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Nervenflattern

Nervenflattern

Titel: Nervenflattern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gibert
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wieder abnahm und auf den Boden legte. Der Amtsleiter war zwischen 50 und 60 Jahre alt, schlank, drahtig und versprühte rundum gute Laune. Er ließ sich federnd auf seinen Schreibtischstuhl fallen.
    Welch ein Kontrast zu gestern, dachte Lenz, und stellte sich und Hain vor.
    »Setzen Sie sich, meine Herren Kommissare, möchten Sie einen Kaffee, Tee, oder ein Wasser?«
    »Ein Kaffee wäre nett«, sagte Hain. Lenz nickte.
    »Ich nehme auch einen.«
    Vockeroth griff zum Telefon und gab die Bestellung an seine Sekretärin weiter.
    »Kommt gleich. Also, was kann ich für Sie tun?«
    »Wir untersuchen den Mord an Dieter Brill.«
    »Der Tod von Brill hat uns alle hier im Haus schockiert, und die anfängliche Darstellung, er hätte sich das Leben genommen, war weder für die Kollegen noch für mich nachvollziehbar.«
    »Sie wussten nicht, dass er unter Depressionen litt?«
    »Wer tut das nicht, Herr Kommissar? Depressionen, Burn-out, Schwermut, Angstzustände, das sind alles Krankheiten, die bei den Menschen, die hier arbeiten, öfter anzutreffen sind als anderswo. Brill und ich haben darüber vor etwa einem halben Jahr mal ein Gespräch geführt; er hatte das, so weit ich es beurteilen kann, überwunden.«
    »War er beliebt bei seinen Kollegen?«
    »Durchaus, ja. Man konnte sich auf ihn verlassen, er war ehrlich und integer. Und er hatte eine wunderbare Art, mit den Belangen seiner Kunden umzugehen.«
    Hain sah ihn verwundert an.
    »Herr Hainmüller hat uns gestern erklärt, er sei zu dicht an seinen Kunden drangewesen. Er hätte die ›nötige professionelle Distanz‹, wie er sich ausdrückte, vermissen lassen.«
    Vockeroths Gesichtsausdruck wurde sichtbar ärgerlich. »Vielleicht sollte ich doch bei Gelegenheit einmal ein Gespräch mit meinem Abteilungsleiter führen. Diese Behauptung kann ich ganz und gar nicht nachvollziehen. Wie gesagt, Dieter Brill war einer unserer profiliertesten Mitarbeiter.«
    »Geht es Ihrem Jungen wieder besser?«, wechselte Lenz bewusst das Thema. Vockeroth sah ihn erstaunt an, und sein Gesichtsausdruck klarte auf.
    »Ja, natürlich. Wir sind da etwas übervorsichtig, meine Frau und ich. Nein, eigentlich mehr ich. Aber ich freue mich, dass Sie nachfragen. Vermutlich hat Herr Hainmüller Ihnen von den gesundheitlichen Problemen meines Sohnes erzählt.«
    »Ja, das hat er. Aber danach hat er uns nicht wirklich weiterhelfen können oder wollen.«
    »Leider wird er das auch jetzt nicht tun können, er hat sich nämlich heute Morgen krankgemeldet.«
    Lenz hob interessiert den Kopf.
    »Was hat er denn?«
    »Das weiß ich nicht. Und wenn, dann dürfte ich es Ihnen auch auf keinen Fall sagen«, gab Vockeroth grinsend zurück.
    »Ist er öfter krank?«
    »Ich habe ihn erst letztes Jahr kennengelernt, als er zu uns gekommen ist, und in dieser Zeit war er einige Tage arbeitsunfähig, ja. Aber ich würde es nicht als auffällig bezeichnen.«
    Er sah die Polizisten verwundert an.
    »Haben Sie einen Verdacht gegen Herrn Hainmüller?«
    »Im Moment nicht.«
    »Das klingt wie: ›könnte aber jeden Moment losgehen‹.«
    »Vielleicht können Sie uns dabei helfen, Herrn Hainmüller besser zu verstehen. Er hat sich gestern nicht sehr kooperativ gezeigt, um das mal vorsichtig auszudrücken.«
    »Kooperatives Verhalten ist nicht seine größte Stärke, soviel kann ich Ihnen sagen. Aber erzählen Sie doch mal, was gestern vorgefallen ist.«
    Lenz schilderte Vockeroth das Zusammentreffen mit Hainmüller.
    »Ach je, das schon wieder. Natürlich wusste er, dass Brill schwul gewesen ist. Jeder hier im Amt wusste das. Aber Hainmüller hat damit mehr Schwierigkeiten gehabt als andere. Vielleicht …«
    Es klopfte, und eine junge Frau im Minirock kam herein, grüßte und servierte den Kaffee. Dann verschwand sie wieder.
    »Vielleicht sollte ich Ihnen dazu ein paar Sätze sagen, damit das besser nachzuvollziehen ist.«
    Er gab Milch und Zucker in seinen Kaffee und trank einen Schluck.
    »Hainmüller ist Mitglied in einer Religionsgemeinschaft. Keine Sekte, aber auch nicht ganz ohne. Und schwule Menschen mögen sie dort vermutlich nicht so gut leiden. Es hat mich nie im Detail interessiert, aber Hainmüller hat es Brill wohl deutlich merken lassen, was er von ihm hielt.«
    »Hätten Sie nicht einschreiten müssen, als Amtsleiter und Vorgesetzter der beiden?«
    »Darüber habe ich manchmal nachgedacht, mich aber dagegen entschieden. Erstens sind das zwei erwachsene Menschen, von denen ich erwarte, dass sie miteinander

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