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Nero

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Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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zurück.
    Da sie bereits nahe daran gewesen, den Sieg zu erringen, so ließen die staunenden Verteidiger Actes die Entweichenden ruhig gewähren, machten auch keinen Versuch, ihnen die Mitnahme ihrer Gefallenen streitig zu machen. Selbst dem kampferprobten Centurio dünkte es ratsam, diesen Widersachern eine goldene Brücke zu bauen.
    Eben hatte der letzte sich aus dem Ostium entfernt, und der wackere Thürhüter plante bereits Mittel und Wege, das zertrümmerte Balkenwerk wieder zusammenzustücken, als die Sklavin Erotion schreiend vom Peristyl nach dem Haupthof gerannt kam.
    »Wehe uns allen!« ächzte sie mit thränenerstickter Stimme. »Der Cäsar wird uns seinen Muränen zum Fraße vorwerfen. Sie ist fort, schmählich geraubt, Acte, unsre süße, himmlische Herrin.«
    »Unmöglich!« herrschte Phaon sie an.
    »Doch, doch!«
    »So hast du sie verraten.«
    »Ich?« klagte das Mädchen, außer sich vor wahrhaftigem Schmerz. »Sie war ja die Liebe und Freundlichkeit selbst, und gütig gegen uns alle wie eine Schwester. Ich – meine Acte verraten! Schäme dich, Phaon, – das glaubst du selbst nicht! Aber nun hört, wie es kam! Sie wußte ja gleich, um was es sich handelte. Nun wollte sie jedes Blutvergießen vermeiden, und so beschloß sie, durchs Posticum zu entfliehen. Wir öffnen – leise – leise – und eben will sie nach rechts in den Vicus Alienus einbiegen: da stürzen sich zwei von den Straßenräubern über sie her. Einer packt sie mit Gewalt auf sein Pferd, und eh' ich noch rufen kann: ›Gnade uns Jupiter!‹, ist der Bube auch schon hinausgesprengt in die Finsternis.«
    »So gnade uns Jupiter in der That!« rief der Centurio. »Wenn der Kaiser erfährt, wie schlecht wir sein Kleinod behütet haben . . .«
    »Pah,« rief eine der Sklavinnen, »gar so schlimm wird's nicht werden. Seine Wut muß doch ganz und gar auf Agrippina, die Mutter, fallen.«
    »Wer weiß,« meinte Erotion, »ob's nicht doch eine Strafe der Götter ist. Er liebt sie ja heiß und wonnig, seine reizende Acte, – aber Octavia ist sein angetrautes Gemahl . . .«
    »Dummes Zeug,« brummte die oskische Untersklavin, die den Vorhof zu fegen hatte. »Mich hat Otho, der Ehemann der Poppäa, auch nicht gefragt, ob ich verheiratet sei oder nicht, als er mich damals von Flavius Scevinus kaufte. Die unsterblichen Götter haben jetzt mehr zu thun, als sich um jede erbärmliche Liebschaft zu kümmern.«
    »Alberne Gans!« strafte sie Phaon. »Prahlst du denn immer noch mit der kindischen Lüge, Otho habe dir nachgestellt? Schau doch mal in den Spiegel! Aber es ist eine Schande, daß wir so elend die Zeit vertrödeln . . .«
    »Kameraden,« hub der Centurio wiederum an, als hätten die Worte Phaons ihn aufgeschreckt, »mir wird äußerst beklommen. Bleiben wir hier, um den zürnenden Imperator seine Verzweiflung über uns ausschütten zu lassen? Oder eilen wir nach der Albanischen Villa, um uns der Gnade der Kaiserin zu empfehlen?«
    »Das wär ein Gedanke,« sagte einer der Kriegsknechte.
    »Ich diene dem Kaiser,« meinte ein andrer, »und die Weiberherrschaft ist mir verhaßt.«
    »Mir auch!«
    »Jawohl, sie entwürdigt uns!«
    »Gut, so bleiben wir!« sprach der Centurio. »Unser Kaiser wird einsehen, daß uns keinerlei Vorwurf trifft.«
    »Und treue Diener wird er gebrauchen können bei diesem Zwiespalt mit seiner Mutter.«
    »Verfluchtes Volk, die Mannskerle!« brummte die Untersklavin, Besen und Spartgraslappen herzuschleppend. »Weiß der Henker, das ganze Atrium ist eine Blutlache.«
    Die übrigen Mädchen und Frauen machten sich unterdes mit den Verwundeten zu schaffen. Man trug die Opfer des Handgemenges auf ihre kaum erst verlassene Lagerstatt, verband sie so gut als möglich und flößte ihnen schneegekühlte Erfrischungen ein.
    Phaon war unverletzt. Er hatte im ersten Augenblick an die Möglichkeit einer Verfolgung gedacht. Sofort aber ließ er diese Idee fallen. Sie war geradezu lächerlich, – schon deshalb, weil man in der Villa über kein einziges Pferd verfügte.
    Er schritt bedächtig im Peristyl auf und nieder. Der Regen hatte jetzt nachgelassen. Der Wind aber heulte in klagenden Tönen durch die vereinsamten Kolonnaden, als trauere er um ein schweres, unabwendbares Schicksal.
     

Drittes Kapitel
     
    Tausend Schritte ostwärts von dem Schauplatze dieses nächtlichen Ueberfalls sonderten sich die Berittenen in zwei verschiedene Abteilungen.
    Die größere sprengte mitsamt den Toten und Verwundeten aus der Via

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