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Nestroy-Jux: Ein Wiener Kaffeehauskrimi (German Edition)

Nestroy-Jux: Ein Wiener Kaffeehauskrimi (German Edition)

Titel: Nestroy-Jux: Ein Wiener Kaffeehauskrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Bauer
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mich gedrängt. Die wollten uns natürlich auseinanderbringen. Heute weiß
ich das, damals habe ich es nicht gewusst. He, hören Sie mir überhaupt zu?«
    Biedermann
sah jetzt ein bisschen so aus, als habe ihn der Schlaf übermannt. Er schüttelte
seinen Körper kurz durch und murmelte: »Ich bin ganz Ohr!«
    »Na hoffentlich!«
Leopold schaute sein Gegenüber prüfend an und vernichtete gleichzeitig den letzten
Rest in seinem Glas. »Jetzt kommt nämlich das Beste. Das heißt, jetzt kommt natürlich
das Blödeste, das ich jemals in meinem Leben gemacht habe. Ich habe mir einreden
lassen, dass ich Lisi auf die Probe stellen müsse. Meine Freunde meinten, es sei
ja einfach, zu einem ganz offensichtlich treuen Mann zu halten. Die wahre Liebe
beweise man erst, wenn man auch dann zu jemandem stehen würde, wenn es Zweifel an
seiner Treue gebe. Ich sollte also quasi den Elchtest machen. Deshalb erfand ich
eine Person, die gar nicht existierte, eine Art ideale Geliebte, und begann, Lisi
ständig von ihr zu erzählen. Zuerst war es Spaß, aber dann wurde es Ernst, bitterer
Ernst. Es gefiel mir, Lisi damit zu quälen und zu verunsichern.«
    »Ich glaube,
jetzt brauchen Sie noch einen«, riet Biedermann, der sah, dass sich Leopold in leichter
Auflösung befand. »Im Klub ist Alkohol allerdings streng verboten, falls Sie das
vergessen haben sollten.«
    »Ja, ja«,
grummelte Leopold und schenkte diesmal nur sich selber ein. »Ich sehe sie noch genau
vor mir, diese Fantasiefrau«, sinnierte er. »Klein und blond. Ein bisschen mollig,
nicht zu viel, aber gerade so, dass die Proportionen richtig herauskommen. Schmale
Lippen, nie ganz trocken, sondern immer ein wenig feucht, zum Küssen besser geeignet
als zum Reden. Zarte Hände, die einen immer wohlig erschauern lassen, wenn sie einen
berühren. Nur die Waden waren etwas stärker, als es dem durchschnittlichen Schönheitsideal
entsprochen hätte.«
    Biedermann,
der bei dieser Stelle richtig mitgelebt hatte, sackte wieder in sich zusammen. »Warum
denn das?«, wollte er wissen.
    Leopold
zuckte mit den Achseln. »Na, irgendeinen Fehler musste sie ja haben, sonst wäre
es nicht glaubwürdig gewesen«, meinte er gleichgültig. »Jedenfalls erreichte ich
schließlich das, was ich in meinem selbstzerstörerischen Drang wollte. Lisi machte
Schluss mit mir. Ich habe natürlich gemerkt, wie schwer es ihr gefallen ist, und
das hat es doppelt hart für mich gemacht. Ich habe mir eingebildet, dass es besser
so war, weil ich wieder ein freier Mensch sein würde. Dabei war ich nur dumm.«
    »Und Ihre
Freunde?«, fragte Biedermann.
    »Da ist
auch nicht viel Nachhaltiges daraus geworden«, resümierte Leopold. »Solche Leute
gehen einem mit der Zeit auf die Nerven, aber leider oft erst, wenn oder weil es
zu spät ist. Ich habe praktisch keinen Kontakt mehr mit ihnen. Eine Zeitlang habe
ich damals noch ein ziemliches Lotterleben geführt, mit Mädchen für einsame Stunden
und so. Dann ist ohnehin meine Arbeit hier im Kaffeehaus gekommen, und die hat sich
als bewährter Ersatz für Beziehungen mit Frauen jeglicher Art erwiesen. So, das
war meine Geschichte.«
    Leopold
fuhr sich kurz mit dem Ärmel über die Augen. Das Selbstmitleid hatte ihn übermannt,
und er hatte ein kleines bisschen geweint, aber er ärgerte sich gleich wieder über
seine Unbeherrschtheit. »Was geht denn da vor sich? Haben Sie getrunken, Leopold?«,
riss ihn Frau Hellers forschende Stimme aus seiner Verletzlichkeit.
    »Gewissermaßen,
ja«, gestand er überrascht.
    Frau Heller
schüttelte den Kopf. »Schön langsam mache ich mir wirklich Sorgen«, seufzte sie.
»Wie soll denn das weitergehen? Ich bin froh, dass morgen wieder der Herr Waldbauer
kommt.«
    »Ich auch«,
stotterte Leopold.
    »Ich will
noch einmal über Ihre momentane Verfassung hinwegsehen, die wahrscheinlich wieder
in weiß Gott was für einem Zusammenhang mit Ihren abgründigen Gedanken, das Verbrechen
betreffend, steht. Aber in Zukunft möchte ich mich wieder mehr der künstlerischen
Weiterentwicklung unseres Kaffeehauses widmen können und nicht ständig auf Sie aufpassen
müssen«, tadelte sie ihn weiter. »Nun denn. Ich habe die Leute bedient, so gut es
ging, während Sie hier Ihren Exzessen gefrönt haben. Sie brauchen nur mehr abzukassieren.
Ich glaube, es ist das Beste, wenn wir jetzt Sperrstunde machen.«
    »Wie Frau
Chefin befehlen«, gluckste Leopold, sich jetzt artig verneigend. »Ich fang einmal
mit dem Kassieren an, und zwar bei mir. ›Heute haben

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