Netha-Chrome
Kragen hineingezogen werden musste. Kaum war er drin, begann sich die Luke zu schließen und der Gleiter drehte in einer scharfen Kurve ab.
„Willkommen an Bord“, sagte Stavanger und senkte seine Stimme, als die Luke endgültig schloss und das Dröhnen des Antriebes kaum noch zu hören war. Wir standen nun in einem kleinen Frachtraum, der gerade groß genug war, um einen einzelnen Rover laden zu können. Gut, größer brauchte die Frachtabteilung eines Kanonenschiffes auch nicht zu sein.
„Danke“, keuchte ich und nahm meine Sauerstoffmaske ab. „Wo waren Sie so lange?“ Stavanger zuckte mit den Achseln.
„Es war überhaupt nicht geplant, dass wir euch so nahe an der Stadt abholen. Seien Sie froh, dass wir niemanden hängenlassen.“
„Es war auch nicht geplant, dass wir fast erschossen werden“, entgegnete ich etwas gereizt, als der Gleiter plötzlich zum Steilflug ansetzte und sich mein Magen komplett nach innen krempelte. Etwas überrascht hielt ich mich an einer Haltestange fest. „Was zum Henker…?“
„Wir müssen einen kurzen Trip durch die Stratosphäre machen“, erklärte Stavanger. „Um unsere Spuren auf ihrem Radar zu verwischen. Wie ich schon sagte, war das so nicht geplant.“
„Nett“, knurrte ich und spürte sofort wieder eine entsetzliche Übelkeit. „Seien Sie froh, dass ich mich gerade schon leergekotzt habe.“
„Sie dürfen gerne wieder aussteigen“, entgegnete Stavanger mit einem trüben Lächeln.
Der Gleiter flog jetzt eine langgezogene Schleife. Jeder andere hätte das wohl nicht bemerkt, da die künstliche Schwerkraft an Bord immer aktiv war und dafür sorgte, dass man von solch gewagten Manövern kaum etwas mitbekam. Mein Magen bemerkte das aber leider dennoch sehr schnell, zudem hatte ich von meiner Position aus einen herrlichen Blick durch ein kleines Sichtfenster nach draußen. Was die Übelkeit noch mehr begünstigte, da alles vollkommen verschwommen an mir vorbeiraste. Je weiter sich der Gleiter nach oben schraubte, desto dunkler wurde es um uns herum. In wenigen Sekunden befänden wir uns bereits im All.
„Wenn Sie mich auf einer lauschigen Ranch in den Outbacks aussetzen würden…“
„Verfügt diese Schiffsgattung nicht über eine Tarnvorrichtung?“, wollte Sydney vom Agenten wissen. Dieser nickte.
„Ja, das stimmt. Aber die ist in letzter Zeit etwas…eigenwillig. Unsere Energiesignaturen können wir deshalb momentan leider nur schwer tarnen. Ein Fehler in den Lichtleitern, glauben die Techniker.“ Er hielt abrupt inne, warf seine Blicke zu Toluca herum und schaute den Regulat etwas vorwurfsvoll an. „Apropos tarnen!“
Toluca machte sich kleiner, als er ohnehin schon war.
„Tut mir leid, Captain“, entschuldigte er sich leise. „Ich weiß, dass so nahe an der Stadt Kommunikationssperre herrscht. Aber ich hatte keine andere Wahl, also habe ich mich in Ihren Nano-Boss gehackt. Über Omega konnte ich Sie nicht kontaktieren, da die Soldaten es irgendwie geschafft hatten, ihn zu blockieren.“
Stavangers Miene hatte sich enorm verdüstert, doch als er sah, dass er den Regulat eingeschüchtert hatte, grinste er plötzlich.
„Was im Übrigen eine grandiose Idee war, Toluca. Wir müssten diese Methode ausbauen, um untereinander zu kommunizieren, ohne ewig Gefahr zu laufen, vom Protektorat entdeckt zu werden.“ Toluca nickte und strahlte nun übers ganze Gesicht.
„Danke, Sir. Ich werde einen Weg finden, wie wir auf diese Weise miteinander sprechen können, ohne dabei abgehört zu werden. Ich habe mir da sogar schon etwas überlegt.“
Stavanger hob warnend den Zeigefinger. „Aber wenn ich merke, dass Sie irgendeinen Unsinn in meinem Nano-Boss treiben, dann…“
„Seien Sie beruhigt, Captain Sir. Ich hacke mich lediglich in die Kommunikationsprogramme. Alle anderen Sub-Routinen bleiben unangetastet.“
Ich schaute erst Toluca an, dann Stavanger. Der Regulat hatte eine militärisch stramme Haltung gegenüber dem Agenten eingenommen. Ich runzelte die Stirn.
„Äh, Sir? Captain? Sie sind Captain, Stavanger? Was ist mit Agent?“
„Die Agency hat gewissermaßen aufgehört zu existieren“, klärte er mich auf. „Da wir alle bei der MDA früher im aktiven Militärdienst tätig waren, hielt ich es für richtig, unsere Dienstgrade wieder in den Vordergrund zu stellen. Außerdem benötigt der Widerstand eine militärische Rangordnung, um nur ansatzweise funktionieren zu können.“
„Das ist wohl wahr,“ nickte ich zustimmend.
Stavanger
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