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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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dahin sei. Thrasea Pätus aber sollte im Senat, den der Staatsminister sofort nach dem Kapitol zu entbieten hätte, durch die Macht seiner Beredsamkeit und das Ansehen seiner Person die Schleppträger Agrippinas zu Boden schlagen und einen Beschluß herbeiführen, der das Vorgefallene als gesetzlich bezeichnen und den Verschwörern den Dank des geretteten Vaterlands feierlich aussprechen würde.
    Die kleine Versammlung atmete hoch auf, als der Staatsminister seine zündende Rede beendet hatte.
    Niemand wußte im Grunde etwas hinzuzufügen.
    Die Rollen schienen so gut verteilt, die einzelnen Räder des ganzen Getriebes mit so großer Genauigkeit für einander gestimmt, daß keine eigentliche Kritik möglich war.
    »So soll es geschehen!« rief endlich Barea Soranus. »Und wenn alles geglückt ist, dann klagt mir die Kaiserin-Mutter vor dem Staatsgerichtshof der Patres Conscripti öffentlich als Verbrecherin an und schickt sie unter guter Bedeckung nach Pandataria, wo sie in strengster Verbannung darüber nachdenken mag, daß politische Herrschbegier zwar den Männern geziemt, nicht aber den Weibern!«
     

Zweites Kapitel
     
    In der folgenden Woche überzog sich der Himmel trotz der bereits vorgeschrittenen Jahreszeit mit dichtem Gewölk.
    Am Abend des vierundzwanzigsten Mai strömte der Regen so gleichmäßig und ruhig über die Siebenhügelstadt, als feiere der Wettergott seine langweiligen Dezemberorgien.
    Die Kaiserin-Mutter befand sich auf ihrem herrlichen Landsitze im Albanergebirge, wo sie fast alles, was sonst ihre bewegliche Seele in Anspruch nahm, im Frühlingsglanz einer vollerblühten Natur zu vergessen schien.
    Wunderbare Gerüchte gingen dieserhalb unter dem Siegel der tiefsten Verschwiegenheit von Mund zu Mund.
    Pharax, der mustergültig gebaute Centurio, war mit einemmal zum Militärtribunen emporgerückt.
    Einige Tage des Urlaubs hatte er ausgenützt, um sich der kleinen, geschmeidigen Hasdra – der Gesellschafterin der Poppäa Sabina – hinlänglich zu versichern. Der Austausch der Jaworte, durch einen eifrigen Schreibverkehr vorbereitet, war tatsächlich schon erfolgt und bedurfte zu seiner Gültigkeit nur noch der Bestätigung seitens der Kaiserin . . .
    Merkwürdigerweise zögerte Agrippina mit diesem unentbehrlichen Ja . . .
    Dagegen wollte man öfters bemerkt haben, daß Pharax mit der noch immer verlockenden Fürstin ganz unter vier Augen in den entlegensten Gründen des albanischen Parkes lustwandelte; ja, daß sie einmal mit beiden Händen seine wuchtige Männerfaust zärtlich umklammert hatte . . .
    Und die Genehmigung zur Heirat mit Hasdra ließ nach wie vor auf sich warten . . .
    Auch Octavia hatte die Hauptstadt verlassen und ihre antianische Villa bezogen.
    Nero allein wohnte noch im Palatium, wo er die Vormittagsstunden einsam in der Stille seines Museions verträumte, während Burrus und Seneca die jetzt ohnehin geringfügigen Staatsgeschäfte kurz erledigten, ihre Tageskuriere an die Kaiserin-Mutter beförderten, und im übrigen auf die rasche Herbeiführung der Sommerferien bedacht waren, damit auch für sie, die beiden Hauptarbeitsträger des Weltreichs, die Stunde freier Erholung schlage.
    Nero speiste jetzt beinahe regelmäßig bei Acte.
    Vor Mitternacht kehrte er selten zurück, und wenn er sich dann allein sah in dem prunkvoll-öden Cubiculum, so wachte er noch oft die vierte Vigilie heran, ernsthaft mit der Erwägung der nächsten Zukunft beschäftigt.
    Seine geliebte Acte durfte natürlich, wenn er demnächst die Hauptstadt verließ, um nach einer der reizenden Villen im Lande Campania zu siedeln, hier in Rom nicht zurückbleiben.
    Am liebsten hätte er heimlich am Gestade des norditalienischen Sees Benacus irgend ein Landhaus gemietet, sich daselbst für einen Ritter etwa aus Mutina oder Verona, Acte für seine Gemahlin ausgegeben.
    Bald aber begriff er, diese Idee sei nicht ausführbar.
    Wenn man den Kaiser einen ganzen Sommer hindurch vermißte, wenn selbst Octavia und Agrippina keine Auskunft erteilen konnten, wo und zu welchem Zwecke er abwesend blieb, so mußte dies zu Erörterungen führen, die er vermeiden wollte. So fest er entschlossen war, dem Willen der Agrippina in dem einen wichtigen Punkte zu trotzen, so klar empfand er ein heimliches Grausen vor dem Ueberschwall ihres Zornes. Er mochte jetzt ahnen, daß diesem Weibe ein Dämon im Busen wohnte, ein Geist, der, einmal entfesselt, alles zertrümmern konnte.
    So hielt er es denn für das beste, noch

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