Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim
Nähkästchen, beklebt mit Muscheln hatte »ihr Kind« für sie verfertigt. Für Puck gab es eine echte friesische Landwurst. Das Schönste aber für die Eltern war das selbstgeklebte Album mit Fotoabzügen von Fräulein Mahldorf, das ihre Lotte und die übrigen Clarsenschen Kinder in allen möglichen Aufnahmen zeigte. Das Beste aber für die Eltern war, daß ein rundes, frisches Gesichtchen ihnen aus all den Bildern entgegenlachte. Wie ein blühendes kleines Bauernmädel schaute ihr Nesthäkchen jetzt aus. Das machte die Eltern sehr glücklich. Frau Clarsen fügte jedem Kinderpaket noch selbstgebackenen Friesenkuchen bei.
Mit welcher Aufregung wurden nun erst die Pakete aus der Heimat von den Kindern erwartet. Aber die kleinen Neugierigen mußten sich gedulden; vor der Bescherung erhielt keiner das seinige.
Durch die verschneite Heide über die weißen Dünen kam der Heiligabend endlich geschritten.
Den vereisten Strand entlang liefen am Frühnachmittag Peter und Annemarie neben Miß John. Ein Henkelkörbchen trug jedes der Kinder, damit schlidderten sie über die glattgefrorenen Stellen. Annemarie und Peter brachten der Leuchtturm-Christel einen Weihnachtsgruß, zum Dank für die liebevolle Hilfe damals in der Sturmnacht.
Auf den leisbewegten Wellen schaukelte ein weißes Segelboot - so friedlich, daß es den Kindern fast undenkbar schien, daß dies dieselbe See sei, die donnernd und brüllend sie damals in Schrecken versetzt hatte.
»Heute ihr nicht uerden laufen mich davon, Kinders. Heute ihr uerden bleiben in das Gehorsam«, sagte Miß John halb ernst, halb scherzhaft, als sie sich auf den Weg machten.
In dem Häuschen des Leuchtturmwächters setzte Christel die Weihnachtsgrütze ans Feuer. Sie hatte ein kleines Bäumchen mit wenigen Lichtchen besteckt und wartete auf die Heimkehr des Vaters. Darunter lagen ein Paar wollene Strümpfe, die das fleißige Mädchen für den Vater gestrickt hatte. Ob sie selbst auch etwas zu Weihnachten erhalten würde? Christel glaubte es nicht. Der Vater hatte die letzte Zeit schweren Dienst gehabt, er war kaum aus seinem Turm herausgekommen, und die Mutter war schon lange tot.
»Wir zwei werden wohl heute leer ausgehen, Miesebrecht«, meinte sie ein wenig schwermütig zu dem schwarzen Kater, der zu ihren Füßen schnurrte.
Da ging die Tür auf - nur einen schmalen Spalt - herein schob sich ein Körbchen, wie durch Geisterhand. Und noch eins - ganz still stand die Christel, sie wagte sich nicht zu rühren.
Waren das die guten Onnerbankjes, die Heinzelmännchen, welche Kindern am Weihnachtsabend schon so manches Mal einen Wunsch erfüllt hatten?
»Fröhliche Weihnacht!« - tönte es zum Stübchen herein. Das klang eigentlich ganz menschlich. Aber als die Christel jetzt beherzt aus der Tür trat, da war alles leer. Keine Menschenseele zu erblicken. Nun war die Christel ihrer Sache sicher.
Kein anderer als die guten Onnerbankjes hatten ihr eine Weihnachtsüberraschung bereitet.
Das blonde Mädel ahnte nicht, daß hinter dem Holzschuppen zwei kleine Menschenkinder sich neben Miß John versteckt hielten, die jetzt zum Fenster schlichen, um die Freude der auspackenden Christel zu erspähen.
Ei, die schöne warme Jacke, die würde an Sturmtagen gut warm halten. Und die hübsche Brosche, schon lange hatte sich Christel eine gewünscht. Eine Sonntagsschürze aus feinem Battist -was, immer noch mehr? Bunte Zopfbänder - nein, auch noch ein Buch! -Wer anders sollte ihr das alles geschenkt haben als die Heidemännlein! Das andere Körbchen war mit guten Eßwaren gefüllt: mit Äpfeln, Pfefferkuchen und Nüssen, Christstollen und einem leckeren Schinken. Diesen Korb umstrich Miesebrecht, der Kater. Sicher hatten die guten Onnerbankjes dabei auch an ihn gedacht.
Als Peter und Annemarie mit rosenroten Wangen und Naschen - denn es war kalt geworden -von ihrer Weihnachtswanderung heimkehrten, gab es für sie noch allerlei zu schaffen. Vadder Hinrich hatte für jedes der Kinder ein niedliches Tannenbäumchen aus der Heide geholt. Das durften sie sich selbst nach eigenem Geschmack schmücken. Gerda behängte den ihren mit bunten selbstgeflochtenen Papierketten, mit zierlichen Körbchen und rotbäckigen Äpfelchen. Auch Vronli und Gretli, Lothar und Klein-Annekathrein fanden einen bunten Baum am schönsten. Peter war für Silberlametta und vergoldete Tannenzapfen. Annemarie aber machte sich ein weißes Winterbäumchen. Nichts weiter als flimmernde Schneewatte und Lichter, so sah
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