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Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok

Titel: Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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meine Herde gerettet hast und vor allem, weil du zu mir gekommen bist. Ich verspreche dir: Es wird alles gut.« An Jonathan gewandt sagte er: »Ich glaube, wir können jetzt die Herren wieder hereinrufen.«
    »Darf ich Thomas noch eine Frage stellen, Großvater?«
    »Sicher.«
    »Was war das für ein Jaulen, Thomas, das die Schafe erschreckte? Du nanntest es ›unnatürlich‹. Wie hast du das gemeint?«
    Der Sohn des Hirten zuckte mit den Schultern. »Es hörte sich nicht an wie ein Hund.«
    »Wölfe gibt es hier doch schon lange nicht mehr.«
    »Nein, Mylord«, widersprach Thomas, »kein Wolf.«
    »Auch wilde Hunde hat es schon seit Jahren nicht mehr in dieser Gegend gegeben.«
    »Es hat sich angehört… als würde jemand ein Hundejaulen nachmachen.«
    »Nachmachen?«, wiederholte der Lord erstaunt.
    »Ja. Ich habe einmal Ronald McGuire beobachtet, als er betrunken aus der Schenke kam. Er jaulte den Mond an wie ein Hund. Etwa so hatte sich das Jaulen angehört, das in dieser Nacht die Schafe aufschreckte.«
    »Großvater!«, rief Jonathan. »Wer würde eigentlich den Posten des Oberhirten bekommen, wenn Theo nicht mehr da wäre?«
    »Ronald McGuire ist nach Theodor am längsten bei mir. Er ist zwar längst nicht so fleißig wie Theo, aber ich glaube, ihm würde der Posten zustehen. Du meinst doch nicht etwa…?«
    Jonathan nickte. Dann wandte er sich Thomas zu und fragte ihn: »Was ist eigentlich mit eurem Finny geschehen?«
    »Er hat eine Beule am Kopf, aber sonst geht es ihm wieder gut.«
    »Wie verhält er sich Fremden gegenüber.«
    »Ihr kennt doch Finny, Master Jonathan. Er ist ein ausgebildeter Hirtenhund. Er schlägt zwar an, wenn sich ein Fremder unserem Haus nähert, aber sonst ist er lammfromm.«
    »Gibt es irgendwelche Personen, die er anbellen oder gar angreifen würde.«
    »Nein. Ich kenne niemanden.«
    Jonathan nickte seinem Großvater zu.
    »Du hast uns und deinem Vater sehr geholfen, Thomas«, ergriff der wieder das Wort. »Vielen Dank noch mal. Am besten du verlässt das Haus wieder durch das Herrenzimmer. Dann sieht dich niemand.«
    »Ihr werdet meinem Vater nicht erzählen, dass ich hier war?«
    »Wenn es sich vermeiden lässt, nicht, mein Junge. Aber trotzdem ein Rat: Du solltest deinem Vater und deiner Mutter alles anvertrauen – sie sind deine engsten Freunde.«
    »Ich werde darüber nachdenken, Mylord.«
    »Tu das, Thomas. Zum Abschluss noch eine Bitte: Kannst du uns so schnell wie möglich euren Finny bringen?«
    Thomas’ Gesicht strahlte mit einem Mal. »Nichts ist leichter als das, Euer Lordschaft. Er wartet vor dem Haus auf mich.«
    »Glaubst du, Finny würde mir für einen Augenblick folgen?«
    »Wenn ich in der Nähe bleibe und Ihr ihn an einer Schnur führt – dann schon.«
    »Gut. Dann bring ihn schnell ins Herrenzimmer und warte dort mit ihm, bis ich ihn hole.«
    Sobald Thomas den Raum verlassen hatte, wies Lord Jabbok Alfred an, die Männer wieder in die Bibliothek zu rufen – der Diener selbst nutzte die Gelegenheit und blieb auch gleich am Ort des Geschehens. Das lange Warten hatte die Neugier der beiden Hirten, des Verwalter und natürlich des Dieners geweckt. Erwartungsvoll blickten sie auf Lord Jabbok. Die Luft knisterte vor Spannung.
    Mit ernstem Gesicht stand der Herr von Jabbok House hinter seinem Schreibtisch auf und erklärte an seinen Oberhirten gewandt: »Da du, Theodor, zu dem besagten Fall nicht weiter Stellung nehmen willst, muss ich denn das Urteil fällen, wie es die vorliegenden Fakten mir diktieren.«
    Jonathan kniff misstrauisch die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Was führte sein Großvater da im Schilde? Er sah den niedergeschlagenen Blick in Theodor Galloways Augen und das Triumphieren in Ronald McGuires Gesicht.
    Der alte Lord fuhr fort: »Wer mir einen bewussten Schaden zufügt – zum Beispiel, indem er mir meine Schafe nimmt –, der kann nicht länger in meinen Diensten stehen.«
    »Hört, hört!«, rief Ronald. Er rieb sich die Hände voller Vorfreude über das Urteil, das Theodor jeden Moment vernichten würde.
    Ein einziger Blick des Lords brachte ihn sofort wieder zur Ruhe. Dann richtete der Herr von Jabbok House das Wort erneut an seinen Oberhirten: »Du, Theodor, hast deinen Hund Finny von mir erhalten, als er noch ein ganz kleiner Welpe war. Ich sagte damals zu dir, du sollst aus ihm einen guten Hirtenhund machen und ich muss zugeben, du hast ganze Arbeit geleistet. Er ist der beste Hund aller meiner Herden. Er verteidigt die Schafe und

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