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Nesthäkchen 05 - Nesthäkchens Backfischzeit

Nesthäkchen 05 - Nesthäkchens Backfischzeit

Titel: Nesthäkchen 05 - Nesthäkchens Backfischzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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Sagte sie, daß sie die Stelle nur vorübergehend haben wollte, würde man sie sicher nicht nehmen. Wovon sollte sie dann leben?
    »Also dann ist die Sache in Ordnung. Wie heißen Sie?«
    »Annemarie Braun.« Einen fremden Namen mochte Nesthäkchen doch nicht angeben.
    »Wie alt?«
    »Ich werde siebzehn.« Sie war zwar vor kurzem erst sechzehn geworden, aber sie sagte damit keine Unwahrheit.
    »Wo sind Sie her?«
    »Aus ... aus Arnsdorf in Niederbayern.« Da kam sie ja wirklich her.
    »Schön ... haben Sie Verwandte am Ort?«
    »Nein, ich bin ganz fremd hier.«
    »Dann können Sie Ihren Koffer bringen und sobald als möglich zuziehen. Mein Mädchen ist aus einem Dorf in der Umgegend und möchte am liebsten sofort nach Hause, da die Mutter erkrankt ist.«
    »Ich könnte gleich hierbleiben, gnädige Frau. Das Notwendigste habe ich in meinem Rucksack draußen, und mein Koffer ... mein Koffer ist noch unterwegs.«
    Das war wieder keine Lüge.
    Dennoch wurde die gnädige Frau stutzig. Da schien irgendwas nicht zu stimmen. Aber sie war in großer Verlegenheit und froh, so schnell ein Kindermädel zu bekommen. Auch machte ihr die Neue einen guten Eindruck. So freundlich und freimütig war das junge Ding. Vielleicht ein bißchen zu fein, aber das war nur gut im Verkehr mit den Kindern. Da lernten sie nichts Schlechtes.
    »Gut, dann bleiben Sie gleich hier, Annemarie. Und noch eins. Sie müssen in den Sprechstunden den Patienten die Tür öffnen und lernen, Bestellungen für Herrn Doktor ganz genau aufzuschreiben und das Telefon zu bedienen. Es ist nicht allzu schwer.«
    »Das kann ich schon«, entfuhr es Annemarie unüberlegt.
    »Woher denn?« Wieder stutzte die Dame.
    Das neue Kindermädel wurde rot bis an die krausen Blondhaare. »Ich habe zu Hause schon mal bei unserm Doktor geholfen.« Ach Gott, dies war das schwerste für die ehrliche Annemarie, daß sie ständig die Wahrheit umgehen mußte. Frau Lange gab sich zufrieden. Der Grund war einleuchtend.
    »Nun werde ich Sie gleich mit Ihren kleinen Pflegebefohlenen bekannt machen, Annemarie.« Die Dame schritt eine von der Veranda hinabführende Treppe hinunter in den Garten. Das neue Kindermädel folgte, selig, daß das schwere Examen so gut vorübergegangen war.
    »So, Rudi und Käterle, das ist eure neue Annemarie! Nun seid mal recht lieb zu ihr.«
    Ein allerliebstes, vielleicht zweijähriges Mädchen kam auf die Mutter mit tappelnden Schritten zu. Annemarie fing es lachend auf. Das Kleine verzog erst das Mündchen ein wenig, als ob es weinen wollte. Aber als es in Annemaries lustige blaue Augen blickte, begann es ebenfalls zu lachen und zu jauchzen.
    »Das freut mich, Annemarie, daß unser Käterle gleich zu Ihnen geht. Der Rudi, unser Großer, wird schon bald zehn Jahre. Gib der Annemarie die Hand, Rudi. Und dann ist da noch die Edith ... wo steckst du denn, Mädel?« Um die Ecke der Laube lugte ein braunes Lockenköpfchen und verschwand sofort wieder.
    »Wir werden uns schon anfreunden«, versprach Annemarie und ließ Käterle wie Bübchen Huckepack reiten. Durch den ganzen Garten klang das Jauchzen. Das braune Lockenköpfchen wagte sich wieder neugierig hervor.
    »Nun, ich sehe, Annemarie, daß Sie mit Kindern umzugehen wissen. Ich überlasse Ihnen jetzt meine kleine Gesellschaft. Gefrühstückt hat sie schon. Aber Sie selbst werden vielleicht hungrig sein?« fragte Frau Lange freundlich.
    »Ja, ich habe seit heute morgen noch nichts gegessen«, gab Annemarie zu. »Aber ich habe noch Stullen in meinem Rucksack, die werden sonst alt.«
    »Stullen?« lachte Rudi sie aus. Er kannte das Wort nicht.
    »Das sind Schnitten«, belehrte ihn die Mutter. »Aber wie kommen sie zu dem Berliner Ausdruck, Kind?«
    »Ich ... wir haben Verwandte in Berlin, die uns öfters besuchen«, redete sich Annemarie in größter Verlegenheit heraus. Nun mußte sie doch schwindeln.
    »Lassen Sie sich in der Küche einen Topf Suppe zu Ihren Schnitten geben, Annemarie. Rudi, zeige der Annemarie die Küche.« Kopfschüttelnd ging Frau Lange zurück ins Haus. Ob sie recht getan hatte, das fremde Mädchen, von dem sie nichts wußte, nur auf sein vertrauenerweckendes Wesen hin ins Haus zu nehmen?
    Irgendetwas war da nicht ganz in Ordnung ... am Ende war sie von Hause fortgelaufen. Aber schlecht war das Mädel sicher nicht. So konnten die blauen Augen nicht lügen.
    Das neue Kindermädel hatte die Bekanntschaft der Köchin gemacht, einer ziemlich mürrischen Person. Es hatte seiner Vorgängerin den

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