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Nesthäkchen 04 - Nesthäkchen und der Weltkrieg

Nesthäkchen 04 - Nesthäkchen und der Weltkrieg

Titel: Nesthäkchen 04 - Nesthäkchen und der Weltkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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Kieselsteinbraten. Aber daß dies nichts für die lebendige Puppe war, soviel verstand Annemarie doch schon. Auch daß die vom Mittag übrig gebliebenen Erbsen mit Sauerkraut sich nicht recht zur Säuglingsnahrung eigneten, war ihr klar. Milch trank sie selbst nicht gern, da mochte das Wickelkind sie am Ende auch nicht. Aber das gab’s nicht - kleine Kinder müssen Milch trinken, sie wollte ihren Jungen schon gut erziehen.
    Unter solchen Gedanken goß Nesthäkchen Milch in eine Tasse und begab sich damit schnell ins Wohnzimmer, aus dem es ihr bereits wieder »äääh - äääh« entgegenmauzte.
    »So, mein kleines Kerlchen, nun trinke schön«, Annemarie hielt dem kaum sechs Wochen alten Kind die Tasse an den Mund. Das wußte natürlich nichts damit anzusaugen, da es bisher nur aus der Flasche getrunken hatte. Es schlug mit den Fäustchen Annemarie fast die Tasse aus der Hand. Der Inhalt schwippte über Kind und Puppenbetten.
    Da schrie das Wickelkind natürlich noch viel mehr, daß es krebsrot im Gesicht wurde. Denn es fühlte sich in dem Milchbade ungemütlich.
    »Bist du aber ein kleiner Unart!« Annemarie fand die Kindererziehung doch gar nicht so einfach. Vergeblich tupfte sie mit ihrem Taschentüchlein die Milchtropfen und die Tränen von dem roten Gesichtchen. Was fing sie bloß mit der heulenden Puppe an?
    »Ob ich Zucker in die Milch tue, Hans?« ratlos stand Nesthäkchen aus der einen Seite des Puppenwagens und der Obersekundaner mit nicht viel schlauerem Gesicht aus der andern.
    Ja, Kinder machen Sorgen!
    »Die Tasse ist wohl zu groß für seinen kleinen Mund, vielleicht gibst du es ihm mit dem Teelöffel«, überlegte der Große ganz verständig.
    »Nee, lieber aus meinem Puppentäßchen, aus dem schönen rosa mit goldenen Blümchen. Daraus wird er sicher gern trinken.«
    Annemarie holte das Täßchen herbei, goß Milch hinein und tat zum Überfluß auch noch Zucker zu. Wenn der Junge aber jetzt wieder so ungezogen war, dann mußte sie es mit Strenge versuchen.
    Ob das Sechswochenkind die Absichten seiner kleinen Pflegemutter ahnte, oder ob es wirklich das schöne rosa Täßchen mit den Goldblumchen vorzog - es begann jetzt eifrig zu schlucken und zu schlecken.
    Nein, war das niedlich! Annemarie strahlte vor Mutterstolz, und auch Hans atmete erleichtert aus. Denn schließlich hatte er doch die Verantwortung für das Wurm.
    Nachdem die winzige Puppentasse fünfmal geleert war, fand Nesthäkchen sorglich, daß dies für ein so kleines Kindchen genug sei. »Sonst verdirbst du dir am Ende den Magen, mein Kleiner.«
    Das Wickelkind war entgegengesetzter Ansicht. Es war jetzt erst auf den Geschmack gekommen. Und ausgehungert war es obendrein. Da es seine Meinung nicht anders äußern konnte, begann es wieder nachdrücklich zu schreien.
    Nun war seine kleine Pflegemutter so klug wie zuvor. Ob sie es mit einem Klaps versuchte? Bei Eigensinn half der am besten, das wußte Nesthäkchen noch von sich selber her. Aber sie mußte sich die Liebe ihres Kindes doch erst erringen, zu große Strenge war da sicherlich nicht am Platz.
    Unter diesen Überlegungen zog sich Annemarie ihren Kinderstuhl an den Puppenwagen, nahm ihr Strickzeug wieder zur Hand und ließ ihren Jungen in aller Gemütsruhe schreien.
    »Wie heißt es denn, Hans?«
    »Weiß ich doch nicht. Die Leute, die es gefunden haben, kannten es gar nicht.«
    »Dann muß ich es taufen.« Angestrengt dachte Annemarie über einen besonders schönen Namen für ihr Wickelkind nach. »Wie findest du Brutus - oder auch Odysseus - nein, halt - ich hab’s - wir nennen ihn Hindenburg.«
    Hans wollte zwar einwenden, daß dies kein Vorname sei, aber der kleine Hindenburg überschrie ihn mit Feldherrnstimme.
    Da erschien in der Tür, angelockt von den merkwürdigen Tönen, die vom Einholen zurückkehrende Köchin.
    »Um Himmels willen - was ist denn das für ‚ne Bescherung?«
    »Ein süßes Kind - wir haben ein Kind gekriegt, Hanne - es heißt Hindenburg!« Das kleine Mädchen blickte erwartungsvoll in Hannes derbes, rotes Gesicht. Was würde die bloß zu ihrem Jungen sagen?
    Die sagte aber gar nichts. Sie tippte nur nicht mißzuverstehend gegen ihre Stirn. War denn die ganze Welt durch den Krieg verrückt geworden?
    »Ich hab‘ Angst, daß die Russen zu uns kommen, und nun kommt statt dessen so’n kleenes, vermickertes Wurm - und Hindenburg - nee, wie können Eltern ihr Kind bloß so verrückt nennen - - - » ließ sich Hanne endlich mit dem schlauesten Gesicht der Welt

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