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Nestor Burma in der Klemme

Nestor Burma in der Klemme

Titel: Nestor Burma in der Klemme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Die
Regierung hat soeben schärfere Bestimmungen für Ihren Berufszweig erlassen.
Wußten Sie das nicht?“
    „Doch, das wußte ich. Die Polizei weiß
ihrerseits übrigens von diesem Zwischenfall, wie sie es nennen. So gesehen, ist
Ihre Drohung ‘n Schuß in den Ofen, Monsieur Chabrot.“
    „Gestatten Sie, daß ich Ihnen ein Beispiel aus
der Geschichte erzähle? Vor einigen Jahren hat jemand Schüsse auf einen
Staatsmann abgegeben. Er wurde zum Tode verurteilt, die Strafe wurde jedoch
später in eine Zuchthausstrafe umgewandelt, weil das Opfer überlebte. Nach
sieben Jahren wurde der Mann begnadigt, mit der Auflage, sich nicht in Paris
aufzuhalten. Er kam aber trotzdem zurück. Die Polizei drückte beide Augen zu.
Doch eines Tages enthüllte eine Zeitung die Anwesenheit des Unerwünschten in
Paris. Die Polizei sah sich gezwungen, den Mann aus der Stadt zu verweisen.“
    „Das Beispiel war mir bekannt.“
    „Ich weiß, deswegen hab ich’s ja gewählt.“
    „Haben Sie eine Zeitung im Hintergrund?“
    „Wie gesagt, ich bin Direktor von I.D.U.S.“,
antwortete Chabrot mit einer leichten Verbeugung.
    „Erscheint diese... dieses Zeug etwa immer
noch?“ fragte ich, ohne die Mischung aus Erstaunen und Abscheu, die ich
empfand, zu verbergen.
    Chabrot nahm seine Zigarre aus dem Mund. So
konnte ich besser erkennen, wie mitleidig das Lächeln auf seinen Lippen war.
    „Aber, aber, Monsieur Burma!“ rief er seufzend.
„Oh, ich weiß! Seit 1940 weht in diesem Land der scharfe Wind der
Tugendhaftigkeit. Keine Tanzveranstaltungen, kein Pernod... Schon redet man von
einer Revolution! Ich möchte doch nicht hoffen, daß Sie auf dieses dumme
Geschwätz was geben...“
    „So behämmert bin ich nun auch wieder nicht.“
    „Sehen Sie! Auch wenn wir gewisse
Schwierigkeiten haben, so sind unsere Möglichkeiten doch unerschöpflich. Diese
Epoche — die ,Epoche der Tugendhaftigkeit“ möchte ich sie mal nennen — steht
ganz im Zeichen des anonymen Briefes. Man denunziert seinen Nachbarn bei
unserer Polizei... oder bei einer anderen. Denn — Sie, Monsieur Burma, sind
vielleicht zu sehr mit untreuen Ehefrauen beschäftigt und wissen es vielleicht
nicht — in unserem Land bewegt sich eine Besatzungsmacht, als wär sie hier zu
Hause. Sie hat ihre eigene Polizei, und die reagiert sehr empfindlich auf
bestimmte Dinge. Sie könnte zum Beispiel befürchten, daß Leute wie Sie, die
sich in den eben von mir zur Ausschmückung des Gesprächs erwähnten Kreisen
bewegt haben, weiterhin von eben diesen Kreisen angelockt werden. Da diese
Polizei die Gewohnheit hat, keine Vorsichtsmaßregel außer acht zu lassen, würde
sie sich ganz bestimmt um Ihre Person kümmern... falls ihr zu Ohren käme, daß
Sie wegen ihrer früheren Verbindungen eine Gefahr darstellen. Ich zweifle nicht
daran, daß die Herren Sie nach ein paar Monaten wegen guter Führung wieder
freilassen würden. Trotzdem, für den Augenblick wär’s doch sehr ärgerlich...“
    „Um so mehr, da ich Jude bin“, warf ich ein.
    „Sie sind ein kleiner Witzbold“, sagte Chabrot
lachend. „Aber ich werde die Anregung gerne aufgreifen.“
    „Nicht nötig. Wieviel?“
    Emmanuel Chabrot zerdrückte den Zigarrenstummel
im Aschenbecher. Seine Augen leuchteten auf.
    „Jetzt werden Sie überrascht sein, Monsieur
Burma“, sagte er langsam. „Wieviel? Nichts!“
    „Sollten Sie ein Menschfreund sein?“
    „Das haben Sie aber nett gesagt! ... Wie ich
sehe, scheinen Sie sich einen Schnupfen geholt zu haben. Sie würden mir die
größte Freude bereiten, wenn Sie ihn woanders als in dieser Stadt mit dem
ungesunden Klima auskurieren würden.“
    „Könnten Sie mir das vielleicht erläutern?“
    Er hatte sich schon eine ganze Weile nicht mehr
vorgebeugt. Jetzt tat er’s wieder. Diese vertrauliche Geste mußte einem
unbewußten Bedürfnis entsprechen, seinen Kopf unter das Fallbeil zu legen. Eine
Guillotine hätte ihm wie angegossen gepaßt!
    „Ich will nicht um den heißen Brei herumreden,
Monsieur Burma“, sagte er. „Mit Ihnen kann man offen reden und die Dinge beim
Namen nennen. Was ich von Ihnen für mein Schweigen erwarte, ist folgendes:
Jemand, mit dem ich... geschäftliche Beziehungen unterhalte, will Sie bitten,
seine Interessen zu vertreten. Dieser Schritt gefällt mir ganz und gar nicht. Ich
erwarte von Ihnen, daß Sie ihm Ihre Dienste verweigern. Und da berufliche
Neugier immer schnell geweckt werden kann, wäre es das Beste für alle
Beteiligten, wenn dieser Jemand Sie

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