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Nesthäkchen 05 - Nesthäkchens Backfischzeit

Nesthäkchen 05 - Nesthäkchens Backfischzeit

Titel: Nesthäkchen 05 - Nesthäkchens Backfischzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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Koffer fortschaffen helfen und sich selbst mit seinem Rucksack im Kinderzimmer einquartiert. Das war gut, daß sie nicht mit der brummigen Auguste zusammen wohnen mußte, sondern bei den Kindern schlafen sollte. Auguste hätte sich gewiß auch über die elegante Wäsche des neuen Mädchens gewundert.
    Frau Lange legte ein frisch gewaschenes schwarzes Satinkleid, Latzschürzen und Häubchen auf den Tisch.
    »Annemarie, Ihr Bauernkleid ist ja sehr nett, aber Herr Doktor wünscht, daß unser Mädchen in den Sprechstunden Schwarz trägt. Ich gebe daher jedem neuen Mädchen ein Kleid, zwei Schürzen und zwei Häubchen. Sind Sie länger als ein Jahr bei uns, dürfen Sie die Sachen behalten.«
    Annemarie mußte lachen. Da würde sie das Kleid wohl kaum bekommen. Als Frau Lange die Kinderstube verlassen hatte, schlüpfte sie in ihre neue Uniform. O Gott, sah sie drollig aus! Wie zu einem Kostümball. Das Kleid paßte vorzüglich. Die Schürze mochte auch noch gehen. Aber das Häubchen! Nein, war das komisch ... war das ulkig! Das neue Kindermädel lachte sein hübsches Spiegelbild unter dem weißen Tollhäubchen an, daß es Tränen in den Blauaugen hatte. Wenn doch nur eine der Freundinnen zum Mitlachen hier gewesen wäre.
    »Ei, Annemarie, Sie freuen sich ja so über Ihren neuen Staat. So was haben Sie wohl daheim in Ihrem Dorf noch nicht gesehen?« Lächelnd beobachtete die zurückkehrende Frau Lange die Lustigkeit ihres Kindermädels. »Nun können Sie noch für Käterle ein Paar Höschen plätten und dann mit den Kindern Spazierengehen.«
    Ach, das neue Kindermädel war gar nicht gewöhnt, zu plätten. Das bekam seine Wäsche, seine Blusen und weißen Kleider tadellos von dem Hausmädchen daheim hergerichtet. Mutti hatte manchmal gesagt, ihre Lotte solle sich nicht so bedienen lassen. Sie könne sich ganz gut allein eine Bluse aufplätten. Aber dann war ganz sicher die gute Hanne eingesprungen und hatte ihr das Plätteisen aus der Hand genommen. Nein, das litt die nicht, daß Nesthäkchen selbst plättete. Das »Kind« hatte sich gerade genug mit Lernen abzuquälen.
    »Bei uns zu Hause wurde mit demselben Eisen geplättet.«
    Wieder mußte sich Frau Lange über ihr verwöhntes Mädchen wundern. Aber elektrische Kraft war ja auf dem Lande billig, schließlich war man jetzt in jedem Nest schon fortgeschritten.
    »Das Plättbrett steht in dem Wirtschaftsraum neben der Küche. Auguste wird Ihnen schon Bescheid sagen.«
    Nun stand das neue Kindermädel mit dem elektrischen Eisen da. Ach, wenn Hanne doch hier gewesen wäre! Die hätte ihr sicher bei dem schwierigen Werk geholfen. Auguste rührte sich nicht von ihrem Spinat fort. Knapp, daß sie ihr die notwendigste Anweisung gegeben hatte.
    Plätten ist eine schwierige Kunst für den, der es nicht kann. Das neue Kindermädel bügelte die Kinderhöschen mit einem Kraftaufwand, daß ihm die hellen Schweißtropfen auf der Stirn perlten. Aber anstatt daß die Falten herausgehen sollten, plättete es lauter neue Falten und Fältchen hinein. Käterles Höschen wollten nicht glatt werden. Und was das schlimmste war, die schlohweiße Wäsche bekam eine bräunliche Färbung. Denn das Plätteisen war so niederträchtig, auch noch zu sengen. Eine halbe Stunde plättete Annemarie schon an den Höschen herum. Vor dem Kellerfenster des Wirtschaftsraums, das in den Garten hinausging, hockten die drei Pflegebefohlenen und lugten, ob ihr neues Kindermädchen denn immer noch nicht zum Spazierengehen bereit sei. Die Mutter hatte ihre drei schon selbst fertiggemacht, damit sie nur fortkommen sollten. Aber das neue Kindermädel erschien nicht. Frau Lange klingelte. Annemarie plättete ruhig weiter auf ihre Kinderhosen los. Sie ahnte gar nicht, daß das Läuten ihr gelten könnte. Das Klingeln wurde stärker. Es wurde Sturm.
    »Nu, wollen Se denn nich gefälligst ruff gähen«, rief Auguste unwirsch aus der Küche. »Der Radau ist ja schon reene nich mähr auszuhalten.«
    Erschreckt ließ Annemarie ihre Höschen im Stich und jagte die Treppe zu den Wohnräumen hinauf.
    »Aber Annemarie, sind Sie denn noch nicht mit dem einen Paar Hosen fertig? Die Kinder müssen Spazierengehen.« Frau Lange schien sehr wenig erbaut von ihrer neuen Perle.
    »Ja, fertig könnte ich schon längst sein, aber ... sie sind nicht sehr schön geworden. Ich hab's immer wieder von neuem probiert«, gab Annemarie mit der ihr eigenen Ehrlichkeit zu.
    »Sie haben noch keine Übung darin, Kind, Sie werden es schon lernen«,

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