrer schönen Gebieterin beim Besteigen des Lagers und streckte sich dann als Wächterin dieser lieblichen Frauenblume dicht vor dem Bette auf ein teppichbelegtes Polster.
    Die bläuliche Ampel goß ihr melancholisches Licht wie versöhnend über die bleichen Züge der Dulderin, die zwar geschlossenen Auges dalag, aber noch wachte, als Rabonia bereits lange entschlummert war.
     

Band 2
     

Erstes Kapitel
     
    Zwei Wochen später saßen im Arbeitsgemache des Flavius Scevinus sechs Personen in flüsternder Unterredung: der Hausherr; Metella, seine Gemahlin; Barea Soranus; Pätus Thrasea; die reiche Aegypterin Epicharis; und der Staatsminister Annäus Seneca.
    Der letztere hatte infolge der Festigkeit, mit der er sich jeder Gewaltmaßregel wider die junge Geliebte seines kaiserlichen Gebieters entgegenstemmte, so sehr die Gunst der Kaiserin-Mutter verscherzt, daß sie alles aufbot, um

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