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Nesthäkchen 04 - Nesthäkchen und der Weltkrieg

Nesthäkchen 04 - Nesthäkchen und der Weltkrieg

Titel: Nesthäkchen 04 - Nesthäkchen und der Weltkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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eine Bewegung nach dem Hof hin.
    »Hier sind wir jetzt?« Annemarie hätte in ihrer Seligkeit, am Ziel ihrer Irrfahrt angelangt zu sein, den alten Professor am liebsten umarmt.
    »Auf ein paar Tage sind wir hier einquartiert, bis wir anderswo ein Obdach finden«, scherzte Professor Herwig, der das Glück deutlich aus den blauen Kinderaugen leuchten sah. »Aber sage mal,« setzte er ernst werdend hinzu, »wie kommt denn das, daß du nicht mit den andern hierher geführt worden bist - warst du von einer Stunde dispensiert?«
    Wenn sie jetzt »ja« sagte, dann war die ganze peinliche Angelegenheit erledigt. Einen Moment schwankte Doktors Nesthäkchen, nur einen einzigen.
    »Ich bin zu spät gekommen«, sagte es dann leise - Annemarie war ein ehrliches Kind.
    »Siehst du, so bestraft sich das Versäumnis selbst«, sie kam noch glimpflich, ohne Strafpredigt davon.
    Aber das Zuspätkommen sollte sich noch viel mehr strafen.
    »Wie werden die Jungs sich wundern, daß ich jetzt auch in ihr Gymnasium gehe«, dachte Annemarie voll Stolz, als sie den Schulhof betrat.
    Mit lautem Hallo wurde sie von ihren vier Freundinnen in Empfang genommen. Das gab des Lachens kein Ende, als sie in ihrer drolligen Art erzählte, daß sie den Soldaten einen Besuch abgestattet. Die anderen Schülerinnen hatten die Klassenräume gar nicht mehr betreten. Sie waren im Hof versammelt und dann in das benachbarte Gymnasium geführt worden. Die gute Margot war schon vor Aufregung vergangen, was nur aus Annemarie geworden.
    Diese berichtete, wie niedlich der kleine Max noch gewesen, und daß er ganz hell ausgejauchzt habe.
    »Er hat aber auch allen Grund, sich zu freuen, der kleine Bengel - mein Bruder Hans sagt, er wäre bereits ein Krösus. Vater hat uns nämlich einen Zwanzigmarkschein für unsere Junghelferinnenkasse gestiftet. Ich habe sie gleich mitgebracht, da Beträge über zehn Mark doch stets an Fräulein Hering abgeliefert werden sollen - da sind sie!« Großartig griff Annemarie in die Tasche ihres Kleides, um den Freundinnen den Schatz zu weisen.
    Plötzlich wurde sie ganz blaß. Sie zog die Hand leer zurück.
    »Mein Portemonnaie - mein kleines Muschelportemonnaie aus Wittdün, wo kann es bloß hin sein?« Fassungslos begann sie noch einmal in der Tasche zu suchen. »Ich habe es doch bestimmt noch gehabt, wie ich zur Schule ging. Beim Rennen fühlte ich es immer gegen mein Knie schlagen - - - » wieder begann das ausgeregte Suchen.
    Mit entsetzten Augen standen die Freundinnen ringsum.
    »Kehr‘ doch deine Tasche mal um, Annemarie«, riet Ilse Hermann.
    Da kam ein zerdrücktes Taschentuch heraus, ein Kreisel, zwei Stücken Zucker, mehrere Bleistiftenden und ein winziger Gummiball - kein Muschelportemonnaie.
    Doktors Nesthäkchen begann laut zu heulen. Schülerinnen ans allen Klassen sammelten sich neugierig um das schluchzende Kind.
    »Wenn der Unterricht zu Ende ist, gehen wir noch mal in die Volksschule, vielleicht hast du’s auf dem Wege verloren«, redete ihr die praktische Marlene gut zu. Während Margot einem solchen ungeheuren Verlust gegenüber kein Wort des Trostes fand.
    »Ich hab‘ es sicher verloren, als ich mein Taschentuch dort in der Klasse herauszog«, jammerte das arme Ding. »Ach, was mache ich denn nun - es ist doch gar nicht mein Geld, es gehört doch dem Junghelferinnenbund!«
    »Wenn du es noch nicht abgeliefert hattest und es von deinem Vater war, gehört es eigentlich noch dir«, überlegte Marianne. Allen tat die arme Annemarie schrecklich leid.
    »Nee, nee…, mir gehört es nicht - es gehört dem kleinen Ostpreußenmax!« begehrte Nesthäkchens Rechtlickeitsgefühl auf. »Und nun habe ich das arme Würmchen, das weder Eltern noch Heimat hat, auch noch um sein erstes Vermögen gebracht!«
    Mitten hinein in all den Jammer, alle die Ratschläge und all das Suchen gellte die Schulglocke, die zur Stunde rief.
    »Bitte doch Fräulein Drehmann, ob du nicht erst dein Portemonnaie suchen darfst«, schlug Marianne vor.
    »Wir schreiben doch jetzt Klassenaussatz - die Stunden sind verlegt worden, weil zuviel Zeit mit dem Umzug verloren ging.« Es erschien der gewissenhaften Margot undenkbar, den Klassenaufsatz zu versäumen.
    Auch Annemarie wies den Vorschlag von sich. Weniger aus Gewissenhastigkeit, als um Fräulein Drehmann nicht erst darauf aufmerksam zu machen, daß sie zu spät zur Schule gekommen und die erste Stunde versäumt hatte.
    Wo waren die stolzen Gefühle hin, mit denen Nesthäkchen das Gymnasium der

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