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Nette Nachbarn

Nette Nachbarn

Titel: Nette Nachbarn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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soll das nun wieder heißen?«
    »Sie kennen eine junge Vietnamesin
namens Dolly Vang?«
    »Wen?«
    »Dolly Vang. Sie wohnt im Globe.«
    Er kniff die Augen in einer so
gespielten Nachdenklichkeit zusammen, daß ich fast laut gelacht hätte.
    »Vielleicht ja«, sagte er dann. »Sie
sehen alle gleich aus — «
    »Sie sind Anfang dieser Woche gesehen
worden, als sie mit Dolly auf der Treppe im Hotel saßen.«
    »Ach, die.«
    »Genau die.«
    »Komisches kleines Ding. Hat sich den
Namen Dolly ausgesucht, weil sie Dolly Parton bewundert. Will genauso werden
wie sie. Hat sogar schon daran gedacht, ihr Haar zu blondieren, aber ihre
Mutter hat es nicht erlaubt. Aber ich kann Ihnen verraten, da gehörte noch eine
Menge Arbeit auf dem Gebiet der Titten dazu — «
    »Was haben Sie mit Dolly gemacht?«
    Wut zuckte über sein Gesicht, aber er
unterdrückte sie rasch, und sein Gesicht legte sich wieder in die altvertrauten
Falten des Landburschen. »Nun, was glauben Sie wohl, was ich gemacht habe — auf
einer Treppe, um Himmels willen.«
    »Ich hätte fragen sollen, worüber Sie
gesprochen haben.«
    »Was glauben Sie ?«
    Jetzt, nachdem er mir von Dollys
Fixierung aufs Showbusiness erzählt hatte, war mir alles klar. »Sie will zum
Film.«
    »Richtig. Die kleine Dolly will ein
Star werden.«
    »Weiß sie, welche Art Filme Sie
machen?«
    »Klar doch. Das Mädchen hat doch Augen
im Kopf. Spricht vielleicht die Sprache nicht so gut, aber sie ist nicht dumm.«
    »Und sie will immer noch in Ihren
Filmen mitspielen?«
    »Klar.«
    Duc Vang hatte sich Sorgen gemacht,
weil seine Schwestern so schnell amerikanische Namen und Lebensweisen
angenommen hatten; ich fragte mich jetzt, ob er auch vermutete, was Dolly
plante. »Was haben Sie ihr gesagt?«
    »Was ich jeder klugen und willigen jungen
Dame sagen würde — sobald die Produktionsgesellschaft zum Crystal Palace
umgezogen ist, mache ich Testaufnahmen mit ihr.« Er lächelte teuflisch, und die
Fassade des lieben Burschen vom Land verfiel. Jetzt saß ich dem wahren Otis
Knox gegenüber, und was ich sah, ließ mich erschaudern.
    Ich wollte nicht, daß er meine Reaktion
sah, also sagte ich wie nebenbei: »Ach, die Produktionsgesellschaft verlegen
Sie auch dorthin?«
    »Ja. Im Keller gibt es zahllose
Garderoben. Die braucht man nicht, wenn man nur Filme zeigt. Nächste Woche
kommen die Arbeiter und reißen sie raus, und dann habe ich eine verdammt gute
Bühne. Ich kann Ihnen sagen, die Dolly war beeindruckt, als ich ihr gezeigt
habe, was wir vorhaben.«
    »Sie haben es ihr gezeigt?«
    Sein teuflisches Grinsen wurde noch
breiter. »Klar. Hab’ sie letzten Freitag mit dorthin genommen, als das Ding in
meinen Besitz überging. Hab’ eine kleine, private Testaufnahme mit ihr gemacht.
Das Mädchen wird’s schaffen.«
    Meine Finger schlossen sich fester um
die Bierflasche.
    »Nicht fallen lassen, Süße«, bemerkte
Knox.
    »Was, und gutes Bier vergeuden?« Ich
zwang mich zu einem letzten Schluck und stellte die Flasche dann ab.
    Ich wollte gerade aufstehen, als das
Telefon klingelte. Knox entschuldigte sich und ging, um den Anruf entgegenzunehmen.
Der Apparat kam direkt aus den fünfziger Jahren — ein Mickey-Mouse-Set, bei dem
man in die Ohren sprach. Ich saß da und betrachtete einen der Könige in San
Franciscos Pornogeschäft, der aussah wie ein Musketier, der seinen Hut schief
aufhat.
    »Ja«, sagte Knox ungeduldig, »und
jetzt?« Er hörte einen Moment lang zu, ehe er sich so drehte, daß er mir den
Rücken zuwandte. »Heute nacht?« Seine Stimme klang jetzt erstickt. »Warum?«
Wieder eine Pause, und dann: »Ach, Scheiße! Na gut, ich komme, so schnell ich
kann.«
    Als er sich mir zuwandte, war sein
Gesicht vor Ärger verzerrt. »Hören Sie, Süße, ich muß gehen.«
    Ich stand auf. »Gibt es ein Problem?«
    Er ignorierte meine Frage und stellte
sich ganz dicht vor mich hin — zu dicht. »Ich denke, Sie haben nicht das
bekommen, was Sie hier wollten!«
    Ich suchte achselzuckend in meiner
Tasche nach den Schlüsseln.
    Er kam näher. »Kommen Sie bald, in
einer der nächsten Nächte. Dann machen wir da weiter, wo wir jetzt aufgehört
haben.«
    Ich konnte die Hitze seines Körpers spüren,
konnte sein unangenehmes, nach Moschus duftendes Aftershave riechen. Kurz ehe
er mich erreichte, trat ich zurück und musterte ihn langsam von oben bis unten,
verweilte etwas länger auf dem sich lichtenden Haar.
    Knox fuhr hastig mit einer Hand an die
Stelle, wo die Haarsträhnen in Fönwellen seine

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