Netzwerk des Boesen
Harker zu verhandeln, behagte ihm ganz und gar nicht, aber was blieb ihm anderes übrig? Es war von ent scheidender Wichtigkeit, den Handel mit dem Irak am Laufen zu halten. Zum Glück gab es das Geld von Ashi mov, das das Ganze möglich machte.
Er fand eine Stofftasche und schloss den Safe in der Ecke seines Büros auf. Dort lag Geld, sehr viel Geld, or dentlich in Bündeln von 50-Pfund-Noten gestapelt. Er zählte den erforderlichen Betrag ab, packte das Geld in die Tasche und nahm Hut und Mantel.
Er war beunruhigt, nein, er bekam es allmählich mit der Angst zu tun. Er glaubte an das, was er tat. Seine Sa che war gerecht, und sein Glaube an Allah war über jeden Zweifel erhaben. Doch auf einmal schienen ihm die Din ge zu entgleiten. Die Morgan-Geschichte hatte so vielver sprechend begonnen, erschien so unglaublich simpel dank Ashimovs Hilfe, dennoch war sie nicht nur schief gegan gen, sondern hatte auch noch Ferguson und seine Leute auf den Plan gerufen – und diesen Dillon. Unwillkürlich erschauderte er. Ein wahrhaft Angst einflößender Mann. Und dann noch diese Geschichte mit Mrs. Morgans an geblichem Unfall. Eine schreckliche Angelegenheit, ob gleich seine eigenen Absichten in dieser unseligen Ge schichte absolut rechtschaffen und lauter waren.
Es klopfte an der Tür, und der Hausmeister Abdul steck te den Kopf herein. »Haben Sie einen Wunsch, Doktor?«
»Nein, ich gehe kurz aus. Wir sehen uns später.« Er durchquerte den Vorgarten, stieg in seinen Peugeot und fuhr weg.
Dillons Taxi bog von der Wapping High Street ab und fuhr eine schmale, von Lagerhallen flankierte Gasse ent lang und blieb dann vor Salters Pub stehen, dem Dark Man, dessen handgemaltes Schild einen ernst dreinbli ckenden Mann im schwarzen Gehrock zeigte.
In der Bar herrschte reger Betrieb. Es war einer dieser schönen alten Londoner Pubs, hell und freundlich möb liert, mit viktorianischen Goldspiegeln hinter der Maha goni-Bar, in denen sich die ordentlich aufgereihten Fla schen spiegelten. Dora, die Bardame, saß auf einem Ho cker hinter der Theke und rauchte eine Zigarette.
»Hallo, Mr. Dillon. Lange nicht gesehen. Die Herr schaften sitzen dort in der Ecke.«
Und genau so war es: Harry, sein Neffe Billy – neunund zwanzig Jahre alt, ein willensstarker junger Mann ohne jede Skrupel, der schon etliche Male getötet, meistens jedoch das Recht auf seiner Seite gehabt hatte – Joe Baxter und Sam Hall, Salters Mädchen für alles. Sie spielten Karten, und als Salter Dillon bemerkte, sah er ehrlich erfreut hoch.
»Mensch, Dillon, schön, dich wieder zu sehen. Es ist lange her. Ich nehme an, du und Ferguson, ihr seid mit eurem üblichen Mumpitz beschäftigt?«
»So was in der Art, ja«, erwiderte Dillon und rief Dora zu: »Bring mir bitte einen doppelten Bushmills, Schätz chen.«
Billys Lächeln verschwand, dafür zeigte sich leichte Be sorgnis in seiner Miene. »Ärger, Dillon?«
»Wie kommst du denn darauf?«
»Weil du ständig Ärger hast, und ich gelernt habe, die Zeichen zu deuten.«
Dora kam mit dem Whiskey, den Dillon auf einen Sitz herunterkippte. »Sagt dir der Name Charlie Harker etwas, Harry?«
Salters Miene verdüsterte sich augenblicklich. »Diese elende Kanalratte. Ich habe ja nichts dagegen, wenn je mand Zigaretten verschiebt oder illegale Einwanderer aus Amsterdam einschleust, aber mit jungen Mädchen, Por nos und Drogen zu handeln – das ist für mich das Aller letzte.«
»Was hast du denn mit dem zu tun?«, wollte Billy wissen.
Dillon erzählte es ihnen.
Als er geendet hatte, schüttelte Harry den Kopf. »Wir können es uns nicht leisten, dass Charlie irgendwelche komischen Schlüsse zieht.«
»Es geht mir gar nicht so sehr um Harker. In erster Linie möchte ich wissen, wer ihn auf die Sache angesetzt hat.«
Harry wandte sich Rat suchend an Billy. »Was meinst du?«
»Wir haben Freitagabend. Das bedeutet Red Lion in Kilburn. Das Nebenzimmer dient Harker quasi als Büro. Da klopfen die Buchmacher an und liefern ihm ihre Schutzgeldzahlungen ab.«
»Prima, dann schauen wir doch dort auf einen Sprung vorbei. Könnte den Abend ein wenig beleben.«
Ali Selim fand einen Parkplatz in der Nähe des Red Lion, aber auf der anderen Seite der Straße. Er wollte gerade aussteigen, als ein großer Mercedes in seiner Nähe hielt und die Salters ausstiegen. Harry und Billy Salter erkann
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