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Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim

Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim

Titel: Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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dort konnte sie die Straße überblicken.
    Stockdunkel war es inzwischen geworden, man konnte nicht mehr die Hand vor Augen sehen. Und doch rührte sich Tante Lenchen nicht vom Fleck, obwohl der Regen sie schon zum zweiten Mal durchweicht hatte.
    Nein - nein, es konnte ja nicht sein, was ihre erregte Phantasie ihr in der beklemmenden Finsternis immer wieder vorzumalen suchte. Es war ja nicht denkbar, daß die Kinder auf dem Watt von der Sturmflut überrascht worden waren!
    Ihre Haare sträubten sich vor Entsetzen, wenn sie nur an die Möglichkeit dachte nein, bestimmt waren sie bei guten Menschen und kamen bald heim.
    Die Glocke ertönte - schon Abendbrotzeit. Nun half es nichts, nun mußte sie es der Schwester sagen. Sie würde die beiden doch sicherlich gleich vermissen.
    So unbefangen wie möglich entledigte sich Tante Lenchen ihrer schweren Botschaft.
    »Peter und Annemarie hatten sich von den anderen abgesondert, sind mal wieder ihre eigenen Wege gegangen. Sie sind wegen des Unwetters sicherlich irgendwo untergetreten«, kam sie einer Frage der Schwester zuvor.
    Frau Clarsen beruhigte sich zuerst dabei. Aber als das Abendessen verlief, ohne daß die beiden Vermißten erschienen, als sie bemerkte, daß Tante Lenchen keinen Bissen zum Mund führte, begann das Herz auch ihr zu schlagen.
    Nachdem die Kinder den Eßsaal verlassen hatten, winkte Frau Clarsen Fräulein Mahldorf und Miß John zu sich.
    »Wo haben Sie die Kinder zuletzt gesehen?« forschte sie angstvoll.
    Da kam es zutage, daß dies auf dem Watt der Fall gewesen war.
    Das Watt - entsetzt bedeckte Frau Clarsen beide Augen. Das tückische Watt - so manchen Menschen hatte es schon in seinen Fluten begraben!
    »Um Gottes willen, sendet Leute aus, laßt alle nach den Kindern suchen«, kaum hielt sich die zarte Frau vor Erregung aufrecht.
    Tante Lenchen jagte bereits zum Friesenhäuschen.
    »Vadder Hinrich -wir müssen nach Peter und Annemarie suchen, sie sind auf dem Watt verlorengegangen…« Was sie bisher sich gesträubt hatte, zu glauben, war ihr plötzlich zur Gewißheit geworden.
    Vadder Hinrich und Mutter Antje saßen am grünen Kachelofen. Er qualmte seine Pip Tobak, während sie das Spinnrad drehte. Jäh hielten sie beide in ihrer friedlichen Beschäftigung inne.
    »Jo - jo - wenn dat se in de Sturmflut rinnenkummen sünd, denn gnade ihnen uns' Herrgott. Da werden wir se woll nich eher, als wenn wedder Ebbe is, herutfischen«, sagte der Alte, umständlich seine Pfeife aus dem Mund nehmend.
    »Ach Snack - da, treck (zieh) dich lieber dein Tranjack an, man en büschen fixing, und such nach unsern Kinners«, oll Modder Antje, die sonst nicht leicht ihre Ruhe verlor, sprang erschreckt auf. »Ick gah' ok mit, de lütte Deern un den ollen Jung, de wulln wir schon wedder nah Hus (nach Hause) bringen.« Die gute Alte zog selbst hohe Wasserstiefel an.
    »Jo, jo - ein hellsehen sweres Stück Arbeit wird's woll sünd - leichter is dat all, ein Schiff der See abzujagen, als zwei so lütte Kinners. Na, heven (haben) Se man keine Bang nich«, wandte er sich an das junge Fräulein, »labendig oder dot, oll Vadder Hinrich bringt se.«
    Das war nun gerade nicht dazu angetan, Tante Lenchens furchtbare Sorge zu zerstreuen. Während Mutter Antje Laternen entzündete und Vadder Hinrich fortstampfte, um noch einige andere Lotsen zur Suche herbeizuholen, eilte sie zur Rettungsstation, Fräulein Mahldorf getreulich hinter ihr her.
    »Sie können sich ja auch bei der Dunkelheit in der Heide verirrt haben«, an diesen Trost Fräulein Mahldorfs klammerte sich Tante Lenchens armes Herz.
    Auch von der Rettungsstation wurden sofort Leute in alle Richtungen ausgesandt, nach den Verlorenen zu forschen. Gerade als Tante Lenchen die Rettungsstation wieder verlassen hatte, klingelte das Telefon. Der Leuchtturmwächter meldete, daß die Kinder bei ihm in Sicherheit seien. Ein Bote eilte sofort mit der guten Nachricht den beiden Fräulein nach.
    Tante Lenchen, die sich bisher so tapfer gehalten hatte, versagten jetzt die Füße. Sie mußte sich an ein Gartengitter lehnen. Dann aber zwang sie mit Gewalt die Schwäche nieder. Heim zur Schwester, die vor Angst um die ihr anvertrauten Kinder verging.
    Kurz vor Villa Daheim trafen sie auf die ausziehende Lotsenkolonne. Wie Glühwürmchen leuchteten ihre Laternen in der Dunkelheit.
    »Sie sind da - sie sind beim Leuchtturmwächter!« Tante Lenchen rief es schon von weitem.
    »Dat hew (hab') ick wüßt, dat läßt uns' Herrgott da oben nich

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