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Nette Nachbarn

Nette Nachbarn

Titel: Nette Nachbarn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Pause fügte sie
mürrisch hinzu: »Er ist der Besitzer. Er hat das Recht dazu.«
    Ich betrachtete sie nachdenklich. Dann
sagte ich: »Ich bin Mr. LaFond auf der Treppe begegnet. Was hat er überhaupt
hier gewollt?«
    Sie biß sich auf die Lippen, und ihr
Blick wanderte zu dem kleinen Weihnachtsbaum. »Das geht Sie nichts an.«
    »Na ja«, meinte ich und folgte ihrem
Blick, »wenigstens hat er nicht verlangt, daß Sie den Weihnachtsbaum entfernen.
Warum ist er aufs Dach hinaufgestiegen?«
    »Ich sagte doch schon, das geht Sie
nichts an.«
    Der Zorn, der sich hinter ihrer
defensiven Haltung verbarg, schien jedoch nicht mir zu gelten. Aus einem Impuls
heraus sagte ich: »Er hat es Ihnen nicht verraten, was?«
    »Mir was verraten?«
    »Was er da oben getan hat. Sie wissen
auch nicht mehr als ich.«
    Sie richtete sich hochmütig auf. »Mr.
LaFond hat keine Geheimnisse vor mir.« Aber die Wut in ihren Augen verriet mir,
daß ich recht gehabt hatte.
    Ich bekam die überarbeitete Liste von
Lan Vang und überprüfte sie. Es gab kein Muster in den Zeiten der Vorfälle —
jedenfalls keines, das ich sehen konnte. Ich würde sie später sorgfältig
untersuchen müssen, aber jetzt mußte ich erst noch einmal in der Nachbarschaft
herumgehen, solange ich noch Nachforschungen betreiben durfte. Nachdem ich Lan
versprochen hatte, weiter nach Duc zu fragen, ging ich die Straße entlang zu
Hung Trans Lebensmittelgeschäft.
    Der alte Mann stand hinter seinem
Tresen. Er trug denselben grauen Kittel und sah aus, als hätte er sich in den
vergangenen zwei Tagen nicht gerührt. Er nickte höflich, als ich hereinkam, und
schien nicht überrascht, als ich ihn fragte, wie oft er Roy LaFond das Globe
Hotel hatte betreten sehen.
    »Zuerst, als er es neu gekauft hatte,
kam er oft«, erzählte er. »Dann nicht so oft. Immer, wenn er kam, hatte er
Leute dabei, die wie Immobilienmakler aussahen. Ich habe gehört, das Haus wäre
zu verkaufen.«
    »Das stimmt. Wann haben Sie ihn zuletzt
gesehen?«
    »Das ist erst eine halbe Stunde oder so
her.«
    »Und davor?«
    Die Augen des Händlers verschleierten
sich. »Ich kann mich nicht erinnern.«
    »Mr. Tran, das ist sehr wichtig.«
    Er sah mich einen Moment lang an. Dann
schien er im Geiste eine Entscheidung zu treffen. »Vorgestern.«
    »Welche Tageszeit?«
    »Spät. Es war dunkel. Vielleicht nach
sechs. Nicht später als neun. Um neun Uhr kommt mein Sohn und bleibt im Laden,
bis er geschlossen wird, und ich gehe heim. Er mag es nicht, wenn ich so spät
noch hier bin.«
    Mit gutem Grund, dachte ich. Diebstähle
— bewaffneter Raub! — waren hier am späten Abend an der Tagesordnung, und
leicht konnte daraus fatale Gewalt entstehen, wenn nicht genug Geld in der
Kasse klingelte. »Was hat Mr. LaFond im Hotel gemacht? Haben Sie gesehen, daß
er irgend etwas Ungewöhnliches getan hat?«
    Wieder wurde sein Ausdruck
nichtssagend. »Er war dort. Das ist alles, was ich Ihnen erzählen kann.«
    »Kann? Oder will?«
    Er schenkte mir einen höflich fragenden
Blick und tat so, als verstehe er mich nicht.
    Aber das Schweigen des Händlers änderte
nichts. Was zählte, war, daß ich jetzt einen Zeugen hatte, der Roy LaFond im
Hotel gesehen hatte, möglicherweise zu der Zeit, als Hoa Dinh gestorben war.
Der Gedanke an Hoa erinnerte mich an Duc, und ich fragte: »Kennen Sie Duc Vang,
Mr. Tran?«
    Auch jetzt schien meine Frage ihn nicht
zu überraschen. »Ja, der junge Mann kommt oft hierher. Seine Mutter hat ein
kleines Kind, und sie arbeitet viel und spät im Restaurant. Duc hilft ihr,
indem er die Einkäufe für die Familie erledigt.«
    »Wann haben Sie ihn das letztemal
gesehen?«
    Er dachte nach. »Gestern nachmittag,
vielleicht so gegen zwei. Er hat einen halben Liter Milch gekauft.«
    »Und seitdem haben Sie ihn nicht mehr
gesehen?«
    »Nein.«
    »Mr. Tran, neulich habe ich Sie nach
den bui doi gefragt.«
    Er nickte.
    »Könnten Hoa Dinh oder Duc Vang etwas
mit denen zu tun haben?«
    »Nein, ganz bestimmt nicht. Die bui
doi nehmen keine jungen Männer von ihrem Schlag auf.«
    Nach dieser Antwort gab ich jeden
Gedanken an eine Verbindung zu einer Gang auf. »Aber Hoa und Duc und noch ein
paar andere aus dem Hotel sind Freunde gewesen. Sie haben sie doch bestimmt
durch die Gegend streifen sehen.«
    »Ja.«
    »Was haben sie zusammen gemacht?«
    Wieder setzte er sein abweisendes
Gesicht auf.
    »Mr. Tran, ich frage das, weil Duc Vang
vermißt wird und sich vielleicht in Gefahr befindet. Ich muß wissen, wohin er
gehen

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