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Nesthäkchen 05 - Nesthäkchens Backfischzeit

Nesthäkchen 05 - Nesthäkchens Backfischzeit

Titel: Nesthäkchen 05 - Nesthäkchens Backfischzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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ärgerlich.
    »Ach, Herr Kutscher«, noch einmal versuchte Annemarie ihre ganze Liebenswürdigkeit, »seien Sie doch kein Frosch und fahren Sie uns nach dem Alexanderplatz. Dann bringen wir Ihnen auch ein großes Stück Geburtstagskuchen von unserer Freundin mit.« Aber nicht mal das verfing.
    »Nee, det können Se nich von mir verlangen. Da würde meine Liese nicht schlecht aufmucksen.«
    »Die Liese sieht doch so sanft aus.« Annemaries Blicke streichelten nun auch zärtlich den fliegenumsurrten Gaul.
    Es half nichts. Die vier mußten von Liese und ihrem Besitzer Abschied nehmen. Da standen sie nun mitten auf dem Weddingplatz, fern von ihrem Ziel, und die Hitze lastete wie ein schweres Brett auf dem Kopf.
    »Das haben wir feingemacht ... dreimal gehörnte Kamele sind wir«, verfiel Annemarie in Selbstbetrachtungen.
    »Und der Kaffee wird kalt, und den Geburtstagskuchen essen sie inzwischen gewiß auf«, jammerte Marianne.
    »Auf heißen Kaffee verzichte ich ... aber wir müssen sehen, daß wir ein anderes Fuhrwerk nach dem Alexanderplatz bekommen«, ermannte sich Annemarie.
    »Was ... noch mal soviel Geld ausgeben?« entsetzte sich Margot. »Können wir nicht laufen?«
    »Dann sind wir heute in die Abend da, Margot, du bist eine geizige Krragen.«
    »Und außerdem können wir 'n Hitzschlag kriegen«, stellte Annemarie fest.
    »Hier kommt ja ein Wagen nach dem Alexanderplatz ... sogar ein Auto. Damit sind wir schnell da.« Marianne wies auf einen Lastwagen, der gerade in einer grauen Staubwolke hielt.
    »Da steht ja dran 'Berliner Abfuhrgesellschaft' ... pfui!« Margot rümpfte das Näschen.
    »Macht nichts ... die Hauptsache, daß wir schnell hinkommen und der Kuchen noch nicht aufgefuttert ist«, regte sich Marianne auf.
    »Immer rauf ... es fahren ja noch mehr Leute mit. Mistgeruch soll sogar gesund sein«, entschied das Arzttöchterchen.
    Das Hinaufkommen war nicht so einfach. Die hohe Rückwand des Wagens mußte erst heruntergeklappt werden; eine Leiter wurde angestellt; darauf balancierten die jungen Damen in das duftende Innere. Hinter ihnen klappte der Wagen wieder zu.
    »Pfui Deibel ... ist das hier eine Luft!« Der Wagen strömte bei der Hitze einen doppelt widerwärtigen Geruch aus. »Wo ist denn unsere lebendige Parfümflasche? Komm, Marianne, zwischen uns mußt du dich stellen, sonst wird man ohnmächtig.« Man riß sich plötzlich um die nach Veilchenparfüm duftende Freundin. Weder Bänke noch Stühle gab es in dem wenig einladenden Müllwagen. Nebeneinander wie die Ölsardinen wurden die Fahrgäste stehend eingeschachtelt. Bei jeder Ecke fielen sie kreischend aufeinander. Denn an dem schmutzigen Wagen mochte sich keiner festklammern.
    »Wie in der Arche Noah«, lachte Annemarie, deren Humor nie versagte.
    »Hoffentlich wirr nicht krriegen auch das Sintflut.« Vera schaute bedenklich in den Himmel.
    Nanu? Was war denn mit dem vorgegangen? Der war doch vor kurzem noch ganz blau gewesen. Der weißliche Dunst hatte sich verdichtet, zu schweren, unheilvollen Wolken geballt. Fahl und stechend kam ein letzter Sonnenstreif aus grauschwarzem Gewölk.
    Sollten Mutters Knochen am Ende doch recht behalten?
    »Ehe das Wetter herunterkommt, sind wir da. Unser vornehmes Mistauto rast ja mit uns wie der Deubel mit seiner Großmutter!« Annemaries glücklicher Leichtsinn behielt noch immer die Oberhand.
    Aber das drohende Unwetter war noch schneller als die Berliner Abfuhrgesellschaft. Zuerst ein Windstoß ... ein Staubwirbel, daß man die Augen nicht mehr aufmachen konnte.
    So ... das war der Auftakt. Nun die ersten Tropfen, schwer und langsam. Und jetzt ein blendender Zickzack, die siedenden Luftwellen zerteilend. Gleich darauf ein Krachen, ohrenbetäubend und entsetzenerregend. Nicht nur Margot, die große Furcht vor dem Gewitter hatte, schrie vor Schreck auf, auch die andern klammerten sich angstvoll aneinander.
    Als ob der Höllenschlund seinen verderbensprühenden Rachen aufgetan hätte, war die Luft plötzlich von schwefelgelben Feuern durchlodert. Blitz auf Blitz ... Dröhnen, Krachen und Bersten ... peitschender Gewittersturm ... Regengepladder.
    Mitleidlos durchweichte der Regen die zarten Sommerkleider auf dem offenen Wagen. Wie ein kaltes Sturzbad ging es über die erschöpften Menschen.
    »Das tut gut.« Ein Fahrgast nahm seinen Hut vom Kopf und ließ das Regenwasser wie aus einer Dachrinne davonlaufen. »Das tut gut«, sagte er aufatmend.
    Darüber konnte man geteilter Meinung sein. Die vier Backfische

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