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Nesthäkchen 05 - Nesthäkchens Backfischzeit

Nesthäkchen 05 - Nesthäkchens Backfischzeit

Titel: Nesthäkchen 05 - Nesthäkchens Backfischzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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Suppe den Rücken lang laufen zu fühlen. Wieder wurde die Tischzeit verschoben, denn Herr Doktor mußte sich umziehen.
    Annemarie wollte nach ihrem Meisterstück möglichst schnell wieder entwischen.
    Da aber sagte Frau Lange: »Sie müssen das Käterle füttern, Annemarie. Die Kleine kann noch nicht allein suppen. Aber seien Sie jetzt vorsichtig, daß nicht wieder was passiert.« Das neue Mädchen lachte hell heraus, obwohl es soeben noch recht bedrückt gewesen war. Der Ausdruck »suppen« hatte auch in Arnsdorf stets die Lachmuskeln des Backfischchens gereizt. Verwundert sah der zurückkehrende Doktor die ungehörige Lustigkeit.
    »Du scheinst dir ein viertes Kind ins Haus genommen zu haben, Marta«, meinte er, als Annemarie mit den leeren Suppentellern wieder verschwunden war. »Wo hast du das ebenso hübsche wie ungeschickte Mädel her?«
    »Sie hat sich auf meine Annonce gemeldet. Ich weiß nicht, ob ich recht getan habe, sie ohne Zeugnisse und Empfehlungen zu nehmen. Mir kommt manches etwas abenteuerlich bei ihr vor. Aber die Augen machen solch einen ehrlichen Eindruck.«
    »Wie eine Hochstaplerin sieht das Mädel nicht aus«, entschied auch der Doktor.
    Annemarie brachte den Spinat. Dem Käterle mußte wieder geholfen werden, damit das weiße Tischtuch nicht in Gefahr kam. Herr und Frau Doktor Lange unterhielten sich über ein neues Bild, das ein Bekannter gekauft hatte. Es war eine Schwarzweißzeichnung. Sie waren sich nicht darüber einig, ob diese von Thoma sei.
    »Das Bild ist von Thoma«, entschied da plötzlich zu ihrer größten Verwunderung das neue Kindermädel die Meinungsverschiedenheit. »Ich kenne es genau ...«
    Annemarie brach plötzlich jäh ab, und ein großer grüner Klecks zierte Käterles Lätzchen. Sie biß sich auf die Lippen. Herrgott, da war ihr der Mund mal wieder davongelaufen, wie schon so oft. Hing doch das Bild daheim in Vaters Zimmer.
    »Nanu?« sagten die Herrschaften. Und dann brachen sie in ein belustigtes Lachen aus.
    »Was haben wir denn da für ein gebildetes Kindermädel bekommen?« rief der Herr Doktor.
    »Woher kennen Sie das Bild, Annemarie?« examinierte Frau Lange, wieder argwöhnisch werdend.
    »Es ... es hängt in dem Sprechzimmer von ... von dem Herrn Doktor, wo ich früher war.« Wenn sie nur nicht weiter fragen wollten. Dann kam am Ende alles heraus.
    »Sie waren schon mal bei einem Arzt, das ist mir lieb. Wie hieß er?« erkundigte sich der Doktor freundlich.
    »Doktor ... Doktor Wohlgemuth.« Das war irgendein befreundeter Kollege des Vaters. Aber es war Annemarie durchaus nicht wohlgemut dabei.
    »Wo war das?«
    »In ... in ... in ... ich habe den Namen des Ortes vergessen«, stieß Annemarie in plötzlichem Entschluß hervor. Nein, Nesthäkchen vermochte nicht derart zu schwindeln. Es ließ das verdutzte Käterle mit seinem Spinatteller sitzen und lief aus dem Zimmer, nur um den unbequemen Fragen des Doktors zu entgehen. Obwohl Annemarie vorher tüchtigen Hunger gehabt hatte, vermochte sie jetzt nicht zu essen. Daran war nicht etwa die mürrische Gesellschaft von Auguste, noch der ungedeckte Küchentisch schuld. Die Aufregung über die schwierige, verwickelte Lage, in die sie sich begeben, nahm Annemarie völlig den Appetit.
    Als die Kinder das Zimmer verlassen hatten, wandte sich Frau Lange an ihren Mann. »Nun, habe ich recht, Waldemar, stimmt die Sache mit dem neuen Kindermädel?«
    »Nein, da ist was nicht in Ordnung. Mir fielen gleich der Anstand auf, mit dem sie mich begrüßte, und die gepflegten weißen Hände. Daß sie eben im Begriff war zu lügen, stand ihr auf der Stirn geschrieben. Jedenfalls noch ein unverdorbenes Ding, dem die Unwahrheit nicht über die Lippen will. Was hat sie für Sachen mitgebracht?«
    »Gar keine. Sie trug ein geblümtes Bauernkleid. Außerdem hatte sie nur noch einen Rucksack bei sich. Ihr Koffer sei unterwegs, hat sie mir gesagt.«
    »Ich würde jedenfalls mal ihren Rucksack ansehen, Marta.«
    »Ach, Waldemar, es widerstrebt mir, heimlich an anderer Leute Sachen zu gehen.«
    »In diesem Fall ist es aber notwendig Man muß in heutiger Zeit vorsichtig sein, einen Fremden ins Haus zu nehmen. Vielleicht hat sie irgendetwas bei sich, was Aufschluß über ihre Persönlichkeit gibt.«
    Während Annemarie unten in der Küche Glas und Silber abtrocknete, wurde ihr Rucksack von Herrn und Frau Doktor Lange einer eingehenden Prüfung unterzogen. Da kamen allerdings merkwürdige Dinge zutage.
    Zuerst zog Frau Lange ein elegantes

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