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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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nach Spottvögeln.«
    Es entstand eine Pause.
    »Pätus,« hub dann Flavius Scevinus an, »du hast mir früher schon allerlei Andeutungen gemacht, – aber die Aerzte erlaubten ja nicht, daß du öfter als dies einzige Mal meine Schwelle betratest. Ich sollte erst vollständig wieder gekräftigt sein, eh' ich dem altvertrauten Freunde die Hand schüttelte. Ich denke, daß du mehr weißt, als Barea Soranus vermutet. Wohl denn, so ergänze nun jene Andeutungen, damit auch diese hier, insbesondere der Staatsminister, alles erfahren mögen!«
    »Gern,« erwiderte Pätus. »Ich hätte schon angefangen, wenn nicht Freund Barea gar so rhetorisch wirksam seine Skepsis betont hätte. Seneca wird nicht staunen, denn er kennt ja die Sitten der Kaiserin und ihren ungezügelten schnöden Charakter.«
    »In der That,« bestätigte Seneca, »ihre Kühnheit entwickelt sich täglich gefahrdrohender. Ich habe ihr das Vergangene verziehen, um Neros willen, und weil ich der Ansicht bin, daß es dem wahren Philosophen geziemt, streng gegen sich selbst, mild aber gegen andre zu sein. Nun jedoch gilt es, den reißenden Strom endlich einzudämmen: sonst überschwemmt er das Reich, und die Farbe seiner Gewässer wird ein dampfendes Rot sein.«
    »So weit also ist es gekommen mit unsern Hoffnungen!« seufzte Flavius Scevinus.
    »So weit – unter dem Scepter des milden, menschenfreundlichen Nero, des glühenden Kunstschwärmers, des trunkenen Naturfreundes, der vielleicht nur den einzigen Fehler besitzt, allem, was ihn begeistert, in gar zu leidenschaftlicher Träumerei nachzuhängen.«
    »Wir geraten hier auf ein fremdes Gebiet,« bemerkte der finster blickende Barea. »Pätus wollte uns darlegen, was er beobachtet hat.«
    »Pätus Thrasea hat das Wort!« riefen drei Stimmen zugleich.
    »Also, mein teurer Flavius Scevinus,« begann Thrasea, »das Verbrechen, das die Kaiserin-Mutter an dir begehen ließ, war nur halb ein politisches, und als solches sogar ein äußerst unkluges und verfrühtes; denn es hat uns veranlaßt, die Gefahr, die jedem von uns über dem Haupte schwebt, ruhig und sicher ins Auge zu fassen, und die Verwirklichung unsrer Pläne mit verdoppelter Energie zu betreiben. Sie glaubte aus deinem Trinkspruch entnommen zu haben, daß auch du, den sie halb für einen Bekehrten hielt, ein Stein in der Wallmauer sein würdest, die das alte, noch ungebrochene Römertum ihr entgegenzustellen gedenkt. Und so mochte sie in ihrer plötzlichen Aufwallung stöhnen: ›Hinweg mit dem Hindernis – und je eher desto besser!‹ Ihre Aufwallung jedoch würde nicht so maßlos gewesen sein, wenn Otho, dem sie einige Tage zuvor ihre verschwiegenste Gunst anbot, ohne etwas andres zu ernten als verbindliche Ausflüchte – (Poppäa hat mir's erzählt) – wenn also Otho während des Trinkspruches nicht so vergnüglich gelächelt hätte. Das gab den Ausschlag.«
    »Pah,« unterbrach ihn Barea, »wer weiß, über was er grinste. Vielleicht über die hübschen Rundungen seiner Gemahlin. Vielleicht über das unverschämte Lärvchen der Acerronia.«
    »Ereifere dich nicht, wackerer Soranus,« fuhr Pätus fort. »Worüber Otho gelächelt hat, bleibt ja gleichgültig. Thatsache ist, daß er gelächelt, oder, wie du dich ausdrückst, gegrinst hat, daß die Kaiserin dieses Grinsen bemerkte und auf sich und ihre peinliche Situation bezog. Klar und deutlich hab' ich gesehen, wie sie bei diesem mehrfach erwähnten Lächeln erbleichte, während das Schärfste, was du gesprochen, längst doch vorüber war. Nun kochte die Wut des verschmähten, liebebedürftigen Weibes in ihr empor. Sie wollte dem Otho, den sie noch immer nicht aufgibt, zeigen, wie's dem Vermessenen ergeht, der die schönste Frau Roms – denn dafür hält sie sich doch – zu beleidigen wagt.«
    »Hm!« brummte Soranus.
    Nach einer Pause hub Thrasea Pätus wiederum an: »Ich bemerkte alsbald, daß sie irgend was plane. Vielleicht gedachte sie auch, just durch die Schnelligkeit der Bestrafung dem poppäasüchtigen Otho Eindruck zu machen. Kurz, sie benutzte den ersten geeigneten Augenblick, um dem Bevorzugten ihrer Leibwächter einen Auftrag zu geben, den dieser mit erschreckender Pünktlichkeit, aber den Göttern sei Dank, ohne rechtes Geschick ausführte.«
    »Auch ich gewahrte das flüchtige Zwiegespräch der Kaiserin mit einem der Centurionen,« sagte Metella. »Ich fand es der guten Sitte zuwider, aber ich dachte, es handle sich nur um ein zärtliches Liebeswort. Denn wir wissen ja durch

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