Netha-Chrome
Millimeter.
„Ti“, sagte ich mit sanfter Stimme. „Bitte, glaub mir. Komm mit mir und du wirst alles verstehen.“
„Was soll ich verstehen? Das man dir eine Gehirnwäsche verpasst hat? Dass du die Ideale verrätst, auf die du als Duster geschworen hast? Oder dass du jetzt genauso redest wie Asharow?“ Ich breitete meine Arme aus und trat langsam einen Schritt zurück. Meine Blicke zuckten kurz zu den anderen Soldaten hinüber, die gerade checkten, ob sie auch alle Widerständler erwischt hatten. Mit gesenkten Gewehren stiegen sie über die Toten, jederzeit bereit, jedem den Gnadenschuss zu verpassen, der sich noch irgendwie rührte. Ich musste mich absetzen. Jetzt, solange ich noch irgendwie konnte.
„Ti? Ich werde jetzt durch diese Luke da gehen. Wenn du mir folgst, werde ich dich aufhalten müssen. Ich will nicht gegen dich kämpfen, Kleines. Hörst du?“
Tijuanas Gewehr begann zu zittern, ihr Gesicht verfärbte sich aschfahl.
„Ich…ich will auch nicht gegen dich kämpfen, Ark. Aber ich kann dich nicht entkommen lassen. Wenn du versuchst zu fliehen, muss ich dich aufhalten.“
Ich schüttelte langsam den Kopf. „Nein, musst du nicht. Wir sind Freunde, Ti. Du bist meine kleine Schwester. Wir schießen nicht aufeinander.“
„Du hast unsere Freundschaft beendet, als du dich diesen verdammten Terroristen angeschlossen hast, Sergeant!“
„Das sind keine Terroristen. Diese Leute wollen Freiheit. Freiheit für den Mars und seine Bewohner. Sie haben erkannt, in was für einem Unrechtssystem wir leben und…“
Ein Schuss löste sich aus Tijuanas Waffe und zerriss fast mein Trommelfell, ging aber knapp an mir vorbei und prallte funkenschlagend von einem Metallträger hinter mir ab.
„Du völlig verblödeter Idiot!“, schrie sie mich an und ihre Augen wurden glasig. „Wie konntest du dich denen anschließen? Wie konntest du zulassen, dass sie dich manipulieren?“
Es hatte keinen Sinn. Ich konnte nicht vernünftig mit ihr reden oder ihr alles erklären. Nicht hier und nicht jetzt!
Meine Blicke suchten nach den fliegenden Sonden, aber diese schienen bereits alle außer Gefecht gesetzt worden zu sein. Also riefen meine Gedanken nach Omega.
„ Omega? Omega? Ich brauche ein Ablenkungsmanöver!“
„Was soll ich tun?“, antwortete der Streamling in meinen Gedanken.
„Lass dir verdammt nochmal was einfallen! Du bist eine digitale Intelligenz!“
Die anderen Soldaten hatten nun endlich mitbekommen, was da zwischen mir und Tijuana ablief und kamen mit erhobenen Sturmgewehren auf mich zu. Die Latina hob eine Faust als Zeichen für ihre Leute, nicht in das Geschehen einzuschreiten. Und tatsächlich hielten die Kämpfer hinter ihr inne.
Ich erstarrte. Tijuana führte diese Truppe an! Meine kleine Latina, die einzige Person, der ich mein halbes Leben lang voll und ganz vertraut hatte, führte ein Killerkommando an, das unbewaffnete Männer und Frauen getötet hatte! Sie hatten sich niemals als Einsatzkräfte zu erkennen gegeben, waren ohne Vorwarnung in den Club gestürmt und hatten das Feuer eröffnet. Sie hatten Menschen, die fliehen wollten, von hinten erschossen.
„Corporal?“, flüsterte ich schockiert als ich sah, wie die Männer hinter ihr in ihrer Position verharrten. „Corporal führst du diesen Trupp an?“
„Ja. Sie haben mich zum Truppenführer ernannt, nachdem ich deine Nachricht empfangen hatte. Zu diesem Zeitpunkt war ich noch eine Verdächtige. Jetzt aber…“
Sie brach ab und vorwurfsvolle Blicke durchbohrten mich. Ich wusste, was sie sagen wollte. Aber ihre Vorwürfe interessierten mich nicht. Schließlich wusste ich, dass es nicht sie selbst war, die in mir einen Mitschuldigen des Blackouts und des darauffolgenden Chaos sah. Sie sah in mir das Gleiche wie damals in Asharow und seinen Sturmtruppen. Aber ich war nicht Asharow und ich war auch kein Terrorist. Ich hatte noch nie einfach so zum Spaß unschuldige Menschen getötet. Aber Tijuana hatte einen Trupp angeführt, der Wehrlose getötet hatte, auch wenn ich das weder glauben wollte noch glauben konnte.
Ich schaute die Latina fassungslos an. „Hast du ihnen befohlen, das Feuer auf Wehrlose zu eröffnen?“
Die Miene der Latina wurde zu Stein. Die Hand, in der ich immer noch meine Waffe hielt, begann unkontrolliert zu zittern. Ich wusste, wenn ich sie hob und die Waffe gegen die Soldaten richtete, war ich tot.
„Wehrlose?“, brach es aus ihr heraus. „Deine Wehrlosen haben einen Anschlag auf das öffentliche
Weitere Kostenlose Bücher