Nest: Jake Sloburn Horror-Thriller
lange blonde Mähne war zerwühlt und hing schief auf ihrem Schädel . Gott, das ist eine Perücke, dach te Jakob in wirrer Panik und ihm wurde erneut schlecht.
Das Schlimmste war allerdings ihr Gesicht. Seelenlose, gierige Augen in einer puppenhaft geschminkten Fratze blickten unruhig im Raum umher – mit einem zu unnatürlicher Starre verzogenen Grinsen, suchend, forschend . Es sah aus, als hätte eine blinde Visagistin den Schädel einer Leiche geschminkt.
Der Blick des Diana-Dings glitt unstet durch den Raum, dabei pendelte ihr Kopf auf dem dünnen, zerbrechlich wirkenden Hals hin und her wie das grausige Pendel einer Großvateruhr.
Und dann entdeckte sie Jakob , sah direkt durch das Spiegelglas in seine Augen und das abstoßende Grinsen auf ihren aufgesprungenen Lippen wurde noch ein wenig breiter. Die Kreatur stakste auf den Spiegel zu und Jakob spürte das nackte Grauen, das von dem Ding ausging wie wabernder Gestank. In seinen Schläfen erwachte ein schmerzhaftes Pochen und er erstarrte wie ein Reh, das in das Scheinwerferlicht eines heranrasenden Wagens geraten ist, unfähig sich zu bewegen. Er konnte nur immer wieder den gleichen, unsinnigen Satz denken:
‘Eine Perücke, mein Gott – sie trägt eine Perücke!’
Und dann ging das Wesen vor dem Spiegel auf die Knie und betrachtete, immer noch feixend, die Lache auf dem Boden. Keine fünf Zentimeter von Jakobs Füßen entfernt beugte die Kreatur ihr Gesicht hinunter zu dem kleinen See aus Blut und begann daran zu schnüffeln. Das irre Grinsen wurde noch etwas breiter und entblößte spitze Zähne – mehr Zähne als in ihrem Mund hätten Platz finden dürfen – und eine lange, schlängelnde Zunge.
Dann tauchte das Ding seine Zunge in die Lache auf dem Boden und begann damit, das Blut aufzuschlabbern wie ein Kätzchen seine Milch aus einer Schale. Der Anblick war grotesk und es war wahrscheinlich das blanke Entsetzen, das Jakob in diesem Moment lähmte und ihn davon abhielt, sich zu übergeben und seinen Standort damit tatsächlich preiszugeben. Als es genug geschlürft hatte, stand das Ding wieder auf und Jakob starrte zwischen dem widerwärtig baumelnden Penis ( Gott, war dieser Prügel riesig und er hatte ihn im ... ) und dem irren Puppengesicht hin und her. Auf der Nasenspitze des Dings saß jetzt ein kleiner roter Fleck, der den bizarren Kätzchencharakter der Erscheinung noch unterstrich. Einige blonde Strähnen ihrer verrutschten Frisur waren von dem Blut verklebt, in das sie getunkt worden waren. Wie eine Raubkatze in einer dieser Doku-Serien im Fernsehen , Heinz Sielmanns Expeditionen ins Tierreich oder etwas in der Art, dachte Jakob. Sie war ein Leopard, der seinen Kopf gerade in den Körper eines erlegten Tiers gewühlt hat und nun herausfordernd und majestätisch in die Kamera blickt. Nein, verbesserte sich Jakob panisch, sie war kein Leopard, sondern ein anderes Raubtier, ein Aasfresser. Ein Leichenausweider, der die noch warmen Därme aus den Körpern der erlegten Beutetiere riss und gierig herunterschlang, verschlagen, grausam, gnadenlos. Und irre. Kichernd, wie eine – eine Hyäne, ja. Und diese Hyäne schien gerade erst auf den Geschmack gekommen zu sein.
Und jetzt war sie hungrig.
Das Diana-Ding richtete sich wieder zu seiner vollen Größe auf und starrte noch einen Moment gedankenverloren auf die Stelle, an der der Spiegel geborsten war. Dann ruckte es herum und ging nackt und blutverschmiert aus dem Zimmer.
In der kleinen Kabine hinter dem Spiegel gab es tatsächlich einen Schalter für ein Mikrofon, das sich im Schirm der großen Deckenlampe in der Mitte des Zimmers befand. Und direkt daneben war ein Lichtschalter, den Jakob eher zufällig dadurch fand, dass er an der Wand der Kabine in sich zusammenrustchte. Sofort erhellte dezentes Licht das Innere des kleinen, geheimen Raumes.
Die Beleuchtung war wohl dazu gedacht, dass man ein Buch lesen oder sich Brandy nachschenken konnte, wenn einem die Vorstellung jenseits der Scheibe zu öde wurde. Dergleichen Bedürfnisse verspürte Jakob im Moment allerdings nicht – sein Puls war immer noch knapp unter einhundertachtzig Schlägen die Minute und sein Herz kämpfte tapfer gegen die Panik, die ihn hinauszutreiben schien auf den Gang in die reißenden Arme des irre grinsenden Hyänenwesens.
Er schaute sich um und stellte fest, dass der Raum größer war, als er angenommen hatte und Platz für einen bequemen Sessel und eine kleine Minibar bot. All das nahm Jakob jedoch nur am Rande
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