Nest: Jake Sloburn Horror-Thriller
Pissen, Liebster?« Ihre Stimme hatte jede Sanftheit verloren, war laut und herrisch. Ungeduldig. Ihr 'Pissen' hatte geklungen wie bei Ka , der Schlange aus dem Dschungelbuch. Pisss-hen.
Die große Spiegelfläche in der Wand, die …
»Oder soll Mami dir bei deinem Geschäft helfen?« Da war wieder dieses irre Kichern. Spöttisch, verachtend. Und noch etwas.
… eigentlich gar keine Spiegelfläche war, sondern …
»Jetzt komm endlich da raus, du Hurensohn!« Nun schrie sie. Trat – Rums! – gegen die Tür zum Klo. Zornig. Gierig.
… eine Tür. Eine Schranktür. An der sich kein Griff befand.
Er versuchte, seine Finger in den schmalen Spalt zwischen den Spiegelsegmenten zu stecken, um daran zu ziehen. Zwecklos. Er bekam nicht einmal eine seiner Fingerkuppen hinein.
Auf dem Gang wurde nochmals laut an die Klotür gewummert, dann wurde sie unvermittelt aufgerissen und knallte krachend gegen die Wand.
Jakob streckte eine Hand nach der Spiegelfläche aus und drückte darauf. In diesem Moment – am Rande seiner Wahrnehmung – bemerkte er dass die Härchen auf seinen Unterarmen abstanden wie ein dichter, flauschiger Verband.
Die Stelle gab seinem Druck nach und die riesige Spiegeltür schwang auf der anderen Seite einen Spaltbreit auf. Überrascht von der plötzlichen Bewegung klemmte er seine Finger in dem Spalt ein. Er biss sich auf die Lippen, um einen erschrockenen Fluch zu unterdrücken.
Dann hastete er zum anderen Ende des Spiegels und zog die Schranktür ganz auf. Dahinter gab es nur wenig Platz, aber der genügte. Würde genügen müssen. Jakob schlüpfte in den Zwischenraum und zog die Tür zu.
Und kam sich auf der Stelle wie ein Idiot vor.
Denn das, hinter dem er sich zu verstecken suchte, war ganz offenbar eine Glasscheibe. Er brauchte eine Weile, um zu kapieren, dass er hinter etwas stand, das er bislang nur aus Filmen kannte, was aber derart gut zu seiner momentanen Umgebung passte, dass es fast schon zum Klischee geriet.
Der Spiegel war einer von der Sorte, die nur von einer Seite wie ein Spiegel aussehen und hinter der sich, in schützendes Dunkel gehüllt, alles Mögliche verstecken und unbemerkt dem Treiben vor dem Spiegel zuschauen konnte. Ein voyeuristisch veranlagter Bordellbesitzer zum Beispiel. Oder Kameras. Ein absurde Panik blitzte durch Jakobs Gedanken – Kameras! Gab es vielleicht auch im Jugendzimmer Kameras? Und waren diese vorhin angeschaltet gewesen?
Während Jakob immer noch versuchte, sich mit dem Gedanken anzufreunden, dass er von der anderen Seite des Spiegels aus tatsächlich nicht gesehen werden konnte, bemerkte er, dass sich ein Druck auf seine Ohren gelegt hatte. Das kleine Zimmer hinter den Spiegeln war so gut wie schalldicht, was in etwa so angenehm war, wie in einer Telefonzelle auf dem Grund des Meeres zu stehen. Und den entscheidenden Nachteil hatte, dass man nicht mitbekam, was draußen auf dem Flur vor sich ging. Sicher gab es irgendwo Mikrofone und Lautsprecher, damit man den Geräuschen der sich verlustierenden Besucher auf der anderen Seite lauschen konnte. Allerdings war dies ganz sicher nicht der richtige Zeitpunkt, um in der Dunkelheit nach Knöpfen und Schaltern zu suchen, mit dem möglichen Ergebnis, ein fiependes Feedback-Geräusch zu erzeugen – also ließ es Jakob bleiben und schaute weiterhin gebannt zur Tür.
Als diese plötzlich aufflog, zuckte er so heftig zusammen, dass er sicher war, die Erschütterung müsse auf der anderen Seite des Spiegels bemerkt worden sein. Diana stand plötzlich mitten im Raum. Und doch war es irgendwie auch nicht Diana.
Alle Anmut war aus ihrer Erscheinung gewichen und aus der erotischen, hochgewachsenen Frau mit dem entzückenden, kleinen Geheimnis war etwas gänzlich anderes geworden. Ein gierig grinsendes Wesen mit zu Klauen verkrümmten Fingern bewegte sich auf das Bett zu – an dessen Kopfende Jakob hinter den Spiegeln stand und nicht wagte, zu atmen.
Sie war nackt, bis auf einen Samthandschuh, der nachlässig auf ihrem Unterarm hing und in diesem Moment sah alles an dem Diana-Wesen obszön und ekelerregend aus. Die prallen Brüste standen unnatürlich vor und wirkten auf abnorme Weise angeschwollen, als hätte ein Kind zwei riesige Kugeln aus Knetmasse an den Körper seiner zerfledderten Barbiepuppe gepappt. Der glitschige Schwanz baumelte glänzend wie ein obszöner Fremdkörper zwischen den Schenkeln der Frau hin und her, am ganzen Körper war ihre blasse Haut von rötlichen Flecken überzogen und ihre
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