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Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok

Titel: Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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müssen: All das ließ Yonathan die Zeit vergessen. Seine Freunde drängten ihn zu nichts, grenzte es doch an ein Wunder, dass er überhaupt den Grünen Nebel klaren Verstandes überlebt hatte. Yonathan sollte gesund werden, das wünschten sie ihm.
    So verstrich Tag um Tag und er vergaß fast völlig, warum er eigentlich an diesen Ort gekommen war. Er hatte das Gefühl schon immer hier gelebt zu haben. Und er wünschte sich für immer in diesem friedlichen Land bleiben zu dürfen.
    XII.
     
     
     
    Traum oder Wirklichkeit?
     
    Ein falscher Hund
    Beim Frühstück war Jonathans Laune nicht die beste. Das hatte nur zum Teil damit zu tun, dass sich sein Großvater vor einer halben Stunde mit einem Gesicht wie sieben Tage Regenwetter hinter seiner Morgenzeitung vergraben und seitdem nur wenige, unverständliche Laute von sich gegeben hatte. Auch, dass der Yonathan aus seinen Träumen zurückgekehrt war, war nicht der eigentliche Grund für seine Unzufriedenheit, obgleich doch dadurch die Hoffnung, dass er seine körperliche Behinderung besiegt habe, wie Seifenblasen zerplatzt war.
    Nein, der Grund für seine Stimmung war ein ganz anderer: Er ärgerte sich über Yonathan, seinen Traumbruder. Hatte dieser doch anscheinend seinen Auftrag vergessen! Sicherlich, zweimal hatte er von diesem Auftrag gesprochen, sich seiner erinnert. Doch jedes Mal hatte Din-Mikkith ihn gebremst und ihm gesagt, er müsse erst gesund werden, erst wieder zu Kräften kommen.
    Aber jetzt war er doch wieder bei Kräften!
    Warum tat er dann nichts?
    Jonathan musste etwas tun! Aber er wusste nicht was. Es war kein Problem für ihn, am Abend einzuschlafen und seinen Traum dort fortzusetzen, wo er ihn am Vorabend unterbrochen hatte. Aber seinen Träumen einen anderen Verlauf zu geben – das hatte Jonathan noch nie versucht.
    Ein ärgerlicher Seufzer entfuhr ihm. Die Zeitung auf der anderen Seite des Tisches raschelte kurz und nichts und niemand schien von seiner Stimmung Kenntnis zu nehmen. Was hatte es auch für einen Sinn, einen Traum beeinflussen zu wollen? Träume sind Träume, die Wirklichkeit ist das, was zählt. Ja, das klang vernünftig!
    Aber es half trotzdem nichts.
    All die klugen Argumente, die Jonathan sich einzureden versuchte, drangen nicht zu seinem Herzen vor, das sich weigerte sich von seinem Verstand etwas weismachen zu lassen.
    Also gut, sagte er sich. Es muss einen Weg geben. Ob Traum oder nicht, der Auftrag ist zu wichtig.
    Mit diesem Vorsatz im Sinn wandte er sich wieder den nahe liegenden Dingen zu. Der Großvater hinter seiner Zeitung brummte etwas vor sich hin, von dem Jonathan nur Bruchstücke mitbekam – es ging um die Besetzung des deutschen Ruhrgebiets durch die Franzosen und darüber, dass man sich lieber um die Probleme im eigenen Land kümmern solle, ansonsten würden die Konservativen bei der nächsten Wahl schon merken, wie der britische Bürger darüber dächte. Jonathan fasste sich ein Herz und unterbrach das Gemurmel von gegenüber: »Warum hast du heute eigentlich so üble Laune, Großvater?«
    Einen Augenblick herrschte Schweigen hinter der Zeitung – offensichtlich hatte Jonathan einen wunden Punkt angesprochen. Dann folgte unverständliches Gebrumme und Geraschel.
    »Wie bitte?«
    »Ich sagte, ich habe heute Morgen einen Termin mit einem unserer Schafhirten – eine unangenehme Sache.« Der Tonfall des Großvaters hatte eine Tendenz ins Aggressive.
    »Ich hab mich ja nur gewundert…«, beschwichtigte Jonathan. Nach einer Weile siegte jedoch die Neugier. »Welcher Hirte ist es denn?«
    »Theodor Galloway.«
    »Hat er etwas angestellt?«
    »Ja!«
    »Was denn?«
    Erneute Stille – wie vor einem Gewitter. Langsam senkte sich die Zeitung auf den Frühstückstisch nieder und tauchte mit einem Zipfel in die Marmelade. Das Gesicht des Großvaterszeigte Ärger, Missmut und Groll.
    »Du kannst ja erst mal deine Zeitung zu Ende lesen und es mir nachher erzählen«, beschwichtigte Jonathan.
    Zu seinem Erstaunen entspannte sich das Gesicht des alten Lords ein wenig und er erklärte: »Eigentlich wollte ich dich nicht damit belasten, aber vielleicht ist es besser so. Schließlich wirst du einmal der Herr auf Jabbok House sein. In dieser Eigenschaft hat man manchmal mehr Pflichten als Rechte.«
    Jonathan hörte aufmerksam zu.
    »Theodor hat gestohlen – drei Schafe.«
    »Der alte Theo soll gestohlen haben?« Jonathan war wie vor den Kopf gestoßen. »Das kann ich einfach nicht glauben!« Er kannte den Oberhirten seines

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