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Nest: Jake Sloburn Horror-Thriller

Nest: Jake Sloburn Horror-Thriller

Titel: Nest: Jake Sloburn Horror-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz C. Frey
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hörte Jakob einen Schrei, oder so etwas Ähnliches. Er setzte sich auf und lauschte. Ein Schrei der Lust, höchstwahrscheinlich. Derartige Geräusche waren an einem Ort wie diesem durchaus zu erwarten.
    Das darauf folgende Rumpeln, so als ob ein schwerer Gegenstand zu Boden stürzte, war allerdings nicht zu überhören, und Jakob schrak unwillkürlich zusammen. Fragend drehte er sich zu Diana um, die ihn lächelnd ansah und sich streckte wie eine große, blonde Raubkatze, eine zahme Tigerin vielleicht. Hätte bloß noch gefehlt, dass sie zu schnurren anfing.
    »Die Kinder haben ihren Spaß, mein Liebster«, sagte sie zu Jakob. »Bei Nadescha klingt das öfter so. Wahrscheinlich stemmt er Gewichte, während sie ihm einen runterholt.« Sie kicherte.
    Ihre Worte klangen seltsam vulgär und Jakob musste sich fast schon bemühen, ihr Lächeln zu erwidern. Offenbar hatte sie ihre Rolle als seine strenge Klassenlehrerin abgelegt, betrachtete den Job als erledigt.
    Sie war noch immer die elegante Dame von vorhin, zumindest fast, aber sie hatte sich verändert . Ihre Schminke (im Lichte des »Danach« betrachtet, war es sogar reichlich Schminke) hatte hier und da abzublättern begonnen und nun sah man ihr das Alter auch ein wenig an. Jakob konnte die Ansätze winziger Bartstoppeln auf ihren Wangen erkennen. Plötzlich wurde ihm kühl und er fröstelte.
    Außerdem musste er pissen.
    »Ich muss mal«, sagte er.
    »Schräg gegenüber. Zweite Tür links«, antwortete das Wesen, das sich ihm als Diana vorgestellt hatte, vor Urzeiten, so schien es. Ihre Stimme klang tief, fast schon zu tief, seltsam brüchig und verbraucht – und jetzt nur noch geschäftsmäßig. Das verführerische Fabelwesen war verschwunden und hatte etwas anderes zurückgelassen. Etwas Zynisches, in dessen Augen Spott und sanfte Ungeduld lagen. Als Jakob seinen Slip vom Boden raffte und ihn hastig überzog, schüttelte sie mit einem schiefen Grinsen den Kopf und drehte sich auf den Bauch, wobei Jan einen flüchtigen Blick auf die Cellulite an der Rückseite ihrer Schenkel erhaschte. Es schien sie nicht zu kümmern.
    Sollte sie ihren Kopf schütteln, wie sie wollte, er würde sich außerhalb dieses Zimmers jedenfalls nicht splitternackt sehen lassen, geschweige denn sein Gehänge jedem präsentieren, der zufällig vorbeikam. So imposant war es nun auch wieder nicht.
    »Komm bald zurück, Liebster!«, rief sie ihm nach und plötzlich klang es wie ein alter, schal gewordener Witz. Ihr schiefes Grinsen war jetzt kaum mehr als eine alte, verblichene Karnevalsmaske. Jakob wurde schlecht. Auf einmal wollte er nur noch raus aus dieser billigen Kulisse eines Jugendzimmers.
    Während er auf dem Topf saß, die Hosen heruntergelassen, und sein Geschäft verrichtete, barg er das Gesicht in seinen Händen und begann, seine Schläfen mit den Handballen zu massieren.
    Er hatte es mit einem Schwulen getrieben, oder einem Zwitter, oder wie auch immer dieses Geschöpf sich selbst bezeichnen mochte. Gott, wann hatte er sich eigentlich solche Abartigkeiten in den Kopf gesetzt? Was schwelte da in ihm und wie lange hatte es ihn schon gequält?
    War das wirklich noch er selbst, war das seine Natur oder hatte ein flüchtiges Begehren, das in dem Jungen gewohnt hatte, sich zu einem Verlangen gesteigert, einfach deshalb, weil es plötzlich möglich schien, hier in diesem Haus der seltsamen Freuden am Rande der Stadt?
    Wie auch immer, er war jedenfalls davon geheilt, für immer. Dessen war er sich jetzt sicher. Plötzlich wollte er nur noch zu Hause sein, bei Julia. Bei Julia, die er liebte, auch dessen war er sich nun sicher. Gott, er würde ihr auf der Stelle ein verdammtes Gewürzregal bauen und es an die Wand der Küche schrauben. Und anschließend die Garage streichen, wenn es sein musste.
    Er beschloss, dass er die anderen Jungs zum Aufbruch bewegen musste, und zwar schleunigst. Und mit Jan würde er anfangen. Aller Voraussicht und dem Schrei von vorhin nach zu urteilen, war der inzwischen ebenfalls fertig – was auch immer er mit der kleinen, durchtrainierten Russin angestellt haben mochte.
     

10
     
    D as Hemd, das Jake Sloburn trug, war aus dickem, blickdichtem Leinenstoff gefertigt, sodass man die dunklen Tätowierungen nicht sah, welche, von Händen, Hals und Gesicht abgesehen, seinen ganzen Körper bedeckten. Dicht an dicht, umeinander und ineinander verschlungen bildeten sie seltsame geometrische Muster, von denen einige wie okkulte Symbole und andere noch am ehesten wie

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