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Nette Nachbarn

Nette Nachbarn

Titel: Nette Nachbarn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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starr
vor Abscheu. Als ich an die Tür klopfte, schüttelte sie den Kopf und bedeutete
mir weiterzugehen.
    Ich machte ihr ein Zeichen, daß ich mit
ihr sprechen müßte. Endlich riegelte sie die Tür auf und ließ mich in die
Halle.
    »Was ist los?« Ihre Stimme war rauh vor
Kummer, und ihre Augen unter dem dicken blauen Lidschatten waren verschwollen.
    »Ich muß mit Ihnen über Mr. Knox
reden.«
    »Reden Sie mit Bruder Harry. Der glaubt
doch, er weiß alles.«
    »Ich kann mir vorstellen, wie Sie sich
fühlen; es ist abscheulich, was er da treibt.«
    Sie biß die Zähne zusammen und starrte
ihn wütend an. »Ja, das ist es! Otis hat ihm niemals etwas getan. Jeder andere
würde die Bullen gerufen haben, wann immer Harry sich da aufgebaut hat. Aber
nicht Otis. Oh, er hat ihn schon hin und wieder mal fortgejagt, aber meistens
hat er ihn einfach gelassen. Und so zahlt Harry es ihm nun heim.« Dann wandte
sie sich mir zu. »Also, was wollen Sie?«
    »Ich bin Privatdetektivin und versuche
mit der Polizei zusammen Mr. Knox’ Tod aufzuklären. Ich hätte Ihnen gern ein
paar Fragen gestellt.«
    Sie musterte mich skeptisch, sagte
aber: »Also, schießen Sie los.«
    »Ich war gestern abend gegen halb acht
bei Mr. Knox auf der Ranch. Er erhielt einen Anruf und deutete an, daß er in
die Stadt zurückfahren müßte. Wissen Sie, ob jemand hier aus dem Theater der
Anrufer war?«
    Achselzuckend antwortete sie: »Da war
ich nicht da. Ich hab’ um sechs Feierabend.«
    »Wer war dann hier?«
    »Arnie, der Vorführer. Karla, die
Abendkassiererin.«
    »Wo finde ich die?«
    »Karla ist wahrscheinlich daheim. Ich
weiß die Adresse nicht auswendig, aber ich kann sie nachschlagen. Arnie ist in
der Vorführkammer. Er wohnt praktisch dort, hat ‘ne Matratze dort liegen, auf
der er sich zusammenrollt. Noch so ein Zeichen seiner Wohltätigkeit, wie der
verdammte Prediger da draußen.«
    »Wo ist der Vorführraum?«
    »Da durch die Tür und die Treppe
hinauf.« Nach einer Pause fügte sie leise hinzu: »Ich weiß nicht, was ich jetzt
tun soll.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Wegen dem Theater. Sollte ich
abschließen und heimgehen? Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich bin seit
Jahren jeden Morgen hierhergekommen. Immer war Otis da, der mir gesagt hat, was
ich tun soll. Jetzt weiß ich es nicht.«
    Noch eine von Knox’ Abhängigen, die
nicht wußte, wie es weitergehen sollte. »Warum sprechen Sie nicht mit Mr. Knox’
Anwälten?«
    Sie nickte langsam, als wäre das ein
revolutionäres Konzept. »Vielleicht mache ich das.« Und dann wandte sie sich
wieder der Tür zu, preßte eine flache Hand dagegen und starrte hinaus zu Bruder
Harry.
    Ich ging durch die Pendeltür in den
Hauptteil des Theaters. Die große Leinwand war dunkel, die Sitzreihen leer.
Rechts von mir befand sich eine Treppe, die ungefähr sechs Fuß hoch zu einer
halb offenen Tür führte. Als ich hinaufstieg, stieg mir der schwere Geruch von
Marihuana in die Nase. Ich köpfte an die Tür, und eine Stimme rief, ich sollte
hereinkommen.
    Es war ein kleiner Raum, mit einer
schmutzigen Matratze auf dem Boden, Regalen, in denen Filmdosen lagen, und
einem Projektor in der Öffnung der vorderen Wand. Arnie, der schlaksige Junge,
den ich zwei Tage vorher in Knox’ Büro gesehen hatte, saß auf einem Stuhl
mitten im Raum, die Füße auf dem Tisch, auf dem auch der Projektor stand, und
rauchte einen Joint. Sein Blick wanderte kurz zu meinem Gesicht, verharrte dort
ein paar Sekunden lang und glitt dann fort.
    »Ja?« machte er.
    »Die Kassiererin hat mir erzählt, daß
Sie mir vielleicht ein paar Fragen beantworten können.«
    »Klar doch.«
    »Gestern abend gegen halb acht hat Mr.
Knox daheim einen Anruf bekommen und mußte wieder in die Stadt zurück. Wissen
Sie, ob irgend jemand von hier aus angerufen hat?«
    Er saugte an seinem Joint, inhalierte
tief, stieß dann langsam den Rauch wieder aus. »Ja, ich.«
    »Warum?«
    »Mußte es tun.«
    »Warum?«
    »Der Projektor hat gesponnen.« Er
deutete darauf. »Ich hab’ ihn nicht wieder hingekriegt. Hab’s versucht. Ging
nicht. Besucher sind gegangen. Hab’ Otis angerufen. Ist gekommen.«
    »Und was geschah dann?«
    »Hat ihn repariert.« Arnie hielt mir
den Joint hin, und als ich den Kopf schüttelte, zog er wieder daran.
    »Um welche Zeit ist Mr. Knox hier
gewesen?«
    »Zeit?«
    »Acht Uhr? Acht Uhr dreißig? Neun?«
    »Vielleicht acht Uhr dreißig.«
    »Und wann ist er wieder gegangen?«
    »Als er mit dem Projektor fertig war.«
    »Wie

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