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Nette Nachbarn

Nette Nachbarn

Titel: Nette Nachbarn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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von denen viele über Holzbrücken erreicht werden
konnten. Ich blieb ungefähr zwei Meilen weit auf der Straße, kehrte dann wieder
um und spähte suchend in den dichten Wald, hielt Ausschau nach Knox’ goldenen
Bögen. Jetzt war es vollkommen dunkel, und ich konnte kaum mehr sehen als das
Glimmen ferner Lichter jenseits der Bäume.
    Als ich die Gabel erreichte, wo die
Straßen zusammenliefen, kehrte ich um und fuhr wieder zurück. Otis Knox, der ›Filmproduzent‹,
liebte es, in Ruhe gelassen zu werden. Da war es nur natürlich, wenn er seinen
Namen nicht auf den Briefkasten setzen würde. Seine Nachbarn dagegen schienen
riesige Buchstaben und kunstvoll geschnitzte Zeichen zu lieben.
    Ich fuhr langsam, suchte nach einer
unauffälligen Privatstraße, und als ungefähr eine dreiviertel Meile nach der
Gabelung eine auftauchte, bog ich ein und rumpelte über die rustikale Brücke.
Die Auffahrt wand sich durch ein Eukalyptuswäldchen und führte dann über
Weideland. Die Schatten der Bögen ragten vor einer geduckten Ranch in den
Himmel, deren Vordereingang von Fliesen eingefaßt war. Ich hatte kaum gehalten,
als das Flutlicht anging und die Bögen in all ihrer gelben Pracht enthüllte.
    Ein schwarzer Ford Bronco parkte
zwischen den Bögen. Als ich neben ihn gefahren war und aus dem MG stieg,
öffnete sich auch schon die Haustür, und Otis Knox trat heraus. Wie zuvor war
er in Cowboy-Kleidung gehüllt und hielt ein Gewehr im Arm. Seine Haltung war
locker, aber wachsam. Ein vorsichtiger Kerl, dieser Mr. Knox.
    Als er sah, wer ich war, entspannte er
sich ein wenig. »He, Süße, sind Sie gekommen, um Babe the Blue Ox zu sehen?«
    »Klar doch.«
    »Ich wette, Sie hatten ganz schön zu
tun, bis Sie mich gefunden haben, ja?«
    Ich nickte.
    »Aber Sie haben es trotzdem geschafft.«
    »Natürlich — ich bin Detektivin.«
    Als ich zu ihm trat, nahm Knox eine
Hand vom Gewehr und schüttelte meine. Trotz der freundlichen Worte blieb sein
Ausdruck wachsam. Ich lächelte, versuchte, seine Wachsamkeit einzuschläfern,
und er erwiderte das Lächeln, aber seine Herzlichkeit drang nicht bis zu den
Augen. »Wie gefallen Ihnen meine goldenen Bögen?«
    »Sie sind sehr eindrucksvoll. Wie haben
Sie sie hierhergebracht?«
    »Mit ‘nem Schwerlaster.«
    »Muß ‘ne Menge Aufruhr bei Ihren
Nachbarn gegeben haben.«
    »Sie haben schon gestaunt.« Er drehte
sich abrupt um und ging ins Haus. »Kommen Sie, ich zeige Ihnen den Rest des
Hauses.«
    Das Außere des Hauses — mit Ausnahme
der Bögen — war so, wie man es in jedem wohlhabenden Vorort sehen konnte, aber
das Innere sah aus wie das Spielzimmer eines verrückten Kindes. Die
Eingangshalle mit Schieferboden enthielt die Art münzbetriebener Automaten, die
Kaugummikugeln oder Plastikspielzeug ausspuckten, und in dem Durchgang zwischen
der Halle und dem Wohnzimmer stand ein mechanischer Bulle. Das einzig Normale
im Wohnzimmer war eine Sitzgruppe aus niedrigen, tiefrot gepolsterten Sofas und
Sesseln. Der Rest war ein Durcheinander von solchen Ausmaßen, daß das, was ich
in Knox’ Büro gesehen hatte, daneben zahm wirkte.
    An der Wand linker Hand befand sich
eine Bar mit Hockern, die Nachbildung einer altmodischen Eisdiele. Ihr
gegenüber reihten sich fünf Jukeboxen unterschiedlicher Jahrgänge auf. Es gab
einen rot-goldenen Popcorn-Karren auf Rädern, halb voll mit Popcorn; eine
uralte Coca-Cola-Maschine; eine drei Fuß hohe Statue von Donald Duck, die einen
anquaken würde, wenn man sie mit einem Vierteldollar fütterte; einen ebenso
großen grünen Keramikfrosch, der mit offenem Maul neben einem der Sessel
hockte; und einen Flipper, Modell 1950. Über alldem blitzten silberne Lichter,
und als ich aufsah, entdeckte ich eine verspiegelte Kugel, die früher einmal in
einem Ballsaal gehangen haben mußte.
    Knox hatte sein Gewehr abgestellt und
beobachtete mich erwartungsvoll. »Na, was sagen Sie dazu?«
    »Ich bin erstaunt.«
    Er nickte. »Das geht den meisten Leuten
so. Aber nun zu meinem Prunkstück.« Er durchquerte den Raum und zog die
Vorhänge beiseite, die die rückwärtige Wand bedeckten. Durch das große
Aussichtsfenster überblickte man das Weideland hinter dem Haus, mit Stall und
Koppel im Vordergrund und dem Schatten der Berge dahinter. Die ländliche Szene
wurde von der angestrahlten Statue von Babe the Blue Ox beherrscht.
    Babe war riesig, mindestens zwölf Fuß
hoch. Seine Flanken wölbten sich, als hätte er alle Cheeseburger und Pommes
frites, die im ehemaligen Paul

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