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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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wüßte. Aber ich schwöre dir, wenn ich nicht durch die feierlichste Form der Vermählung, die uns von den Altvordern überkommen ist, an Octavia gleichsam geschmiedet wäre, so würde die himmlische Acte, dem ganzen Hochadel der weltbeherrschenden Roma zum Trotz, meine allgebietende Kaiserin.«
    Agrippina lachte verzweiflungsvoll auf. Mit krampfhaft verschränkten Armen schritt sie keuchend durch das Gemach.
    »Eine Dirne auf dem Thron des Augustus!« rief sie plötzlich, die Hände ringend. »Der bloße Gedanke ist ein Verbrechen am Staat, ein bübischer Faustschlag in das Gesicht deiner Mutter.«
    »Beruhige dich doch! Einstweilen ist ja nicht die geringste Aussicht vorhanden. Aber wenn es geschähe, so fordere mir doch ja keine Antwort auf die Frage heraus: Welche Kaiserin vor der himmlischen Acte die Krone denn mehr verdient hätte, als sie, die Einzige, Unvergleichliche!«
    »Die Sklavin!« ächzte und jammerte Agrippina.
    »Was willst du damit? Bist du noch gar so umnachtet, um nichts zu verspüren von dem gewaltigen Hauche, der, ein geistiger Frühlingssturm, die Welt durchdringt von Syrien bis Lusitanien . . .? Oder stehe nur ich so hoch, daß ich von dem ahnungsvollen, göttlichen Wehen berührt werde? Nicht umsonst hat Seneca mir die Lehre ins Herz geträufelt, daß alle Menschen von der Natur ebenbürtig, daß der Unterschied zwischen hoch und niedrig ein erkünstelter ist, daß die vermeintlichen Rechte der Großen nur in ihrer trotzigen Willkür und Macht beruhen.«
    Agrippina schäumte.
    »Wann jemals hätte Seneca solchen Wahnsinn gepredigt?«
    »Tagtäglich, – seit ich ihn kenne.«
    »So muß er beseitigt werden. Der verwerfliche Unmensch! Ich hielt seine Lehren für gut, dieweil sie dich zum gehorsamen, liebenden Sohn machten. Jetzt aber – hinweg mit dem gauklerischen Sophisten!«
    »Mutter,« begann Nero nach einer langen Pause, »wenn Seneca dein Mißfallen erregt, so will ich ihn seiner Stellung entheben. Er ist Philosoph genug, um das Palatium entbehren zu können. Hast du sonst noch Wünsche: sie sind mir Befehle. Nur das
eine
erwarte nicht: daß ich Acte im Stich lasse! Merk' ich noch das geringste von einer Befehdung, so werb' ich ihr eine eigene germanische Leibwache.«
    Agrippina zuckte zusammen. Es war, als blitzte ihr jählings ein Gedanke durchs Hirn, der ihr den Sieg verheiße.
    Eine Zeit lang senkte sie ihre Augen zu Boden.
    Dann sagte sie sanftmütig: »Rede mir, teurer Knabe! Ist das alles nur ein Zug jener Halsstarrigkeit, die du von deinem Vater Domitius Aënobarbus ererbt und bis heute zurückgedrängt hast? Oder liebst du das Mädchen wirklich?«
    »Ich liebe sie wie nichts auf der Welt.«
    »Nun denn, so liebe sie! Aber ich bitte dich, ganz im geheimen! Ich werde versuchen, ob ich die unglückliche Octavia zu trösten vermag.«
    »Mutter, du machst mich selig!« rief Nero voll Leidenschaft.
    Er warf sich der Kaiserin wild an die Brust und küßte ihr die fieberisch glühenden Wangen.
    »Du tolles Kind,« sagte sie zärtlich. »Aber glaube doch ja nicht, daß ich nun gutheiße, was ich aus allzugroßer Schwäche geschehen lasse. Ich denke, – und das ist wirklich mein einziger Trost: die Zeit wird dich allgemach zur Vernunft bringen.«
    »Denk, was du willst, und laß dir was recht Behagliches träumen! Ich bin fürchterlich abgespannt. Gute Nacht!«
    Glückstrahlend eilte Nero von dannen. Im Atrium harrten bereits die Sklaven, die ihn zur Ruhe geleiten sollten.
    »Alberner Knabe!« murmelte Agrippina, als der Vorhang sich hinter dem Kaiser geschlossen hatte; »mich, mich gedenkst du zu meistern? Wie ihm der Groll in den Augen flammte, als er mir drohte! Aber den Göttern sei Dank: es ist Sorge dafür getragen, daß die Gewässer nicht über den Berg fließen!«
     

Vierzehntes Kapitel
     
    Agrippina verließ rasch den Oecus und eilte in das matterhellte Schlafgemach der Octavia.
    Die junge Frau hatte sich schluchzend über das Bett geworfen. Mit reichlich strömenden Thränen benetzte sie ihren Arm und den schwellenden Pfühl.
    »Weine nicht!« sagte die Kaiserin-Mutter halb schroff, halb mitleidig. »Hättest du's pfiffiger angefangen, der flügge Vogel wär' dir gewiß nicht ausgekommen. Diejenige ist in meinen Augen kein Weib, die – schön und jung – einen Mann, der auch nur einmal an ihrem Herzen geruht hat, nicht zu fesseln versteht.«
    Octavia hob langsam ihr thränenbefeuchtetes Antlitz. Sie bewegte die Lippen, wie zum Versuch einer Widerlegung.
    »Laß

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