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Nette Nachbarn

Nette Nachbarn

Titel: Nette Nachbarn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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und mich
umzuziehen. Dann hatte ich bei All Souls angerufen und nach Nachrichten für
mich gefragt. Loo hatte meinen Anruf vom Nachmittag zuvor erwidert und erklärt,
er wäre den ganzen Vormittag über zu erreichen, und da ich ohnehin eine
offizielle Aussage machen mußte, weil ich Hoa Dinhs Leiche gefunden hatte, war
ich direkt zum Revier gefahren. Die Aussage hatte nur kurze Zeit in Anspruch
genommen, und ich mußte nicht einmal fünf Minuten vor Loos Büro warten.
    Jetzt sagte Loo zu mir: »Sind Sie
speziell an vietnamesischen Gangs interessiert?«
    »Ja. Ich glaube, sie werden ›der Staub
des Lebens‹ genannt.«
    Loo nickte. »Bui doi. Aber
irgendwie ist diese Bezeichnung für die Typen zu harmlos.«
    »Gibt es hier in der Stadt viele
derartige aktive Gangs?«
    »Schwer zu sagen. Die vietnamesischen
Gangs sind nicht so leicht festzunageln wie, sagen wir, die chinesischen oder
die südamerikanischen. Sie sind hervorragend organisiert, aber sie sind auch
ausgesprochen mobil. Sie treiben von Stadt zu Stadt — wahrscheinlich stammt
daher der Ausdruck ›Staub‹.«
    »Ich nehme an, das sind keine
gewöhnlichen Straßengangs.«
    »Nein. Es ist schwer, sie in den Griff
zu bekommen — oder auch nur zu sagen, wie das typische Mitglied aussieht. Die
Mehrzahl sind junge Männer, aber andere sind auch schon über vierzig. Es geht
das Gerücht, daß einige der älteren Mitglieder Teil von Nguyen Van Thieus
Elite-Leibwächtern waren. Aber das ist nur Gerede, nichts Sicheres. Sie neigen
dazu, ihre Verbrechen darauf zu beschränken, nur ihre eigenen Leute zu
bestehlen. Erpressung. Raub. Ihre Pläne sind manchmal recht undurchsichtig.«
    »Können Sie mir ein Beispiel geben?«
    »Erpressung. Bestechung. Erinnern Sie
sich an das chinesischvietnamesische Paar, das im letzten Jahr im District
Richmond zu Tode gefoltert wurde? Oder an das Paar, das im Sunset
niedergeschossen wurde?«
    Ich erinnerte mich vage, von diesen
Fällen in der Zeitung gelesen zu haben. »Das hing mit den Gangs zusammen?«
    »Wir vermuten es, aber es ist schwer zu
beweisen.« Loo lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Das Licht, das von den
Leuchtstoffröhren über seinem Kopf ausstrahlte, brach sich in seinen Brillengläsern.
»Unser größtes Problem, wenn es darum geht, Informationen zu erhalten oder
Bandenmitglieder zu verfolgen, ist die Angst, die sie in der vietnamesischen
Gemeinde entfachen. Opfer weigern sich auszusagen; und wenn sie es tun, werden
heftige Repressalien gegen sie ergriffen.«
    »Wie stehen die Chancen, daß ein junger
Mann von sechzehn Jahren mit einer dieser Gangs zu tun hat?«
    »Kommt auf den jungen Mann an. Wenn er
ein zielloser Mensch war, allein hier im Land, dann ist es sehr gut möglich.«
    »Der, an den ich denke, wohnte mit
seiner Familie im Tenderloin. Scheint eine ziemlich stabile Umgebung gehabt zu
haben. Er hat Elektronik studiert.«
    »Dann ist es zweifelhaft, daß er mit
den bui doi zu tun hatte.« Loo richtete sich auf, stützte die Unterarme
auf den Tisch. »Der junge Mann, von dem Sie da sprechen, ist das der, der
gestern abend im Globe Hotel umgebracht worden ist?«
    »Ja.«
    Er deutete auf eine Anzahl von
Berichten auf seinem Tisch. »Die Details kamen vor etwa einer Stunde von der
Mordkommission herein. Ich habe sie nur kurz durchgesehen.«
    »Ich wurde eingestellt, um ein paar
Vorfälle im Hotel zu überprüfen, und dabei fand ich die Leiche des jungen.«
    »Was für Vorfälle?«
    »Aktivitäten, die Angst erzeugten.
Nichts Ernstes — bis zum Mord.«
    Loo nickte. Er sah nachdenklich aus.
»Sie glauben also, daß diese Vorfälle in Zusammenhang mit den Gangs stehen
können?«
    »Es ist eine Möglichkeit.«
    »Ich würde sagen, eine sehr schwache.
Das Tenderloin ist relativ verschont geblieben von der Art von
Bandenaktivitäten, von der wir hier sprechen. Der Grund dafür ist, daß die bui
doi in erster Linie an Geld interessiert sind, und in diesen
Umsiedlungshotels ist nicht viel zu holen. Es ist wahrscheinlicher, daß die
Gangs bei den wohlhabenden Vietnamesen zuschlagen, die schon länger hier sind
und sich eingelebt haben, wie zum Beispiel jene Paare.«
    Das klang vernünftig, vor allem, wenn
man es im Zusammenhang mit diesem Lebensmittelhändler, Hung Tran, sah, der
erklärt hatte, die vietnamesischen Gangs wären keine Straßenbanden im üblichen
Sinn. Trotzdem war ich noch nicht gewillt, die Idee vollkommen aufzugeben.
»Aber die bui doi müssen doch irgendwo wohnen, wenn auch nur
vorübergehend, und

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